Kikk 2207Wortgewaltige und musikalische Darbietungen

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - „Kleinkunst ist alles, was auf diese kleine Bühne passt!“ In der gut besuchten „Kleinkunst im Kulturkeller“ (KKiKK) stellten Shaggy Schwarz und Wolf Mihm im fünften Jahr „Kleinkunstleute“ vor, die mit Fulda zu tun hatten oder hier leben.

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Die beiden Moderatoren begannen mit sarkastischer Kritik an der Landesgartenschau bis zur Eheschließung im Allgemeinen: „Auf dem mobilen Aussichtsturm kann man in 72 Meter Höhe heiraten, danach geht’s dann nur noch bergab.“ Kleinkünstler Mihm lief an diesem Abend zur Höchstform auf, sang selbst viel, gab auch den Roland Kaiser. Später stellte er (s)einen möglichen neuen Beruf des Scheidungsredners vor.

Durch die ganze Veranstaltung zog sich das Liebes- und Trennungsthema. Die erste „Gästin“ war Poetry-Slammerin Sophia Birringer (Foto links). Gelassen, mit sanfter Stimme und einer Triggerwarnung, präsentierte sie ihre blutrünstigen Reime: „Blut floss heiß und frisch / über Stuhl und Tisch“. In Rückblenden verbreitete sie die Geschichte eines ungewollten Verlobungsrings, der einer Viktoria nicht mehr vom Finger ging, bis sie den Ringfinger mit einem Beilchen von sich trennte.



Kikk 2182Klavierkabarettist Andreas Langsch trug eigenwillige, persönlich gefärbte Songs vor, etwa „Wer gehört zu meiner Generation?“ Seine Lieder unterbrach er beharrlich mit absonderlichen Erzählungen. Der Song, „Warum vergeht die Zeit so schnell?“, versank im chaotischen Klavierdröhnen der „tausend Apps auf meinem Phone.“ Dann kam als Höhepunkt seine Auseinandersetzung mit Yoga. Jede Variante hatte er ausprobiert, doch Lach-, Power- oder Karma-Yoga konnten ihn nicht befriedigen. Nun präsentierte er sein Piano-Yoga – erzählte, klimperte und turnte waghalsig am Klavier - um am Ende gemeinsam mit dem euphorisierten Publikum ein „O-o-o-mmmm!“ anzustimmen (Foto rechts).


Kikk 2279Nach der Pause zelebrierte das Paar Sebastian und Lisa Scheuthle köstliche Kurzgeschichten und freche Gesänge mit Akkordeonbegleitung aus ihrem Ehealltag. Harmlos fing es mit korrekten Pluralbildungen an, „heißt es nun Strauße oder Sträuße, Klause oder Kläuse?“, bis zu erbitterten Drohungen. Die Beiden philosophierten, was sind denn schon Beziehungen: „Man zieht sich an, dann folgt das Ausziehen...“ (Foto oben).

Es folgte eine gigantischer Solo-Performance Sebastian Scheuthles (Foto links) auf schwäbisch, wie dick man sich im kalten Winter anzieht - mit Socken, Strümpfen, Unterhosen, langen Strümpfen, dicken Hosen, Unterhemd, T-Shirt, Pullover, Jacke, Mütze, Schal – und dann im Bus zum Hallenbad fahren muss. Man schwitzt fürchterlich, weil man ja „Socken, Strümpfe, Unterhosen...“ anhat. Er illustrierte die Erzählungen seiner Abenteuer im Bus oder in der winzigen Umkleidekabine mit grellen Slapsticks. Dabei wiederholte er unaufhörlich die Aufzählung seiner Kleidung, wurde immer schneller, bis man nur noch „SoStrüUnlandickSch...“ verstand.



Zu hören waren bei KKiKK schon Klangschalen oder Blockflöten - aber eine Heavy Metal Band? Tatsächlich realisierte Thomas van der Scheck diese verwegene Idee und brachte seine VAN:THOM:S halbwegs unplugged auf die Bühne: Eine Atmosphäre wie in Beatkellern der 1960er-Jahre, als die Bands nur mit kleinem Schlagwerk, Bass und Gitarre auftraten (Foto unten). Die Phantome kamen schwarz verhüllt, Sänger van der Scheck ganz in Weiß und legte mit finster-ironischen Zeilen los: „Violate me, intoxicate me / Let me bleed like you never did“ (Verletze mich, berausche mich / Lass mich bluten, wie du es nie getan hast.“) Die Band schaffte es, ihre sonst recht aufwendige und extrem laute Show angemessen im Kulturkeller zu realisieren, ohne dass die düstere Magie ihres Spektakels verloren ging. Ein ungewöhnlich abwechslungsreicher Abend, mit intimer Atmosphäre und großer Nähe zum Publikum, ging mit diesem „Industrial Folk“ zu Ende.

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Fotos:
© Hanswerner Kruse