Hanno Lustig
Bonn (Weltexpresso) - "Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, ganz niederbeugen soll es mich gewiss nicht“ – So schrieb Beethoven 1801 an einen Freund. Wie der weltberühmte Komponist Ludwig van Beethoven die zunehmende Beeinträchtigung seines Hörsinns empfand, und wie er schließlich mit dem Verlust der für einen Musiker so elementaren Fähigkeit umgegangen ist – dies und vieles mehr zeigt die Ausstellung „Beethoven. Welt.Bürger.Musik“, die vom 17. Dezember 2019 bis 26. April 2020 in Zusammenarbeit mit dem Beethoven-Haus Bonn in der Bundeskunsthalle in Bonn präsentiert wird.
Die zentrale Schau des Beethoven-Jubiläumsjahrs zeichnet mit mehr als 250 Objekten ein facettenreiches Bild von dem weltberühmten Komponisten; dem Thema „Beethoven als Patient“ ist dabei ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet. Präsentiert werden nicht nur historische Exponate wie das Heiligenstädter Testament, Hörrohre und Konversationshefte des Musikers, sondern auch interaktive Elemente, etwa ein Stuhl, der Musik in Vibrationen umwandelt, sowie zahlreiche Hörstationen. Auch in der neugestalteten Dauerausstellung im Beethoven-Haus, die im Spätsommer 2019 eröffnet wird, ist dem Thema ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet.
Vom Hörrohr bis zur Homöopathie
Im Heilbad Heiligenstadt bei Wien hatte sich Beethoven 1802 vorwiegend wegen seiner Magen-Beschwerden behandeln lassen. Sein Arzt stellte ihm dabei auch die Heilung seines fortschreitenden Gehörleidens in Aussicht. Doch schon bald trat die Ernüchterung ein – nach Abschluss der Kur drückte Beethoven seine Verzweiflung über die fortschreitende Ertaubung und den nahegeglaubten Tod im Heiligenstädter Testament aus. Darin spricht erstmals vom „Dämon in meinen Ohren“. Die Originalniederschrift des Heiligenstädter Testaments von 1802, eine Leihgabe der Universitätsbibliothek Hamburg, wird in der Ausstellung gezeigt und an einer Hörstation verlesen. Vermutlich traten die Probleme mit dem Gehör schon Mitte der 1790er Jahre auf, das genaue Jahr ist unbekannt. Ebenfalls nicht endgültig geklärt ist, welche Umstände genau dazu führten, dass Beethoven taub wurde. Beethoven tat alles ihm Mögliche, um den drohenden Verlust seines Gehörs zumindest aufzuhalten: Er versuchte es mit Mandelmilch, grünen Nussschalen in Milch gekocht und sogar Rettich im Ohr. Auch mit Galvanotherapie, bei der das kranke Organ mit Gleichstrom behandelt wird, hat er seine Versuche gemacht, wie in der Ausstellung gezeigt wird.
Doch alle Behandlungen halfen nicht. Seit 1813 verwendete er ein Hörrohr – doch lange Zeit nur halbherzig, aus Angst, sein Gehör damit noch weiter zu schwächen. Ab 1818 verwendete er Konversationshefte, in die Besucher ihre Stellungnahmen, Nachrichten und Fragen notieren konnten, da er kaum noch etwas hören konnte. Er las diese, gab aber meistens eine mündliche Antwort. Hörrohre und einige Konversationshefte werden ebenfalls in der Ausstellung im Original zu sehen sein.
Neben der Taubheit thematisiert dieser Ausstellungsteil noch weitere Krankheiten, mit denen Beethoven zu kämpfen hatte, etwa seine häufigen Probleme mit schweren Koliken und Durchfällen. Dass Beethoven als Kind vermutlich Pocken hatte – wie so viele damals –, kann man anhand der Lebendmaske erahnen, die in einer Vitrine präsentiert wird. Besucher können an einer Replik das Gesicht des Komponisten ertasten. Beethoven war zudem einer der ersten Patienten, die sich von einem Homöopathen behandeln ließen; in der Ausstellung wird dies mit einer homöopathischen Hausapotheke veranschaulicht. Seinem homöopathischen Arzt Braunhofer widmete er sogar zwei Kanons, etwa WoO 189 „Doktor sperrt das Tor dem Tod“.
Emoti-Chair und inklusive Angebote
Die Ausstellung illustriert das Themenfeld „Beethoven als Patient“ nicht nur durch zahlreiche Exponate. Sie richtet sich auch mit inklusiven Stationen ganz bewusst an hörgeschädigte und taube Menschen, für die Beethoven als Identifikationsfigur gilt. Eines der Highlights ist der Emoti-Chair. Dieser Stuhl wandelt Musik in Vibrationen um und ermöglicht so auch tauben Menschen, Musik ganz intensiv zu erleben. Auch Menschen mit eingeschränktem Seh-Vermögen bekommen einen haptischen Zugang zum Thema: Ausstellungsbesucher dürfen ausgewählte Exponate anfassen, ein Hörrohr ausprobieren, an Saiten von Streichinstrumenten zupfen oder an Mechanikmodellen von Klavieren deren Funktionsweise testen.
Beethovens Krankheiten und Leidensweg auch im Neuen Beethoven-Haus Bonn
In der neugestalteten Dauerausstellung im Beethoven-Haus Bonn können sich Interessierte ab dem Spätsommer ebenfalls anhand historischer Exponate einen Eindruck von Beethovens Krankheitsverlauf und Leidensweg machen. Zu sehen sind neben persönlichen Briefen, Hörrohren und Konversationsheften auch das Reiseschreibpult, an dem der Komponist von seinem Krankenlager aus drei Tage vor seinem Tod sein letztes Testament verfasste.
„BEETHOVEN Welt.Bürger.Musik“
Die zentrale Ausstellung des Jubiläumsjahres BTHVN2020 wird in Kooperation mit dem Beethoven-Haus Bonn konzipiert und vermittelt vom 17. Dezember 2019 bis zum 26. April 2020 in der Bundeskunsthalle spannende Einblicke in Leben, Werk und Wirkung des weltberühmten Komponisten. Dabei werden auch die seit 200 Jahren kultivierten Mythen und Klischees hinterfragt, die sich um seine Person ranken. Rund 250 Objekte, darunter zahlreiche Original-Exponate aus den Beständen des Beethoven-Hauses sowie wertvolle Leihgaben aus deutschen und internationalen Sammlungen, zeichnen ein facettenreiches Bild des Künstlers und Menschen Beethoven vor einem lebendigen Zeitpanorama. Die Ausstellung beleuchtet nicht nur Beethovens Œuvre in musikhistorischen und biografischen Kategorien, sondern auch die politisch-historischen Hintergründe des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts.
Das „Neue Beethoven-Haus“
16. Dezember 2019 wird auch das Museum im Geburtshaus des Komponisten, das zu den meistbesuchten Musikermuseen weltweit zählt, neu eröffnet. Das „Neue Beethoven-Haus“ präsentiert sich dann mit 340 Quadratmetern zusätzlichen Räumlichkeiten und lädt mit einer neu gestalteten Dauerausstellung zu einer zeitgemäßen und erlebnisorientierten Begegnung mit Beethoven ein. Originalhandschriften von Beethoven werden dauerhaft in einer „Schatzkammer“ zu sehen sein und Beethovens Schaffensprozess nachvollziehbar machen. Im neuen Musikzimmer wird es regelmäßig Konzerte auf den historischen Tasteninstrumenten sowie Filmvorführungen und Vorträge geben. Das Beethoven-Haus plant dazu verteilt über das Jubiläumsjahr vier thematische Wechselausstellungen im neu geschaffenen Sonderausstellungsbereich des Museums.
Foto:
© mobil.nrw
Info;
www.bundeskunsthalle.de
www.beethoven.de
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