Eine Filmreihe von und mit Jan Harlan, der am Freitag, 2. Juni, 18 Uhr und 20:30 Uhr zu Gast ist

Siegrid Püschel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Stanley Kubrick zählt zu den bedeutendsten Regisseuren aller Zeiten. Viele seiner Filme sind zeitlose Klassiker. Doch welche Filme haben ihm selbst am meisten bedeutet und sein Schaffen geprägt?


Niemand weiß das besser als sein Schwager Jan Harlan, zugleich ausführender Produzent gemeinsamer Werke wie BARRY LYNDON (GB 1975), THE SHINING (GB/US 1980) und zuletzt EYES WIDE SHUT (GB/US 1999). Für das Kino des Deutschen Filmmuseums stellte Harlan nun diese Carte blanche-Reihe zusammen, die Kubricks Leidenschaft für das Kino widerspiegelt: darunter Filme wie Josef von Sternbergs DER BLAUE ENGEL, Andrei Tarkowskis OFFRET und Federico Fellinis LA STRADA. Bedeutsam für die filmische Rezeption der Regielegende waren auch die TV-Serie HEIMAT von Edgar Reitz und Krzysztof Kieslowskis DEKALOG.

Seit 2004 ist das Deutsche Filmmuseum der Familie Kubrick eng verbunden Die in Frankfurt entstandene Ausstellung über Stanley Kubricks Schaffen tourt bis heute um den Globus und ist aktuell in Mexico City zu sehen. Jan Harlan, der im Mai seinen 80. Geburtstag feierte, wird am Freitag, 2. Juni, zu Gast sein und um 18 Uhr seine Filmauswahl zur Carte blanche erläutern. Um 20:30 Uhr präsentiert er seinen aufschluss-reichen Dokumentarfilm STANLEY KUBRICK: A LIFE IN PICTURES, der kurz nach Kubricks überraschendem Tod 1999 entstanden ist. Im Anschluss steht ein Publikumsgespräch auf dem Programm.


Donnerstag, 1. Juni, 18 Uhr; Sonntag, 4. Juni, 18 Uhr
DER BLAUE ENGEL
Deutschland 1930. R: Josef von Sternberg
D: Emil Jannings, Marlene Dietrich, Hans Albers. 106 Min. 35mm

Professor Rath hat den Ruf eines ungerechten Pedanten, was ihm den Spitznamen "Un-Rath" einbringt. Als er im Klassenzimmer ein Bild
des Nachtclubs "Der blaue Engel" entdeckt, wittert er sittenwidriges Verhalten. Auf eigene Faust begibt er sich in das Lokal, in dem er eine Sängerin namens Lola trifft. Der Professor verfällt der lasziven Dame, verliert seine Anstellung und muss sich nach der Heirat als Clown auf Lolas Tournee verdingen bis es schließlich in Raths Heimatstadt zum Eklat kommt. Durch die Heinrich-Mann-Verfilmung avancierte Marlene Dietrich zum Weltstar.


JAN HARLAN ZU GAST am Freitag, 2. Juni
18 Uhr (Filmbeginn: ca. 19 Uhr)
Polen/Deutschland 1990. R: Krzysztof Kieslowski
D: Maja Komorowska. Henryk Baranowski. 57 Min. Blu-ray. OmeU


Der tödliche Unfall seines elfjährigen Sohns Pawel, der beim Schlittschuhlaufen ertrank, erschüttert den Glauben des Linguisten Krzysztof in die Allmacht der Wissenschaft. Kurz zuvor hatte er die Eisdicke des Sees am Computer berechnet. In einer zehnteiligen TV-Serie interpretierte Kieslowski die zehn Gebote. DEKALOG, EINS thematisiert das Erste Gebot: "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben." Kubrick lobte den Film in einem Vorwort zu Kieslowskis Drehbüchern: "You never see the ideas coming and don't realize until much later how profoundly they have reached your heart."
Vor dem Film spricht Urs Spörri (Deutsches Filmmuseum) mit Jan Harlan über die Filmauswahl zur Carte blanche.


20:30 Uhr
STANLEY KUBRICK: A LIFE IN PICTURES
Stanley Kubrick: Ein Leben für den Film
USA 2001. R: Jan Harlan. Dokumentarfilm. 142 Min. Blu-Ray. OmU
 
Kurz nach Stanley Kubricks überraschendem Tod begann Jan Harlan mit der Arbeit an diesem Dokumentarfilm. Wie entstanden die zeitlosen Klassiker des Filmemachers? Was hatte es mit seinen nie realisierten Projekten über Napoleon oder den Holocaust auf sich? Zahlreiche Wegbegleiter wie Woody Allen, Martin Scorsese, Jack Nicholson und Steven Spielberg kommen zu Wort, bis dahin unbekannte Fotos und Filmaufnahmen werden integriert. Den Kommentar spricht Tom Cruise, der Hauptdarsteller von Kubricks letztem Werk EYES WIDE SHUT.
Im Anschluss: Publikumsgespräch mit Jan Harlan


Montag, 5. Juni, 17:45 Uhr; Sonntag, 11. Juni, 20:30 Uhr
OFFRET Opfer
Schweden/Großbritannien/Frankreich 1987. R: Andrej Tarkowski
D: Erland Josephson, Susan Fleetwood. 149 Min. 35mm. OmU

Im Familien- und Freundeskreis feiert der ehemalige Schauspieler Alexander den 50. Geburtstag in seinem einsamen Haus an der Küste. Die Radionachricht einer drohenden atomaren Katastrophe sprengt die Feierlichkeiten. Alexander sieht nur den Ausweg: Er will sich Gott als Opfer anbieten und sucht eine in der Nähe lebende Hexe auf. OFFRET war Andrei Tarkowskis letzter Film. Die Uraufführung in Cannes fand einen Monat nach der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl statt, was seinen Regiekollegen Ingmar Bergman zum Kommentar veranlasste: "Wenn der Film nicht Dokument ist, ist er Traum. Darum ist Tarkowski der Größte. [...] Er ist ein Seher."


Donnerstag, 8. Juni, 18:30 Uhr
SMULTRONSTÄLLET Wilde Erdbeeren
Schweden 1957. R: Ingmar Bergman
D: Victor Sjöström, Bibi Andersson, Ingrid Thulin. 91 Min. Blu-ray. OmU

Der griesgrämige Professor Isak Borg soll zum 50. Jahrestag seiner Promotion im schwedischen Lund geehrt werden. Für den Eigenbrötler gibt es schönere Anlässe, dennoch beschließt er, an der Ehrung teilzunehmen. Die lange Autofahrt mit seiner Schwiegertochter Marianne entwickelt sich äußerst turbulent, der Kreis der Mitfahrer/innen wird größer und größer. Durch diverse Zwischenstopps und Begegnungen wird Isak immer wieder mit beängstigend realen Erinnerungen an seine Jugend und mit Todesträumen konfrontiert. Der letzte Film mit Victor Sjöström wurde 1958 mit dem Goldenen Bären und 1960 mit dem Golden Globe ausgezeichnet.


Freitag, 9. Juni, 20:30 Uhr; Dienstag, 13. Juni, 20:45 Uhr
LE DÉCLIN DE L'EMPIRE AMÉRICAIN
Der Untergang des amerikanischen Imperiums

Kanada 1986. R: Denys Arcand. D: Dominique Michel, Dorothée Berryman, Louise Portal. 101 Min. 35 Min. frz. Omd/eU
Acht Freunde treffen sich in einem Landhaus an einem idyllischen See. Die vier Männer, Akademiker an der Universität von Montreal, und ihre Frauen beginnen zu plaudern und sich offen über ihre sexuellen Erfahrungen auszutauschen. Familienvater Rémy versucht Pierre mit seinen Bettgeschichten zu übertrumpfen. Der homosexuelle Claude leidet unter einer Krankheit. Die erfolgreiche Dominique ist einsam und frustriert, hat aber schon mit zwei Anwesenden geschlafen. Beim gemeinsamen Abendessen eskaliert die Situation. Der Starkritiker Roger Ebert lobte Arcands Komödie als "weise, tiefgründig, schmerzlich und wortreich."


Freitag, 23. Juni, 18 Uhr
LA GRANDE ILLUSION Die große Illusion
Frankreich 1937. R: Jean Renoir
D: Jean Gabin, Erich von Stroheim. 110 Min. DCP. OmU

Während des Ersten Weltkriegs geraten drei französische Flieger, ein Aristokrat, ein Proletarier und ein Jude, in deutsche Gefangenschaft. Während sich zwischen dem Adeligen und einem deutschen Offizier so etwas wie Freundschaft entwickelt, versuchen die anderen beiden, aus dem Lager zu fliehen. In diesem Drama erteilt Jean Renoir Nationalismus, Rassismus, Krieg und Klassenunterschieden eine klare Absage. In Frankreich wurde der Film wegen der Freundschaft zwischen den französischen und deutschen Offizieren in der Zensur stark gekürzt. Im Dritten Reich wurde er aufgrund des dargestellten Pazifismus gar verboten.


Sonntag, 25. Juni, 20:30 Uhr; Dienstag, 27. Juni, 20:45 Uhr
LA STRADA Das Lied der Straße
Italien 1954. R: Federico Fellini. D: Giulietta Masina, Anthony Quinn, Richard Basehart. 108 Min. DCP. OmeU

Anthony Quinn gibt den "großen Zampanò", einen Jahrmarktgaukler, der Ketten mit bloßer Muskelkraft sprengen und Feuer schlucken kann. Gelsomina, ein liebenswertes und einfältig-naives Mädchen, wird seine Assistentin und tingelt mit ihm durch Italien. Seinen Wutanfällen ist sie hilflos ausgeliefert, bis der Seiltänzer Matto ihr mit Respekt und Verständnis begegnet. Zwischen den beiden Artisten kommt es zum Eklat. Fellinis Klassiker wurde mit einem Oscar® als Bester Fremdsprachiger Film ausgezeichnet. Die digital restaurierte Fassung von LA STRADA feierte im Mai 2017 Weltpremiere in Großbritannien.


WOCHENEND-SPECIAL von Freitag, 30. Juni, bis Sonntag, 2. Juli
HEIMAT. EINE DEUTSCHE CHRONIK
Deutschland 1982-84. R: Edgar Reitz
Neu restaurierte Fassung und Director's Cut in sieben Teilen, Frankfurt-Premiere
 
Es war eines der größten Fernsehereignisse in der Geschichte der Bundesrepublik: Am 16. September 1984 strahlte die ARD den ersten Teil von HEIMAT. EINE DEUTSCHE CHRONIK aus. Jede/r Zweite in West-deutschland sah zumindest ein Kapitel der wöchentlich ausgestrahlten Jahrhundert-Saga, die mit Preisen von der Biennale in Venedig bis zur Goldenen Kamera ausgezeichnet wurde. Regisseur Edgar Reitz und Produzent Bernd Eichinger erzählen darin die berührende Geschichte der Familie Simon im fiktiven Hunsrückdorf Schabbach.

Im Mittelpunkt steht die Bürgermeister-Tochter Maria, deren Schicksal eng mit den politischen Geschehnissen jener Zeit verbunden ist. Zeitgeschichtliche Ereignisse werden mit dem persönlichen Schicksal der Familie verwoben. Auf einfühlsame Weise portraitieren die Filme, die übrigens auch unabhängig voneinander funktionieren, das Leben in Schabbach von 1919 bis zu Marias Tod im Jahr 1982. Edgar Reitz hat sein Epos aufwändig restauriert und in einem Director's Cut neu angeordnet, in nun sieben Kapiteln. Das Kino des Deutschen Filmmuseums zeigt das Werk ein Wochenende lang vom 30. Juni bis 2. Juli als Frankfurt-Premiere der restaurierten Fassung.


Foto: Jan Harlan und Stanley Kubrick_THE SHINING (c) DIF


Info:

Weitere Infos unter kino-des-deutschen-filmmuseums.de

www.deutsches-filminstitut.de | www.deutsches-filmmuseum.de
www.filmportal.de | www.europeanfilmgateway.eu
www.filmfestival-goeast.de | www.lucas-filmfestival.de

Sonderausstellung:
ROT. Eine Filminstallation im Raum
8. März bis 13. August 2017

Der Film-Blog des Deutschen Filmmuseums auf fnp.de:
http://www.fnp.de/freizeit/kinoprogramm/film-blog/