weberDie Spielzeit 2024/25 am Schauspiel Frankfurt, Teil 2/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Familie hat als kleinsten Nenner Mann und Frau und Ehegeschichten sind nicht nur ein gefundenes Fressen für Romane und Theaterstücke, sondern führten in den Siebzigern zu einem Film von Ingmar Bergmann SZENEN EINER EHE, der heute ein Klassiker damals wie ein Blitz einschlug in das neue Verständnis von Partnerschaft, wo Frauen den Mund aufmachen und im Film das gegenseitige Aufrechnen beginnt, das mit der Trennung enden muß. Am 22.September 2024, Regie: Sebastian Schug.

Fehlt der Anfang einer Liebesgeschichte, was WIR HABEN ES NICHT GUT GEMACHT als Uraufführung nach dem Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch am 17. Januar 2025 Premiere hat. Susanne Frieling wird dieses berühmte Paar der Literaturgeschichte inszenieren, wobei einen jetzt schon die Schauspieler besonders interessieren, denn nach dem letztjährigen Film INGEBORG BACHMANN - REISE IN DIE WÜSTE, wo Ronald Zehrfeld einen gewichtigen Frisch und Vicky Krieps eine aufsehenerregende ätherische Ingeborg gab, allerdings mehr Krieps denn Bachmann. Gleichzeitig ist der Briefwechsel beider erschienen . Viel Stoff, in dem man das Entstehen und sprachliche Verarbeiten von Gefühlen hin zur Liebe erleben kann.

Es kommen noch viel mehr Premieren und Aufführungen im Schauspielhaus und Kammerspiel, so dann Extras und das Junge Schauspiel gibt es auch noch. Gemach. Erst einmal eine Einschätzung dessen, was als Spielplan vor uns liegt, denn eingebunden in eine solche Erzählung, die die Dramaturgen und Dramaturginnen vorbrachten, ist ihr Aufführungspraxis absolut schlüssig. Das ist ja das Entscheidende an Narrativen, weshalb dies Wort, dieser Begriff ein Modewort sondergleichen ist, daß sie alles mögliche in eine Erzählung einbinden, die von selbst dann als Erzählung eine Wahrheit beinhaltet. Einfach, indem sie so erzählt wird.

Man kann allerdings den Spielplan auch ganz anders lesen, wie wir es vor dem Narrativ taten. Da sehen die Augen nicht die vorgebrachten thematischen Verbindungen der Stücke, sondern sehen am Beispiel des Schauspielhauses 10 Premieren, von denen nur drei genuine Theaterstücke sind. Das ist mehr als ungewöhnlich für ein Theater. Abgesehen von einem Gastspiel der Dresden Frankfurt Dance Company am 5. Juni 2025, wo Forsythe mit Hauert choreografieren, gerne ein Wiedersehen mit William Forsythe und dem Ingmar Bergmann Film gibt es also fünf Dramatisierungen nach vier Romanen und einer Erzählung.

Das legt die Frage nahe, ob denn vorhandene Theaterstücke oder gegenwärtige Produktionen dem Frankfurter Schauspiel nicht genügten, nicht sinnvoll erschienen, um ihr Narrativ auszufüllen? Gerade heute gibt es doch eine größere Anzahl von Stücken, die das Thema Familie oder Ehe im Blick haben. Nicht nur WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF, fällt einem sofort ein, das 1962 uraufgeführte Stück des US-amerikanischen Dramatikers Edward Albee, das sofort Furore machte und durch die Verfilmung mit Elizabeth Taylor und 1966 ein Welthit wurde.

Dabei sind wir beim Thema FILM. Denn auffällig ist, daß es sich bei den fünf Dramatisierungen von Literatur um Stoffe handelt, die alle auch in der Kunstform Film auf die Leinwand gebracht wurden. Nimmt man die alle zehn Premieren, so sind alle zehn Titel auch als Filme verfügbar. Warum dann noch einmal als Theaterstück? Klar, Goethe, Shakespeare und Miller sind verfilmt worden, weil sie prägnante Vorlagen sind. Aber auch die fünf literarischen Vorlagen sind, teils mehrfach verfilmt worden.

Überlegt man sich das genau, kommt einem der Spielplan des Schauspielhauses Frankfurt in der nächsten Spielzeit, wie eine Bildungsanstalt im besten Sinne vor. Will man an Themen, die die potentiellen Besucher kennen, anknüpfen, will man Vorgaben machen, damit dann weitergelesen oder weitergeschaut wird? Die Konzeption ist auf jeden Fall für ein Theater ungewöhnlich und wir werden am Ende der Spielzeit darauf zurückkommen. Bleibt mit Reich-Ranicki Brecht zu zitieren: „Wir sehn betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen“,

Fortsetzung folgt


Foto:
Intendant Anselm Weber
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Info:
www.schauspielfrankfurt.de