Deutsches FernsehKrimi-Festival in Wiesbaden mit den Deutschen FernsehKrimi-Preisen, Teil 8
Claudia Schulmerich
Wiesbaden (Weltexpresso) – Insgesamt sind von den zehn zur Endauswahl ausgesuchten Krimis drei Produktionen mit Preisen bedacht worden: HAUPTPREIS „Das Gesetz sind wir “ (ZDF), dann „Tatort – Die Guten und die Bösen“ (HR) und „Polizeiruf 110 – Der Tag wird kommen“ (NDR).
Am Schluß wird dem Moderator auf- und einfallen, daß er den Wiesbadener Kulturdezernenten Axel Imholz nicht zur Preisverleihung des Hauptpreises auf die Bühne holte. Immerhin hatte dieser den Abend eingeleitet: „Mit zahlreichen Premieren, Begegnungen mit bekannten Filmschaffenden sowie einem neuen Serienwettbewerb hat das Wiesbadener Festival in seinem 16. Jahr weiter an Format und Publikumszuspruch gewonnen“ freute er sich, der inmitten der Krimifans die kurzweilige Preisverleihung in der ausverkauften Caligari FilmBühne verfolgte.
Der Gewinner des Deutschen FernsehKrimi-Preises 2020 ist die ZDF-Produktion „Das Gesetz sind wir“. Die Krimikomödie um zwei Streifenpolizist*innen im Dickicht der Gesellschaft auf der Suche nach Gerechtigkeit überrasche stets aufs Neue, „mal mit feinem, mal mit nicht so leisem Humor – wie Witt und Burck es schaffen, den Kopf immer wieder aus der Schlinge zu ziehen, nur um sie anderen um den Hals zu legen. So haben wir Polizei noch nicht oft im deutschen Film gesehen“, begründet die Jury, die Sie links im Bild sehen, ihre Entscheidung. Die Regie führte Markus Imboden, das Buch verfasste Holger Karsten Schmidt; Julia Koschitz und Aljoscha Stadelmann sind in den Hauptrollen als Polizist*innen Maja Witt und Klaus Burck zu sehen, produziert wurde der Krimi-Fernsehfilm von Kordes & Kordes Film (André Zoch). Das Filmteam erhält 1 000 Liter Wein des Wiesbadener Weinguts Udo Ott als Preis.
Doch wichtig sind auch die Nebentöne, weshalb es mit der puren Wiedergabe der verliehenen Preise nicht getan ist. Denn die Jury ist ja wohlbesetzt, hat am Vorabend entschieden, wo einen die Argumente für eine Auswahl natürlich interessieren. Aber bei 68 Einreichungen für den Hauptpreis insgesamt, mußte eine Vorjury eine Vorauswahl treffen, um auf die gewollten zehn Krimis zu kommen, die im Festival einzeln und dann noch einmal hintereinander in der samstäglichen langen Kriminacht -von 18 Uhr bis 10.30 am Sonntagmorgen!!! - gezeigt werden. Übrigens wurde das abendliche Publikum im Caligari in einem Durchlauf von ausgewählten Szenen aus allen zehn Produktionen informiert. Da konnte man links und rechts hören: „den kenne ich“, „ach, ja, habe ich gesehen“ etc.
Von der populär besetzten Jury waren Max Annas, Felix Klare und Belinde Ruth Stieve (siehe Foto oben links und nebenan rechts) auf dem Podium. Mucksmäuschen still wurde das Publikum, als die Drei ihre Arbeit beschrieben. Nach jedem Film wurde sofort darüber gesprochen, argumentiert und aussortiert! Vier Filme sind gleich in den Orkus gewandert, aber um die restlichen Sechs wurde heftig gerungen, ihre Vorteile den möglichen Kritikpunkten gegenüber gestellt. Und am Vorabend haben sie so lange miteinander geredet, bis alle einer Meinung waren und den Hauptpreis DAS GESETZ SIND WIR auslobten, was jetzt alle beklatschen.
Der Jury war völlig klar, daß ein Film nur dann eine Auszeichnung erhalten kann, wenn von den „Gewerken“ - ein Begriff aus dem Bauwesen und Bergbau, der die handwerklichen und technischen Arbeiten bezeichnet, die für den Gesamtbau notwendig sind - Qualität vorgelegt wird. Solche Gewerke sind Kamera, Drehbuch, Regie, Licht, Musik, Kostüme ...Sie kennen die vollständige Liste aus der Verleihung der vielen vielen Oscars. Für dieses Jahr wählte die Hauptjury das Gewerk REGIE.
Diesen Sonderpreis für Regie erhielt Petra K. Wagner für ihre Inszenierung des „Tatort – Die Guten und die Bösen“ (HR). Außergewöhnlich sei hier, „dass ausnahmslos alle Figuren, unabhängig von Rollengröße, Text - oder Szenenanzahl, so zur Geltung kommen, dass sie im besten Sinne für uns Zuschauer 'erleb-bar´ sind“. Die hintergründige Studie über Verbrechen, Schuld und Sühne spielt fast ausnahmslos auf der Baustelle des Dienstgebäudes der Ermittler*innen Anna Janneke und Paul Brix, gespielt von Margarita Broich und Wolfram Koch. Für alle war wichtig, daß die lange in Frankfurt ansässige Schauspielerin Hannelore Elsner in diesem Tatort einen ihrer letzten Fernsehauftritte als ehemalige Kommissarin hat. Der Tod dieser Schauspielerin steckt den hiesigen Filmleuten und Filmfans noch immer in den Knochen.
Auch hier gab es lustige Wortspiele, wenn eine über den Täter sagt: „Ich weiß schon, warum wir ihn bestrafen, aber nicht wofür“ - oder hieß es, „Ich weiß schon, wofür wir ihn bestrafen, aber nicht warum“. Also wirklich, das Publikum zeigte sich angesichts eines flotten, immer wieder süffisanten Podiums köstlich amüsiert.
Wie schon erwähnt, bekam den Preis für die beste Darstellerin Anneke Kim Sarnau für ihre herausragende schauspielerische Leistung als Kriminalhauptkommissarin Katrin König in „Polizeiruf 110 – Der Tag wird kommen“ (NDR). Beeindruckt hat die Jury, „wie eine Schauspielerin mit großer Emotion und Mut zum Risiko die Integrität und Persönlichkeit ihrer Figur angesichts extremer Anforderungen durch Drehbuch und Regie aufrecht erhält“. Nie werde die Figur Opfer, „auch wenn sie den Kampf mit ihren inneren und äußeren Dämonen im Wechselspiel von körperlicher Vergiftung und Entzug fast zu verlieren droht“. Das tat bei den Filmausschnitten, die gezeigt wurden, fast weh.
Mit dem Preis für den besten Darsteller wird Heiner Stadelmann für seine Nebenrolle als demenzkranker Vater im Siegerfilm „Das Gesetz sind wir“ geehrt. Er schaffe es in wenigen Auftritten, „die Aufmerksamkeit auf seine Rolle zu ziehen und der Figur eine ganz besondere Würde zu verleihen. Wir lassen uns ein auf diese Verletzlichkeit der Figur des Horst Burck und auf seine anhaltende Suche nach sich selbst“, so die Jury, zu der – wie schon erwähnt - neben dem diesjährigen Krimistipendiaten der Landeshauptstadt Wiesbaden Max Annas, der Schauspieler Felix Klare und die Schauspielerin Belinde Ruth Stieve gehörten.
Man muß einfach zum 16. Deutschen FernsehKrimi-Festival abschließend bemerken, wie professionell und gleichzeitig warmherzig alles ablief. Das Team um die Festivalleiterin Cathrin Ehrlich tut alles, um Harmonie und gute Laune weiterzugeben und die aufwendigen Vorbereitungen und Arbeiten über mehr als eine Woche hinweg vergessen zu lassen und nur die Veranstaltungen 'zu liefern'. Aber die Festivalleitung hat auch im Vorhinein durch Juryauswahlen alles in die beste Richtung geleitet.
DIE PREISTRÄGER*INNEN 2020
Deutscher FernsehKrimi-Preis
Das Gesetz sind wir (ZDF)
Regie: Markus Imboden / Buch: Holger Karsten Schmidt / Cast: Julia Koschitz, Aljoscha Stadelmann, Michael Wittenborn, Heiner Stadelmann, Marc Hosemann, Merab Ninidze u.a. / Produktion: Kordes & Kordes Film (André Zoch) / Redaktion: Günther van Endert (ZDF)
Sonderpreis für Regie
Petra K. Wagner für „Tatort – Die Guten und die Bösen “ (HR)
Beste Darstellerin
Anneke Kim Sarnau
für ihre Rolle in „Polizeiruf 110 – Der Tag wird kommen “ (NDR)
Bester Darsteller
Heiner Stadelmann
für seine Rolle in „Das Gesetz sind wir“ (ZDF)
Publikumspreis des Wiesbadener Kuriers
Tage des letzten Schnees (ZDF)
Beste Serie
Der Pass (SKY)
Drehbuch-Nachwuchspreis
„Deutschlands spannendster Fernsehkrimi-Drehbuchnachwuchs“
Simon Thummet für sein Exposé zu „Wes Brot ich ess“
Ehrenpreis des Deutschen FernsehKrimi-Festivals
für besondere Verdienste um den Fernsehkrimi wurde am 1.3.20 vergeben an
Barbara Auer und Matthias Brandt, worüber WELTEXPRESSO berichtet hatte.
Fotos:
Titel: Die Jury befragt sich selbst: im Rücken Felix Klare interviewt Max Annas
Text: die Jury
© Redaktion
Info:
www.fernsehfilmfestival.de
Sonderpreis für Regie an Petra K. Wagner, Darstellerpreise an Anneke Kim Sarnau und Heiner Stadelmann
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- Kategorie: Kulturbetrieb