Carl Schuch. Ein Europäischer Maler in der Orangerie im Unteren Belvedere in Wien
Claudia Schulmerich
Wien (Weltexpresso) – Das ist schön ausgedrückt, ein „europäischer Maler“, denn obwohl beispielsweise in Berlin so viele Bilder von ihm hängen, kennt ihn keiner. Ist das in Wien anders? Und woher kommt die Schreibweise mit K in Karl, gibt es da Signaturen, Ausweise oder war das einfach eingedeutscht. Wir wissen auf jeden Fall, daß es gut ist, den den Malerfreunden so gut bekannten Meister dem Publikum erst einmal vorzustellen.
Agnes Husslein, Direktorin des Belvedere, nennt einen schlüssigen Grund für sein relatives Unbekanntsein -was wir einfach seiner Qualität gegenüberstellen, denn alle Maler kann man sowieso nicht kennen, die guten aber sollten es schon sein - : „In seiner Malerei war Schuch jedoch derart perfektionistisch, daß er es vorgezogen hat, seine Werke nicht öffentlich zu präsentieren, weshalb er zu Lebzeiten vorwiegend in Malkreisen bekannt war.“ Aber in Berlin hängen sie ja, die Werke – dort allerdings war der fachkundige Hugo von Tschudi seit 1896 Direktor der Nationalgalerie und hatte Schuch gekauft - und jeder kennt Cezanne und Manet, mit denen die Direktorin Carl Schuch, einen begnadeten Koloristen des 19. Jahrhunderts, auf eine Stufe stellt.
Carl wurde am 13. September 1846 in der Taborstraße geboren. Das ist heute eine U-Bahn-Station und war schon damals eine zentrale Straße im II. Bezirk, der Leopoldsstadt. Die Eltern waren Gastwirte, der Vater kam aus der Oberpfalz. Die Mutter starb, da war Carl gerade 2 Jahre und als er fünf war, starb auch der Vater, der aber inzwischen so reich geworden war, daß wenigstens für das Auskommen ein Leben lang gesorgt war. Sein zeichnerisches Talent wurde schon im Knabenalter erkannt und er wurde 1865 zur Ausbildung in die Akademie aufgenommen, verließ diese aber schon nach 2 Jahren und übte sich an Naturstudien und erhielt vom Landschaftsmaler Ludwig Halauska eine solide handwerkliche Ausbildung. 1869 starb auch noch die ein Jahr ältere Schwester Pauline. Carl ging nach Italien, auch nach Rom, lernte das Leben kennen, auch die Frauen und seit damals wird er ein Reisender – in die Niederlande, nach Deutschland, in die Schweiz und immer wieder Italien.
1871 trifft er in München ein, trifft Wilhelm Trübner, macht die Bekanntschaft Carl Hagemeisters, Freund, Kollege und sein späterer Biograph. Er kauft die Bilder der anderen – die Mittel dazu hat er ja – aber zu Lebzeiten kann er nur ein einziges Bild von sich verkaufen. Schuch geht 1876 bis 1882 nach Venedig, wo er sich auf Stilleben konzentriert. Frauen kennt er vorwiegend aus Bordellen. Er fährt nach Wien, nach Paris, ist unermüdlich unterwegs und kehrt 1884 nach Wien zurück, heiratet und gilt ab 1897 als umnachtet. An seinem 58. Geburtstag stirbt er an „paralytischem Blödsinn“, wie das Totenschauprotokoll festhält. Begraben ist er auf den Zentralfriedhof.
So, das war eine Menge, aber sagt schon sehr viel über Schuchs malerischen Geschmack aus, denn unterwegs besuchte er ständig Kunstmuseen, versuchte, von den Alten Meistern zu lernen und setzte sich auch mit der Gegenwart auseinander. Sein Lernprogramm stellte er sich selber auf. Als er für sich die Stillebenmalerei als gemeistert empfand, nahm er sich die Architektur- und Landschaftsmalerei vor. Das alles ist nun in Wien in einer Auswahl zu besichtigen, die von den bekannten Frühwerken bis zu den späten Landschaften reicht.
Der Eingangssaal ist liebevoll und spannend zugleich. Da hängen lauter Schuchs, die einen sind von Wilhelm Trübner, ein so richtig schön dandyhaftes von Leibl, ein großes Selbstporträt, hängt auch da, zusammen mit Fotos und Dokumenten und seiner Biografie. Man geht an seiner Entwicklung in Bildern entlang, wo sehr schnell auch die ersten Landschaften – toll der Gosausee mit Dachsteinmassiv von 1868 – schon Stilleben kommen. Und als man ein besonders schönes betrachten will, ist es von Cezanne! Ähnliches passiert bei einer eindrucksvollen Gebirgslandschaft, die sich als ein Courbet entpuppt. Das hat man nun davon, wenn man aus Prinzip immer erst in die Bilder hineinschaut und dann ihre Angaben liest. Andererseits zeigt das eben auch die malerische Nähe Schuchs zu den Genannten.
Wir sind dann schon gewappnet und lassen uns bei Corot, Hans Thomas, Delacroix nicht foppen. Das gefällt uns schon gut, daß die lieben Kollegen dabei sind, weil sie dadurch diese Ausstellung aufwerten, aber seinen Maler: Carl Schuch auch. Der schönste Raum ist für uns der mit den 9 Stilleben, die wirklich alle echte Schuchs sind und wo man irgendwie gerührt dann auch Manets Spargel so links in einem Schuchbild sieht. Lauch und Käse gibt es auch, aber am besten gefallen uns die Apfelbilder. Fein auch diese Idee, seine prächtigen und dekorativen weißen Pfingstrosen um die Ecke mit Manets Dame mit Pelz um 1880 zu hängen. Es sind dieselben Farbeindrücke. Über die Stilleben mit den toten Tieren schweigen wir. Die haben wir uns einfach bei der diesbezüglichen thematischen Ausstellung in Karlsruhe, wo Schuch dabei war, übergesehen. Und auch die späteren Landschaftsmalereien sind nicht unsere Favoriten. Wir bleiben bei den Stilleben und da bleiben wir gut.
Bis 14. Oktober 2012
Katalog:
Carl Schuch. Ein europäischer Maler, hrsg. Von Agnes Husslein-Arco und Stephan Koja, Verlag Bibliothek der Provinz 2012. Der Katalog bringt in Text Aufklärung über den Maler, seinen Lebensweg, seine Probleme, seine Malweise und seine Freunde. Daran wirken viele mit. Die Bilder sind in den Texten eingearbeitet, aber allesamt noch einmal in einem Tafelteil ganzseitig abgedruckt. Erstmalig sind auch seine Venezianischen und Pariser Notizhefte transkribiert und abgedruckt. Dem Buch liegt zudem in Faksimile das Pariser Notizheftes I bei.