Eine Ausstellung im Stadtraum rund um die Frankfurter Judengasse
Corinne Elsesser
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Veranstaltungsreihe "Mapping Memories" richtet den Blick auf ein nahezu verloren gegangenes Quartier der Stadt Frankfurt. Nur an wenigen Spuren ist der nördliche Teil der einstigen Judengasse, der vom Museum Judengasse bis zur Konstabler Wache reichte, heute noch auszumachen. Das Projekt "METAhub Frankfurt", eine gemeinschaftliche Initiative des Jüdischen Museums, des Archäologischen Museums und des Künstler*innenhauses Mousonturm, trägt nun Fragmente jüdischer Geschichte rund um die Judengasse digital und performativ in den Stadtraum.
Nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs wurde das Frankfurter Quartier in den 1950er Jahren völlig neu überbaut und brachial durchtrennt von der heutigen Kurt-Schumacher-Strasse, dem Leitbild einer autogerechten Stadt folgend. Zwei Bürogebäude entstanden zum Beispiel an der Kurt-Schumacher-Strasse über einem Abschnitt der alten Judengasse. Nur noch die einer Unterführung in Richtung Westen folgende Krümmung der Strasse An der Staufenmauer weist heute auf den ehemaligen Verlauf der Judengasse hin, die bis zur Südseite der Konstabler Wache führte.
Unter den Verkaufsräumen des japanischen Iimori Ichiba Supermarktes An der Staufenmauer Nr. 11 hat sich der Kellerraum eines Wohnhauses erhalten, das Joseph Moses Rindskopf 1809 anstelle von fünf niedergebrannten Häusern der Judengasse errichtet hatte. Dank der heutigen Eigentümer wurde der Keller seit 2011 von Schmutz und Ablagerungen seiner vielfältigen zwischenzeitlichen Nutzungen, u.a. als Lagerraum, befreit und ist ab dem 13. April vierzehn Tage lang als einer der Erinnerungsorte in das Projekt "Mapping Memories" eingebunden und begehbar. Zu sehen ist ein vorbildlich restauriertes, in seiner gemauerten Struktur freigelegtes Kellergewölbe, das fast direkt an die mittelalterliche Staufenmauer anschliesst und in dem eine kleine Ausstellung gezeigt wird. Konzipiert wurde diese von der israelischen Architektin Meitar Tewel, die in Zusammenarbeit mit der TU Delft archäologische Befunde untersucht hat und anhand von Architekturmodellen markante historische Punkte entlang der Judengasse visualisiert.
Oberirdisch im Strassenraum wird am 30. April eine Radioinstallation von LIGNA zu hören sein, die mittels Kofferradios Gesprächsfragmente vergegenwärtigt, die einst hier zu hören gewesen sein könnten. Die Gruppe LIGNA, das sind Ole Frahm, Michael Hüners, Torsten Michaelsen, beschäftigt sich mit kollektiven audiowalks und ist seit 2002 mit ihrer Performance "Radioballett" einem breiteren Publikum bekannt geworden.
Im Museum Judengasse selbst kann man eine "pop up"-Ausstellung des Archäologischen Museums besichtigen, die im Rahmen des Projekts „Unboxing Past“ der Regisseurin Helgard Haug (Rimini Protokoll) zusammen mit dem Künstler*innenhaus Mousonturm realisiert wurde. Nach dem Auspacken hunderter Museumskartons, in welchen archäologische Funde aufbewahrt werden, wird eine Auswahl an Fundstücken gezeigt, die bei Ausgrabungen in der Umgebung des ehemaligen jüdischen Ghettos, insbesondere aus den Häusern der Judengasse, sichergestellt worden sind.
"Mapping Memories" ruft sehr anschaulich sowohl vor Ort als auch im digitalen Raum den nördlichen Bereich der Frankfurter Judengasse in Erinnerung und vermittelt einen Eindruck, wie weit sich das jüdische Quartier am östlichen Rand der Stadt einst erstreckte. Während der leider nur sehr kurzfristigen Veranstaltungsreihe finden Führungen, Gespräche und Workshops statt, eine digitale Visualisierung der früheren Bebauung der Judengasse, zweimal eine archäologische Spurensuche im Stadtraum und anlässlich der Finissage am 30. April eine Diskussionsrunde, an der Karsten Krüger, Stadtplanungsamt Frankfurt, Prof. Alfred Jacoby, Architekt, und Dr. Wolfgang David, Direktor des Archäologischen Museums Frankfurt, über die Frage diskutieren werden, wie zukünftig an die Geschichte der Judengasse vor Ort erinnert werden könnte.
Foto:
Blick in die Ausstellung von Meitar Tewel im Gewölbekeller An der Staufenmauer Nr. 11
©Uwe Dettmar
Info:
Das gesamte Programm ist abrufbar unter:
https://metahubfrankfurt.de/mapping-memories-judengasse