Serie: Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste internationale Literaturverfilmung. Verleihung am 12. Oktober in der Alten Oper in Frankfurt am Main, Teil 3
Claudia Schulmerich und Hans Weißhaar
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das ist eine Erfolgsgeschichte, daß der Hessische Film- und Kinopreis den durch die Buchmesse verliehenen 10 000 Euro Preis für die BESTE INTERNATIONALE LITERATURVERFILMUNG in seine Gala integriert hat und Buchmessendirektor Juergen Boos diesen Preis auf der vorbereitenden Pressekonferenz bekannt gibt: Stephen Daldry für EXTREM LAUT UND UNGLAUBLICH NAH. Sein junger „Vorleser“, der deutsche Schauspieler David Kross wird die Laudatio halten.
Dabei nutzt Jürgen Boos dies Gremium, um über die Preisvergabe hinaus Grundsätzliches zur jeweiligen Buchmesse zu sagen. Nach Jahren, wo die neuesten technischen medialen Entwicklungen und Lesegeräte im Mittelpunkt standen, wird dieses Jahr ein inhaltlicher Schwerpunkt, das KINDER- UND JUGENDBUCH favorisiert. Nur hier sind die Auflagensteigerungen so beachtlich, daß der Markt insgesamt auch unter ökonomischen Gesichtspunkten immer interessanter wird. Die Ausführungen von Boos korrespondierten mit denen auf der Buchmessen-Pressekonferenz, was Intention und Zahlen angehen. Dabei war Boos besonders wichtig, daß die Auflagensteigerung zwar im Bereich der Medien von statten geht, aber ohne daß das Buch darunter leidet.
Eigentlich hätte man nach diesem Auftakt ebenfalls ein mutiges Auftreten und Sich Einsetzen für den Kinder- und Jugendfilm nach literarischen Vorlagen und einen entsprechenden Preisträger erwartet. Denn auch da gibt s völlig unabhängig von Harry Potter oder Cornelia Funke erstaunlich erstklassige Filme. Vielleicht im nächsten Jahr?
Mit der getroffenen Auswahl, die auf Stephen Daldrys Film über New York und die Türme und ihre Aufarbeitung in den Jahren danach fiel, konnte man dann auch wiederum nicht so viel falsch machen.
„Jonathan Safran Foers Roman scheint in seiner Vielschichtigkeit und erzählerischen Dichte als kaum verfilmbar. Stephen Daldry hat keine klassische Literaturadaption inszeniert - vielmehr ist es ihm gelungen, durch seine sehr eigene Lesart und durch Reduktion ein ganz eigenes Meisterwerk zu schaffen“, begründet Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, die Entscheidung, die man besser einschätzen kann, wenn man die Mitkonkurrenten kennt. Es gab 2011/2012 sehr viele Literaturverfilmungen.
In die engere Auswahl für den Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste internationale Literaturverfilmung kamen neben dem Preisträger die vier weiteren Filme:
The Descendants - Mit Deinen Augen (Roman: Kaui Hart Hemmnis), Regie: Alexander Payne
My week with Marylin - (Roman: Colin Clark), Regie: Simon Curtis
The Untouchables - Ziemlich Beste Freunde (Roman: Philippe Pozzo di Borgo), Regie: Olivier Nakache
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Tinker Tailor Soldier Spy - Dame König As Spion - (Roman: John le Carré) Regie: Tomas Alfredson.
Auffällig an der Auswahl ist, daß nur die französische Komödie ZIEMLICH BESTE FREUNDE die Riege der englischsprachigen Filme – Hollywood- und UK-Produktionen - unterbricht. Der ausgezeichnete Regisseur ist für Literaturverfilmungen bekannt und in Deutschland besonders durch seinen Film „Der Vorleser“ nach dem Roman von Bernhard Schlink, mit dem er ein Millionenpublikum, erreichte. Mit „The Hours“ schuf er eine kunstvolle Verfilmung des Romans von Virginia Woolf. Mit seinem letzten Film, „Extrem laut und unglaublich nah“ adaptiert Stephen Daldry den hochkomplexen gleichnamigen Roman von Jonathan Safran Foer.
„Extrem laut und unglaublich nah“ erzählt die Geschichte des Jungen Oskar Schell, der in den Tagen nach den Ereignissen des 11. September 2001 nach den Spuren seines Vaters sucht. Diese Suche sei „zugleich zu einer Allegorie auf die Seelenlage Amerikas in den ersten Monaten und Jahren nach den Anschlägen von 2001“ geworden, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung, worauf die Buchmesse sich bezieht. Inhaltlich ist das auch nicht falsch, aber das ist keine Qualitätswertung. So muß man deutlich sagen, daß der Film, der auf der diesjährigen Berlinale lief, doch filmisch Probleme bringt, die man trotz der 'politischen Botschaft' nicht ausblenden kann. Im Weltexpresso sind sowohl zur Berlinale wie auch zum Anlaufen in deutschen Kinos Kritiken erschienen, die diese Schwächen behandeln und die als Link unten zum Lesen einladen.
Andererseits ist das Kriterium BESTE LITERATURVERFILMUNG doch sehr unklar. Man kann auch argumentieren, daß es dabei nicht um die Qualität der Filme als Film, sondern um die kunstvolle Adaption der Romanvorlage geht. Das sollte doch in Zukunft klarer sein. Uns scheint sowohl die Auswahl der letzten fünf insgesamt, aber auch der Siegerfilm mit dem Siegerregisseur auch taktisch bedingt. Wenn man nämlich liest, daß der nach Frankfurt kommende Stephen Daldry auch im Rahmen der Buchmesse eine wichtige Funktion bei einem neuen Zweig der Buchmesse, dem gemeinsamen und erfolgreichen Schreiben von Geschichten für Filme, kommt man auf solche Gedanken, die man dann auch wieder verstehen könnte, die aber offen ausgesprochen werden sollten.
Info der Buchmesse: Stephen Daldry bei Frankfurt StoryDrive
Am 12. Oktober 2012 wird Stephen Daldry im Rahmen von Frankfurt StoryDrive bei einer exklusiven Interview-Session zu Gast sein. Unter dem Titel „Das Geheimnis seines Erfolges: Wie erzählen Sie eine Geschichte, Herr Daldry?“ (Freitag, 12. Oktober 2012, 10.15 – 10.45 Uhr) wird er über Erfolgsfaktoren des Storytelling sprechen. Neben Literaturverfilmungen wird ein weiterer Fokus auf den Veränderungen im Mediengeschäft und Daldrys Umgang mit ihnen liegen.
Unter dem Motto „Maximise your story, maximise your business“ bringt Frankfurt StoryDrive am Donnerstag und Freitag, 11. und 12. Oktober 2012, zum dritten Mal Vertreter der internationalen Film-, Games-, und Verlagsbranchen in Frankfurt zusammen. Die Konferenz findet von 10.00 – 18.00 Uhr im Saal Europa, Halle 4.0 auf dem Gelände der Frankfurter Buchmesse statt. Erstmals findet am Wochenende, 13. und 14. Oktober 2012, das StoryDrive Festival statt.
www.buchmesse.de/storydrive
Eine Kollegin hatte den mit dem Buchmessenpreis ausgezeichneten Film auf der diesjährigen Berlinale gesehen und wie alle Wettbewerbsfilme besprochen. Hier der Link:
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/423-extremly-loud-and-incredibly-close-extrem-laut-und-unglaublich-nah
Eine andere Kollegin hat innerhalb der jeden Donnerstag anlaufenden Filme-Serie ebenfalls ein Kritik verfaßt:
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/442-extrem-laut-unglaublich-nah-und-auf-dauer-unertraeglich-kitschig