Jubiläum mit einem großen Fest, heute am 26. OktoberRedaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Am 21. Oktober 2020 öffnete das grunderneuerte und um einen Neubau erweiterte Jüdische Museum Frankfurt zum ersten Mal seine Türen. Elf Tage später musste es aufgrund der Corona-Verordnungen wieder geschlossen werden. Das Museumsteam stieg umgehend auf digitale Formate um und reüssierte etwa mit hybriden Veranstaltungen und Online-Führungen, die bis heute Teil seines Angebots sind. Seit Mai 2021 ist es durchgehend geöffnet und hat seither – auch an seinen anderen Standorten, dem Museum Judengasse, dem Goldenen Apfel und der Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle – etwa 400.000 Menschen willkommen geheißen.
Im Jahr 2022 wurde der neue Museumskomplex mit dem wichtigsten deutschen Architekturpreis, der „Großen Nike“, offiziell zu einem der schönsten Museumsbauten Deutschlands gekürt.
Erfolge und Highlights der vergangenen fünf Jahre
Binnen fünf Jahren hat das Museumsteam in dem Neubau am Bertha-Pappenheim-Platz zehn Wechselausstellungen, sechs Kabinett- und drei Pop-up-Präsentationen eröffnet. Es gelang, die größte Sammlung an Fotografien und Dokumenten von Gisèle Freund in Deutschland aufzubauen, drei Meisterwerke von Moritz Daniel Oppenheim sowie den künstlerischen Nachlass des Bildhauers Benno Elkan anzukaufen. Das Museum empfing zahlreiche international bekannte Künstlerinnen und Künstler, Intellektuelle, Politikerinnen und Politiker, Schauspielerinnen und Schauspieler – von Alice Merton über Mike D. von den Beastie Boys, Wolf Biermann, Igor Levit und Samuel Finzi bis hin zum spanischen König Felipe VI. Gemeinsam mit dem Archäologischen Museum Frankfurt entwickelte das Museum eine digitale Plattforminfrastruktur, die nun von anderen Frankfurter Museen zur Darstellung von Geschichten mit Sammlungsobjekten genutzt wird, und gewann mit seinem Shoah Memorial Frankfurt mehrere internationale Auszeichnungen.
Seit 2023 präsentiert das Jüdische Museum in einem Gewölbekeller aus dem Jahr 1809 eine multimediale Ausstellung zum Kampf um Gleichberechtigung von Jüdinnen und Juden im 19. Jahrhundert. Dieser Keller, der „Goldene Apfel“, soll in den nächsten fünf Jahren zum Ausgangspunkt digitaler Experimente, partizipativer Auseinandersetzungen mit Stadtentwicklung und historisch-politischer Demokratiebildung werden. Damit baut das Museum nicht nur seine digitale Strategie, sondern auch sein Selbstverständnis als Diskursort über gesellschaftspolitische Themen nach seinem Jubiläum weiter aus. Für eben diese Arbeit wurde seine Direktorin, Mirjam Wenzel, mit dem Hessischen Kulturpreis 2024 ausgezeichnet.
Folgen des 7. Oktober
Eine Zäsur in der Museumsarbeit der vergangenen fünf Jahre stellt der 7. Oktober 2023 und der auf das Massaker von Hamas folgende Anstieg antisemitischer Gewalt dar. Diese spiegelt sich in einer Zunahme an digitalen Hassbotschaften, Vandalismus, antisemitischen Sprüchen, volksverhetzenden Zeichen sowie geschichtsrevisionistischen Äußerungen und Zuschriften gegenüber dem Jüdischen Museum Frankfurt. Das Museumsteam begegnet dem mit einer Bildungsoffensive an Schulen, einer Vielzahl an Veranstaltungen, in deren Zentrum die Zäsur des 7. Oktober und die Reflexion über Antisemitismus steht, und erinnerte bis zum 13. Oktober 2025 beinahe zwei Jahre lang mit einer Soundinstallation auf seinem Vorplatz an die Namen und das Alter der gewaltsam nach Gaza verschleppten Geiseln. Die Anstrengungen des Museums wurden von einer hohen Anzahl an wiederkehrenden Besucherinnen und Besuchern sowie einem Anstieg der Mitgliedszahlen in der Gesellschaft seiner Freunde und Förderer um 27 Prozent binnen zwei Jahren belohnt.
Neuigkeiten zum Jubiläum
Anlässlich seines fünften Jubiläums hat das neue Jüdische Museum eine Image-Kampagne initiiert, die an das Motto seiner Eröffnungskampagne anknüpft. Dieses lautete „Wir sind JETZT“ und ist auf dem Titelblatt des Magazins zu finden, das zum fünfjährigen Jubiläum erscheint und einen Rückblick auf die Museumsarbeit wirft. Es kann an allen Standorten des Museums kostenfrei mitgenommen werden.
Die bundesweite Imagekampagne entwickelt die Formensprache der Eröffnungskampagne weiter. Anstelle des Wortes „JETZT“ liegt die Betonung nun auf dem Wort „WIR“, das mit einem jiddischsprachigen Verb kombiniert wird. Die Kampagne eröffnet der Moderator, Schauspieler, Musiker und Autor Daniel Donskoy mit dem Slogan „Wir lieben Mentshn“. Es folgen „Die Zweiflers“ aus der gleichnamigen ARD-Kurzserie mit: „Wir wünschen Hals- und Beinbruch“.
Begleitend zu dieser Kampagne erweitert das Jüdische Museum mit finanzieller Unterstützung durch die Hertie-Stiftung seine Social-Media-Strategie, die zukünftig auch einen TikTok-Kanal mit einer eigenen Content-Producerin umfassen wird. Mit diesem neuen Kanal möchte das Museum sowohl Teenager und junge Erwachsene ansprechen wie auch Desinformation über jüdische Geschichte und Kultur entgegenwirken.
Unter Federführung der Kuratorinnen Liane Giemsch und Franziska Krah wurde der Raum „Gegen den Judenhass“ in der dritten Etage der Dauerausstellung umgestaltet. Mehrere interaktive Stationen laden nun dazu ein, selbst aktiv zu werden: eine Feedback-Wand fordert zur persönlichen Auseinandersetzung auf, während historische Klebezettel gegen Judenhass darauf warten, auf judenfeindliche Briefmarken geklebt zu werden. Ein eigens entwickeltes Wimmelbild stellt das Jüdische Museum als Haus voller Vielfalt dar und lädt dazu ein, bunt ausgemalt zu werden. Highlights des Raumes sind die eindrucksvolle Präsentation von Benno Elkans Leuchter „Die fünf Makkabäer“ sowie ein Gebärdensprachenfilm zu Friedrich Hollaenders parodistischem Lied „An allem sind die Juden schuld“.
Die Mehr-Kanal-Videoinstallation „Ask the Rabbi“ in der zweiten Etage der Dauerausstellung hat zum Jubiläum ebenfalls eine neue Form angenommen. Kuratorin Sara Soussan nahm eine inhaltliche Überarbeitung der Zusammenstellung von Antworten der vier in Frankfurt amtierenden Rabbinerinnen und Rabbiner zu zentralen Fragen der jüdischen Tradition vor. Die Installation wird nunmehr auf hochauflösenden LED-Screens präsentiert.
Ina Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt, bilanziert: „Zum fünfjährigen Jubiläum der Eröffnung des beeindruckenden Neubaus sowie der Wiedereröffnung des liebevoll sanierten Rothschild-Palais gratuliere ich herzlich. In nur einer halben Dekade hat sich das städtische Museum für die Stadt Frankfurt und ihr kulturelles Leben zu einer zentralen Stimme entwickelt. Als ,Museum ohne Mauern' – wie es sich nicht nur nennt, sondern wofür es auch einsteht – prägt und trägt es das kulturelle Profil Frankfurts weit über die Stadtgrenzen hinaus.“
Programm des Jubiläumsfestes am 26. Oktober
Das Jüdische Museum Frankfurt lädt alle Interessierten am Sonntag, 26. Oktober, von 10 bis 22 Uhr zu einem ganztägigen Fest mit Gesprächen, Führungen, Lesungen und Konzerten ein. Den ganzen Tag über geben die Protagonistinnen und Protagonisten der Dauerausstellung einen Einblick in ihre persönlichen Perspektiven auf die Präsentation.
Zur Premiere des letzten Krimis von Michel Bergmann im Saal um 18 Uhr spricht Ina Hartwig ein Grußwort.
Foto:
©Stadt Frankfurt
Info:
www.juedischesmuseum.de