Susanne Sonntag
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Zu Beginn der 1920er Jahre konstituiert sich in Frankfurt am Main ein beispielloses Programm baulicher und kultureller Erneuerung, das unter dem Namen „Neues Frankfurt“ in die Kulturgeschichte eingeht. Die Stadt entwickelt sich in der Weimarer Republik zum Archetyp der modernen Großstadt, der weit über die Grenzen Frankfurts hinaus Beachtung findet.
Zwar gilt das Bauhaus heute vielen als die Wiege der Moderne. Doch die berühmte Kunstschule war nicht der alleinige Brennpunkt neuartiger Gestaltung in Deutschland und Europa. Zum Ausgang der 1920er Jahre war Frankfurt als ein dem Bauhaus gleichwertiges, weltbekanntes Zentrum der Avantgarde etabliert. Wenn in jenen Jahren des epochalen Wandels das Bauhaus die Akademie der Moderne gewesen ist, dann war das Neue Frankfurt die Baustelle.
Drei Frankfurter Museen – das Museum Angewandte Kunst, das Deutsche Architekturmuseum und das Historische Museum Frankfurt – richten 2019 anlässlich des Bauhausjubiläums Sonderausstellungen zu verschiedenen Aspekten des legendären Großstadtprojekts aus. Die Ausstellungen werden von der Kulturstiftung des Bundes im Rahmen von Bauhaus 100, dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt am Main gefördert.
Ein Forum für das Neue Frankfurt
Das jüngst gegründete Forum Neues Frankfurt, vernetzt die Akteure und bietet 2019 und darüber hinaus ein Begleitprogramm rund um das Neue Frankfurt an. Vorträge, Aufführungen und ein internationales Symposium sind für das Bauhausjahr in Planung.
„So vielschichtig wie das Neue Frankfurt war, wollen wir auch unser Programm gestalten. Das Neue Frankfurt war viel mehr als nur ein städtebauliches Projekt unter Federführung des damaligen Stadtbaurats Ernst May. Die Künstlerinnen und Künstler des Neuen Frankfurt leisteten Pionierarbeit auf verschiedensten Gebieten. Ob Produkt- und Grafikdesign, Musik und Darstellende Kunst, Literatur, Radio oder bildende Kunst – diese tiefgreifende Reformbewegung am Ende der Weimarer Republik durchdrang alle Lebensbereiche der damaligen Stadtgesellschaft. An dieses reiche Frankfurter Erbe für die Moderne wollen wir heute anschließen“, sagt die Frankfurter Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig.
Auch die Übersetzung des Neuen Frankfurt in die Gegenwart haben sich die Verantwortlichen zur Aufgabe gemacht. „Die Fragen des sozialen und preiswerten Bauens, die Ernst May und sein Team Mitte der 1920er Jahre beschäftigten und schließlich zum Neuen Frankfurt als einem Siedlungsbauprogramm führten, sind heute in Frankfurt aktueller denn je. Die vielen guten Lösungsbeispiele aus dieser Zeit wollen wir an die heutigen Anforderungen anpassen und weiterentwickeln“, so Mike Josef, Planungsdezernent der Stadt Frankfurt.
Die eigens eingerichtete Geschäftsstelle „Forum Neues Frankfurt“ mit einem Büro in der Siedlung Römerstadt wird nicht nur das vielfältige Veranstaltungsprogramm bündeln und die Kooperationspartner vernetzen, sondern auch der Öffentlichkeit als Ansprechpartner zu allen Fragen rund um das Neue Frankfurt zur Verfügung stehen. Den Bewohnern der Siedlungen des Neuen Frankfurt bietet es darüber hinaus an fünf Tagen in der Woche eine direkte Anlaufstelle und Diskussionsplattform zu aktuellen Themen und Fragestellungen. Das Forum war in den letzten Monaten bereits Schauplatz zahlreicher Aktivitäten mit Bezug zur Frankfurter Moderne, darunter Lesungen, Zeitzeugengespräche, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen.
Die Geschäftsstelle wird städtisch gefördert und durch die ernst-may-gesellschaft e.V. geführt.
Fotos:
Bruchfeldsiedlung, Donnersberger Straße, 1926/27, Foto: Hermann Collischonn © Ernst-May-Gesellschaft
"Die Neue Wohnung und ihr Innenausbau", Frühjahrsmesse 1927, Verschiedene Gestalter, Messetypografie: Hans Leistikow © Archiv Messe FFM