Serie: OTTO  DER GROSSE und das Römische Reich – Kaisertum von der Antike zum Mittelalter in Magdeburg, Teil 2/2

 

Claudia Schulmerich

 

Magdeburg (Weltexpresso) – Da haben sie also ausgerechnet das kleine Glasköpfchen aus Rom – im Bild, aber inzwischen sonst in Köln zu Hause – als Beispiel für den Kaiserkult gewählt, mit dem die Ausstellung beginnt. Und das stimmt sogar, denn dieser Miniaturaugustus von gerade mal 4,7 Zentimetern entspricht dem Feldherrntypus von Prima Porta in Rom, wo er lebensgroß und in Mamor gearbeitet ist. Nicht die Größe ist entscheidend, sondern der Typus. Das ist etwas, was man besonders in der Augustuszeit erlernt, wo auch die Römer mit dem Kaisersein und seiner Repräsentation erst anfangen und verschiedene Rollenbilder – eines ist der oberste Priester – durchspielen.

 

Das zu betrachten macht Spaß und  ist auch heilsam, aber etwas Wichtiges fehlt bei den Darstellungen der Familie und Nachfolger, nämlich, daß die Blutsverwandten des Augustus alle – unerklärlich?, nein! – starben und sein Stiefsohn eine Tradition römischer Kaiser beginnt, die stärker als die Blut bestimmte Familiennachfolge die Adoption in den Vordergrund stellt, völlig im Gegensatz zu den späteren deutschen Kaisern, die jeweils ihr Geschlecht auf Teufel komm raus an der kaiserlichen Macht halten wollten, was am allerbesten den Habsburgern gelang.

 

Aber wir wollen bei den Gegenständen bleiben und sind froh, daß nur so wenige der über 40 000 Porträts des Augustus – Zählung zu Lebzeiten – den Weg nach Magdeburg gefunden haben, wie auch das mit dem Kranz, was zum imperialen Herrschaftszeichen im ganzen Reich wurde, denn es geht nicht um Lorbeer oder Eiche, sondern um die CORONA ETRUSCA, aus Gold und mit Edelsteinen besetzt. Die Sitzstatue eines römischen Kaisers aus dem 1./2., Jahrhundert n.Chr. hatte uns im Museumsvestibül schon den Weg gewiesen – tatsächlich mit imperialer Geste - den Weg nach oben zur Ausstellung hin zu beschreiten. 2 m hoch und 2, 5 Tonnen schwer sitzt hier Kaiser Claudius, allerdings hat er inzwischen den Kopf des Trajan aufgesetzt und gleicht den Götterstatuen des Jupiter Capitolinus, was jeder Römer mit Stellvertreter dieses Gottes auf Erden für sich übersetzte.

 

Wir erfreuen uns bei solchen Superausstellungen immer an den illuminierten Handschriften, die sonst verschlossen verwahrt werden müssen. Dieser Chludov-Psalter aus der 3. Hälfte des 9. Jahrhunderts kommt aus Moskau, heute, denn eigentlich kommt er aus Byzanz, was damals schon Konstantinopel hieß, nur das Reich behielt den Namen byzantinisch. In der farbig feinen Miniaturzeichnung steht der Kaiser auf einem Schild, das von drei Personen über ihren Köpfen gehalten wird. Diese Schilderhebung war Teil der Krönungszeremonien eines neuen Kaisers.

 

Eher in die Kitschkiste gehört diese schon esoterisch wirkende Votivkrone aus dem 5. Jahrhundert. Als Votivkrone mit den Medaillons, darunter Kaiser Leon VI. ist sie wunderschön, aber was die Venezianer im 13. Jahrhundert – der christliche Bruderzwist, wie Venedig 1204 das christliche Konstantinopel plünderte, spielt hier keine Rolle - daraus machten, sieht man nun als Bergkristall mit einer Marienstatue doch eher als sehr sehr seltsam an. Schön hier die kleine Staurothek aus dem 10. Jahrhundert, die aus der sogenannten Makedonischen Renaissance kommt. Elfenbein, das bevorzugte Material in der byzantinischen Kunst ist hier mehrfach zu sehen. Aber man sieht auch die gar nicht schlechte Nachahmung im Westen, was auch für die Elfenbeintafel von 962-973 gilt, die Otto der Große dem Magdeburger Dom schenkte, von der noch 16 Täfelchen erhalten sind, die in verschiedenen Museen aufbewahrt, zusammen eine Wucht sind.

 

Nicht klein, sondern geklotzt, die erst jüngst ausgegrabenen Insignien des Kaiser Maxentius aus Rom, die hier erstmals nach Deutschland kommen. Die Heiratsurkunde der byzantinischen Prinzessin Theophanu, die Otto den II. heiratete, ist gut aufbewahrt worden, denn sie ist frisch wie am ersten Tag und lang und exquisit dazu. Sie gilt als eine der kostbarsten und prachtvollsten Urkunden des Mittelalters. Die Heirat sollte politisch ja auch ein Fanal sein, was dann andere Wege nahm, aber die byzantinische Prinzessin hat sich als Kaiserin sehr amtsangemessen verhalten, klug dazu.

 

Tja, und Otto der Große?  Sein doppeltes Jubiläum von Thronbesteigung und Geburtstag ist die Folie, auf der sich die Pracht hier in Magdeburg entfalten kann. Er wurde am 23. November 912 vermutlich in der Pfalz Wallhausen als Sohn König Heinrichs II. und seiner zweiten Gemahlin Mathilde geboren. Seine Vermählung mit der angelsächsischen Prinzessin Edgit, Editha genannt, fand 929/30 statt. Da war er noch ostfränkischer Thronnachfolger, und als sein Vater starb wurde er 936-37 in Aachen zum ostfränkischen König gewählt. Schon damals knüpft er an die fränkisch-karolingische Krönungszeremonie an, an den Ort auch. Magdeburg hatte er seiner Frau als Morgengabe zugedacht, die jedoch schon 946 stirbt und dort begraben wurde, Magdeburg, von wo aus auch die Missionstätigkeit im Osten gesteuert wird.

 

951 vermählt er sich mit Adelheid, Witwe Lothars von Italien, was ihm die italienische Langobardenkönigswürde einbringt. 955 die berühmte Schlacht auf dem Lechfeld, macht Otto zum Ungarn- und Ungläubigenbezwinger, weshalb beim zweiten Italienzug 962 Otto in Rom zum Kaiser gekrönt wird. Nach dem dritten Italienfeldzug läßt Otto seinen schon zum Mitkaiser ernannten Sohn Otto II. 972 mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu verheiraten, was die Anerkennung des westlichen Kaiserreichs durch Byzanz miteinschließt. Am 7. Mai 973 stirbt Otto in seiner Pfalz Memleben und Otto II. übernimmt die Regentschaft. Daß nach seinem Vater Heinrich II. auch Otto I. in Memleben starb, veranlaßte Otto II. dort zur Memoria ein Reichskloster zu gründen. Mehr dazu und zur laufenden Ausstellung im Kloster Memleben in den folgenden Artikeln.

 

Bis 9. Dezember 2012

 

Katalog:

OTTO der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter, hrsg. von Matthias Puhle und Gabriele Köster, Verlag Schnell+Steiner 2012. Der Dichter schrieb „Hier lieg ich von der Lieb erschlagen“, dem Liebhaber der Geschichte und der schönen Künste bleibt nur: „Hier lieg ich von den Katalogen erschlagen“, denn 744 Seiten der eine, 425 der andere, das hat etwas von Ewigkeit. Schließlich ist es auch so, hat man den Ausstellungskatalog erst einmal zu studieren angefangen, man ja auch keine Seite, kein beschriebenes und fotografiertes Exponat und auch kein Essay hergeben mag. Ja, es ist noch schlimmer. Wir vermissen etwas. Das ging uns auch in der Ausstellung so. Welche Rolle auch immer die Vier-Reiche-Lehre der Bibel für die
mittelalterlichen Kaiser wirklich spielten, sie gab es. Welche Rolle auch immer die translatio imperii für die Wirklichkeit des Kaiserseins bedeutete, sie gab es, wie ja auch Stefan Weinfurter mit „Renovatio imperii“ auf die Fortsetzung bei Otto III. eingeht.

Die Essays haben wir noch nicht gründlich gelesen, zuerst ist für das Schreiben über die Ausstellung eine Vertiefung in die Exponate nötig und die wird hier im Katalog exzellent geboten.

Vorausband:

Kaisertum im ersten Jahrtausend, hrsg. von Hartmut Leppin, Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter, Wissenschaftlicher Begleitband zur Landesausstellung „Otto der Große“, Verlag Schnell+Steiner 2012. Wer sich über die Ausstellung hinaus auch mit den wissenschaftlichen Thesen und damit auch mit deren Veränderungen beschäftigen will, sollte diese Zusammenfassung in verschiedenen Essays einer wissenschaftlichen Tagung zum Komplex OTTO. Dabei spielen nicht nur die europäischen Herleitungen vom Römischen Kaiserrecht, dem byzantinischen sowieso oder auch dem Weltreich der Perser als Kontrast eine Rolle, sondern selbst da Chinesische Kaisertum wird beleuchtet. Hartmut Leppin untersucht „Kaisertum und Christentum in der Spätantike“ und Stephan Freund „Traditionslinien des Kaisertums von der Antike zum Mittelalter. Eine Rolle spielt auch Kaiser Karl und dann natürlich Otto Imperator.

 

INFO:

 

Mit freundlicher Unterstützung des MARITIM Hotel Magdeburg

 

Zentraler kann man kaum liegen, als das MARITIM Magdeburg, das vom Bahnhof aus in eine paar Minuten zu Fuß (200 Meter!) genauso günstig zu erreichen ist – ja, mit dem Taxi geht es auch – wie vom Theater aus, von der Oper, vom Dom, dem Magdeburger Museum mit den sensationellen Ausstellungen, das den interessanten und zutreffenden Titel Kulturhistorisches Museum Magdeburg trägt und weshalb wir diesmal in Magdeburg waren.

 

Das 1995 erbaute Haus gehört in die Tradition der Hotels, die einen weiten überdachten Innenhof besitzen, um den herum sich im Inneren die Zimmer gruppieren, über Gänge erschlossen und von gläsernen Fahrstühlen bedient. Man hat unten im gewaltigen Foyer einfach das Gefühl von Großzügigkeit und gleichzeitig von Behaglichkeit. Den Raum braucht man auch, denn das Hotel ist nicht nur für die Reisenden ein guter Treffpunkt, sondern spielt für Magdeburg eine große Rolle. Das gilt auch für die Restaurants und den großen Festsaal sowie die vorzüglichen Badeanlagen.

 

Die Größe mit 514 Zimmern – davon 495 Doppelzimmer, 13 Suiten, 6 Einzelzimmer – wird gebraucht, da das Hotel auch für Tagungen sehr gut geeignet ist. Es sagt von sich selbst zu seiner Lage: „Mitten in der Altstadt, umgeben vom Dom St. Mauritius, dem barocken Rathaus und den Gründerzeitbauten von Sachsen-Anhalt unweit des Landtags liegt das MARITIM Hotel Magdeburg.“

 

www.maritim.de