Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. April, Teil 6
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ja, sehr traditionell erzählt, aber mit so rasantem Inhalt, daß man gespannt bleibt, ob dieser Schluri es schafft, seinen Traum vom großen Geld wahr werden zu lassen und mit welchen Methoden er es diesmal schafft.
Das Wort Methoden muß man schon in den Mund nehmen, denn Ray Kroc (Michael Keaton) übt einen Beruf aus, in dem es um die Art und Weise geht, möglich profitabel zu verkaufen: er ist Vertreter. Vertreter von Dingen, die den Hausfrauen, die gerade wieder in der Nachkriegszeit in ihre Küchen geschickt worden sind, das Hausfrauenleben erleichtern sollten. So lernen wie ihn in den frühen 1950er Jahren im Mittleren Westen der USA kennen, wie er unentwegt ein schweres Ding, einen Multimixer – ja, das war damals ein Schlager, Milchshakes – unter die Leute bringen will, meist vergeblich, aber jedesmal von Neuem mit dem Schwung, dem man ihm nicht zutraut, wenn man die tägliche Öde von billigen Hotels, dem Auto als Aufenthaltsort, den Straßen, dem Staub, dem Dreck zusieht. Gar nicht zu sprechen von der verlorenen Zeit, wenn er unterwegs an Schnellgaststätten – DriveIn – etwas essen möchte und endlos warten muß.
Und genau um das Sparen von Zeit und das Gefühl, im aufblühenden Kapitalismus der Nachkriegszeit mit der Zeit ein rares Gut zu besitzen, geht es, wenn der Film nun zwei Geschehen koppelt: Ray ärgert sich über verlorene Wartezeit beim Essen und erfährt, daß im kalifornischen San Bernardino sechs seiner Maschinen geordert wurden, aus denen schnell acht werden, als er persönlich anruft, weil er wissen will, was eine Gaststätte mit acht schweren Milchshakern anfangen will. Nichts wie hin!
Seine neuen Kunden sind dieMcDonald-Brüder Mac (John Carroll Lynch) und Dick (Nick Offerman), die in der Nähe von Los Angeles einen Burger-Laden namens McDonald's betreiben, deren gutschmeckende Produkten nur der eine Teil des Erfolges sind, denn er staunt ob deren logistischer Talente, daß sich die lange Schlange vor der Theke im Nu in zufriedene Esser auflöst.
Das Geheimnis ist die Aufteilung der Produktion in kleinteilige Arbeitsschritte, die Produktion des Burgers und der Beitaten zu taylorisieren: quasi maschinell, durch viele Hände, die stets das Gleiche tun: das Fleisch drauflegen, die Gurken, das Salatblatt...Wir, die wir die McDonald's kennen und auch den Streit darum, ob dies seelenloses Essen sei oder besseres Fast Food, was ja – so ist Kapitalismus – sofort zu Verbesserungen der Burgergerichte geführt hat, mehr Grünzeug auf jeden Fall und nicht nur Fleisch, wir lernen hier die wahre Geschichte kennen – und das ist viel interessanter, als wir dachten, und im Film sehr glaubwürdig als gemeiner Raub von Ideen dargestellt, der gleichzeitig für die Gemeinheit etwas Gutes verallgemeinerte, also allen Amerikanern möglich machte, McDonald's Filialen mit den gleichen Standards im Land zu verteilen – und dann in der ganzen Welt. Eine Art Coca Cola, nur als Gesamtkunstwerk, einem Schnellessen mit Trinken.
Das geradezu Fiese am Film ist es, daß wir dann schon selbst zwischendrinnen dem windigen und begeisterungsfähigen Ray wünschen, er möge den Widerstand der McDonalderfinder brechen und seine Idee, ganz Amerika mit solchen Schnellrestaurants zu überziehen. Denn die beiden Brüder wollen seine Idee der Verbreitung, genau desselben Restaurants im ganzen Land mit den gleichen Produkten, dem gleichen Aussehen und dem gleichen Schriftzug, der goldenen Bögen der McDonald's, nicht akzeptieren und verweigern jegliches Franchisemodell. Ihre Gründe sind klar und ehrlich. Sie haben die Erfahrung, daß ihre Qualitätsstandards, die ihr Erfolgsrezept sind, nicht eingehalten werden und wollen ihren guten Namen und ihre gute Erfindung der Burgerzubereitung nicht aufs Spiel setzen. Geld um des Geldes willen interessiert sie nicht. Lieber ihr eigenes Restaurant auf hohem Standard weiterbetreiben als eine Kette von hundert schlechten.
Damit ist die Grundaufstellung klar. Und jetzt erst beginnt das erstaunliche Gebaren des Ray Kroc, der wie eine Idealfigur im Kapitalismus alles daran setzt, seine Idee einer McDonaldisierung der Welt in möglichst hohen Gewinnmargen umzusetzen, Schritt für Schritt umsetzt. Er lügt und betrügt, spielt die Leute aus, benutzt sie, tauscht die Ehefrauen aus, weil die neue besser zu seinem Geschäft paßt, ihn anhimmelt und mitarbeitet...wir haben es eigentlich mit einem Ekelpaket zu tun. Aber dieser von Michael Keaton wirklich wie ein staunender große Junge gespielte Mann, der merkt, daß seine Spielzeuge funktionieren und er im Baukasten eine neue Welt zusammenstellen kann, als Alleinherrscher, dieser Gründer der McDonaldkette erscheint nie als der nur Geld- oder Machtgierige, sondern als einer, der aus dem Motiv heraus, immer mehr, immer größer sehr viel mehr verkörpert als reine Geldgier, nämlich Enthusiasmus am Tun - und gleichzeitig über Leichen geht.
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