Hanswerner Kruse im Gespräch mit Werner Obländer zur Ausstellung von Dorle Obländer
Hanswerner Kruse
Kleinsassen (Weltexpresso) - Hanswerner Kruse hat die Künstlerin Dorle Obländer lange journalistisch begleitet, immer wieder über ihre Ausstellungen, dann ihren Tod berichtet und war mit ihr befreundet. Anläßlich ihrer posthumen Ausstellung in Kleinsassen sprach er mit ihrem Witwer.
Wie kam Ihre Frau auf das Thema Märchen?
Durch eine Anfrage der LAG Soziokultur Schleswig-Holstein in Husum, wo Dorle eine Werk-Ausstellung ihrer Arbeiten hatte. Unsere Kindheiten waren beide mit Märchen erfüllt. In der Schule, in der wir unterrichteten, lernten wir uns über Märchen näher kennen. Zusammen bereiteten wir uns gründlich auf das Thema vor, weil wir miteinander verbundene Märchen-Kurse angeboten hatten, sie als Kunstlehrerin, ich als Deutschlehrer.
Was hat Sie daran interessiert?
Es gab damals diesen Hype um das Bettelheim-Buch „Kinder brauchen Märchen“. Uns hat pädagogisch die Frage beschäftigt, sind Märchen eine Flucht vor der Realität in Fantasiewelten oder können sie zur Entwicklung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen beitragen. Und der damals populäre Iring Fetscher hat ja den lockeren psychologischen und politischen Zugang in die Märcheninterpretationen gebracht - mit seinem Buch „Wer hat Dornröschen wach geküsst?“
Im Unterricht war es für die älteren Jugendlichen spannend, Märchenfiguren als Hilfen zur Selbsterkenntnis angeboten zu bekommen. So ließen wir sie Geschichten schreiben, in denen sie Held oder Heldin waren. Sie wurden konfrontiert mit anderen Märchenfiguren, wie „Zauberer“ oder „Hexe“, und dem passenden Inventar, wie „Schatzkammer“ oder „Wald“. Das war natürlich auch symbolisch für Personen oder Situationen aus ihrem Umfeld und konnte individuell gedeutet werden.
Erschließen sich Dorles Bilder direkt den Besuchern?
Das weiß ich doch nicht (lacht), aber einige der von ihr gemalten Märchen sind nicht so bekannt, etwa „Knüppel aus dem Sack“ oder „Zwerg Nase“, „Gevatter Tod“ auch nicht - das Bild hat sie ihren Ärzten gewidmet. Deshalb gibt es Kurzbeschreibungen und Zusammenfassungen neben den Bildern, die könnten hilfreich zum Verständnis sein. Aber das muss natürlich jeder Betrachter selbst merken, ob er persönlich mit den Augenblicken etwas anfangen kann, die Dorle aus den Märchen herausgesucht hat. Ansonsten galt ihr Mitgefühl immer den „Losern“ in den Märchen, den Verlierern, wie den Schwestern von Aschenputtel oder den sieben Zwerge. Dazu hatte sie ja auch eine ihrer ersten Skulpturen-Ausstellungen gemacht - die Zwerge davon stehen noch im Garten des Grimm-Museums in Steinau.
Foto:
Dorle und Werner Obländer 2013 © Hanswerner Kruse
Info:
Erstveröffentlichung in den Kinzigtal Nachrichten