Ausstellung im Kunsthaus Stade vom 15. Februar bis 3. Mai
Katharina Klein
Stade (Weltexpresso) - Schillernde Bühnenstars, das illustre Nachtleben, aber auch die Menschen am Rande der Gesellschaft in den legendären 1920er-Jahren in Berlin werden von ihr festgehalten. Als scharfsinnige Beobachterin stellt Jeanne Mammen (1890–1976) die Welt, die sie umgibt, in ihren Werken dar. Sie ist eine gefragte Illustratorin für Kurzgeschichten, zeichnet für Modezeitschriften oder die Kinowerbung. Mit dem NS-Regime endet diese Karriere.
Die politischen und gesellschaftlichen Katastrophen bis 1945 und die Nachkriegszeit hinterlassen Spuren in ihrem Leben und in ihrem Werk, Mammen entwickelt ihre stilistische und motivische Bandbreite jedoch konsequent weiter, und so spiegelt ihr Œuvre die sich wandelnden Zeiten des 20. Jahrhunderts. Ihr Frühwerk ist symbolistisch, nach 1945 werden Mammens Arbeiten abstrakt. In ihren virtuosen Zeichnungen, Gemälden und Materialbildern wird dabei besonders das Subtile sichtbar: Nähe und Entfremdung, Sehnsucht und harter Alltag werden nuancenreich gezeigt.
In Paris aufgewachsen und als Künstlerin in Berlin lebend, stellt besonders die Hafenstadt Hamburg einen Sehnsuchtsort für Mammen dar: Sie selbst ist zu Zeiten des NS-Regimes in eine innere Emigration gegangen, viele Freund*innen und Verwandte sind gezwungen, das Land zu verlassen. Dabei bietet der Hamburger Hafen als Ausreisepunkt die Möglichkeit zur Flucht aus Nazideutschland. Abschied und Hoffnung, Sehnsucht, Trauer und Wiederkehr der Fliehenden und der Zurückbleibenden treffen hier aufeinander. Mammen ist häufig zu Besuch in Hamburg und hält ihre Eindrücke in zahlreichen Zeichnungen und Gemälden fest.
Ausstellung
In der Ausstellung im Kunsthaus sind Mammens Bezüge zu Hamburg eine Etage gewidmet. Hierzu gehört auch das 1937 von ihr verfasste und teilweise bebilderte Drehbuch mit dem Titel „Schreib mir, Emmy!“, in dem ein Hafen als Ort von Abschied und Hoffnung auf Wiederkehr eine Hauptrolle spielt. Studierende der Hochschule
für Künste Bremen haben es im Sommersemester 2017 erstmals filmisch umgesetzt und in animierten Episoden realisiert. Der Kurzfilm wird in der Ausstellung zu sehen sein, ebenso wie zahlreiche Zeichnungen, Gemälde und Dokumente aus über 60 Jahren Schaffenszeit.
Foto:
Jeanne Mammen, o.T. (Selbstbildnis), o.D. (um 1926), Jeanne-Mammen-Stiftung im Stadtmuseum Berlin, Foto: Mathias Schormann © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 (Ausschnitt)
Info:
Zur Ausstellung erscheint eine Katalogbroschüre mit Texten von Dr. Annelie Lütgens, Berlinische Galerie, Dr. Martina Weinland, Stiftung Stadtmuseum Berlin, und Regina Wetjen, Museen Stade.