Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. Mai 2017, Teil 11
Filmheft
London (Weltexpresso) - Als Sir Winston Churchill 1965 mit dem größten Staatsbegräbnis, das die Welt jegesehen hatte, zu Grabe getragen wurde, nahmen die Briten Abschied von demMann, den viele für den größten Staatsmann und wichtigsten Premierminister seitlangem hielten.
Er war eine Legende: ein Abkömmling der Herzöge von Marlborough, seit 1900 fast ununterbrochen Parlamentsabgeordneter, Inhaber unzähliger Ministerposten, Literaturnobelpreisträger – und, noch vor allem anderen, der Mann, der Großbritannien zum Sieg im Zweiten Weltkrieg führte.
Doch sein Nachruhm beruhte auf einer hochriskanten Annahme: dass die Landung von über einer Million alliierter Soldaten im Juni 1944 in Frankreich wirklich die kriegsentscheidende Wende bringen würde. Andernfalls hätte sich für Churchill auf grausame Weise die Geschichte wiederholt, nachdem er schon für eine der schlimmsten britischen Niederlagen im Ersten Weltkrieg verantwortlich gewesen war. Im Kampf gegen das Osmanische Reich, das mit Deutschland verbündet war, waren britischen Truppen in der heutigen Türkei im Einsatz. Als Marineminister war Churchill maßgeblich an der Einsatzstrategie beteiligt. Nach dem katastrophalen Verlust der Schlacht von Gallipoli, bei der 1915 weit über 100.000 britische Soldaten
starben, musste Churchill von seinem Ministeramt zurücktreten.
1924 durfte Churchill in die erste Reihe der britischen Politik zurückkehren. Allerdings endete auch seine Amtszeit als Schatzkanzler mit einem unrühmlichen Abgang, als Großbritannien wie viele andere Länder auch, in der Wirtschaftskrise von 1929 versank.
Die 30er Jahre verbrachte Churchill im politischen Exil. Erst als der konservative Premierminister Neville Chamberlain, der mit seiner Beschwichtigungspolitik
gegenüber Hitler grandios gescheitert war, 1940 kurz nach Kriegsbeginn zurücktrat, war der Weg für Churchill ins Amt des Premierministers frei. Churchill erbte eine katastrophale Situation – kurz nach seinem Amtsantritt kapitulierte Frankreich, so dass Großbritannien komplett vom Kontinent abgeschnitten war. Aber anscheinend war es gerade die Aussichtslosigkeit dieser Lage, die Churchill, 1940 immerhin schon 65 Jahre alt, neue Energie verlieh.
Während das Nazi-Regime bis an die Kanalküste vorrückte, Bombenangriffe englische Städte zerstörten und der Begriff „Blitzkrieg“ geboren wurde, war es
Churchill, der das britische Volk beschwor durchzuhalten. Seine Reden im Parlament gehören zum kollektiven Gedächtnis nicht nur der Briten: Im Mai 1940 stimmte er seine Zuhörer auf Jahre voller „Blut, Schweiß und Tränen“ ein, und versprach im Juni, als sich die militärische Lage noch weiter verschlimmert hatte, niemals aufzugeben und die Feinde überall, auch „auf den Stränden“ zu bekämpfen. Churchill wurde zum gefeierten Kriegspremier, und das „Victory“-Zeichen seine charakteristische Geste.
Doch 1944 war Ernüchterung eingetreten. Frankreich war nach wie vor von deutschen Truppen besetzt. Die Alliierten hatten schon oft auf Wendepunkte gehofft. Aber auch wenn Stalingrad ein Sieg von hoher Symbolkraft gewesen war, die Deutschen aus Nordafrika zurückgedrängt werden konnten und Rom kurz vor der Befreiung durch die Amerikaner stand, wurde den Befehlshabern immer klarer: Ohne einen Vorstoß von England aus würde der Krieg so bald nicht zu gewinnen sein.
Und die Zeit drängte. Denn nicht nur die Moral der Truppen und des Volkes hatte in fünf Kriegsjahren schwer gelitten; auch die Berichte von einer deutschen Wunderwaffe, die bald einsatzbereit sein würde, machten Churchill, den amerikanischen General Dwight D. Eisenhower und den britischen General Bernard Montgomery zunehmend nervös.
So entstand im Jahr 1943 der Plan, mit einer riesigen Flotte von mehreren tausend Schiffen, die aus der Luft von den Flugzeugen der Air Force unterstützt werden würde, eine Invasionsarmee in Nordfrankreich an Land zu bringen. Die Truppen sollten auf einem 70 Kilometer breiten Streifen zwischen Cherbourg und Le Havre landen. Dabei war allen Beteiligten klar, dass bei dem Angriff auf die stark befestigte Küste viele Männer sterben würden, was zu heftigem Streit über die richtige Angriffstaktik führte.
Am 6. Juni 1944 brach die Flotte von der englischen Südküste aus auf – die „Operation Overlord“ hatte begonnen. Die Invasion war militärisch ein voller Erfolg und bedeutete den Anfang vom Ende des Nazi-Regimes. Der Erfolg war jedoch teuer erkauft: Auf Seiten der Alliierten starben ca. 225.000 Soldaten und auf deutscher Seite ca. 400.000 Soldaten.
Die deutsche Kapitulation am 8. Mai 1945 war Churchills größter politischer Triumph. Und doch wählten ihn die Briten im Juli, in der ersten Parlamentswahl nach zehn Jahren, ab. Sein Nachfolger wurde der Chef der Labour-Partei Clement Attlee – für den Sozialistenhasser Churchill ein persönlicher Affront, den er nie ganz verkraftete - auch wenn er 1951 nochmals Premierminister wurde. 1955 gab Churchill sein Amt aus Alters- und Gesundheitsgründen ab – er hatte bereits 1953 einen Schlaganfall erlitten. Er blieb zwar noch Abgeordneter, verbrachte seine letzten Jahre aber mit seiner Ehefrau Clementine, mit der er seit 1908 verheiratet war, auf seinem Landsitz Chartwell in Kent. Sir Winston Leonard Spencer-Churchill starb am 24. Januar 1965 im Alter von 90 Jahren.
Foto: Churchill (Brain Cox) (c) Filmverleih
Info: Weil im Presseheft zum Film das zur persönlichen und englischen Geschichte zu lesen ist, was im Film weiter keine Rolle spielt, veröffentlichen wir das gerne. Schade.