Eva Mittmann
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Und jener Fantasie, die keine Grenzen kannte, erlaubt man nur noch, sich nach den Gesetzen einer willkürlichen Nützlichkeit zu betätigen; diese untergeordnete Rolle durchzuhalten, ist sie nicht lange fähig, und um das 20. Lebensjahr zieht sie es im Allgemeinen vor, den Menschen seinem lichtlosen Schicksal zu überlassen.“
Diese Worte, zitiert aus dem ersten Manifest des Surrealismus von André Breton aus dem Jahre 1924, haben bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren. Sie manifestieren eine Geisteshaltung. Sie treffen wie ein Blitzschlag, mahnen zur Achtsamkeit und rütteln diejenigen auf, die ihre Botschaft hören wollen. So muss es wohl auch den Künstlerinnen der damaligen Zeit ergangen sein, als sie sich in den 1920er und 1930er Jahren der surrealistischen Bewegung anschlossen. Anfangs waren die Surrealisten nämlich noch so ein richtiger Männerverein. Umso notwendiger erscheint es, endlich die Rolle der Frau zu Zeiten des Surrealismus in den Fokus zu nehmen und zu hinterfragen. Dies sei schon längst überfällig, denn „die Künstlerinnen hatten gleich doppelt zu kämpfen: Gegen die herkömmlichen Rollenbilder in der Gesellschaft aber auch gegen die Normen, die die männlichen Kollegen ihnen auferlegten“, wie Kuratorin Ingrid Pfeiffer kommentiert.
Kunsthistorikerin Alice Mahon dagegen sagt: „Frauen fühlten sich zum Surrealismus hingezogen, da er ihnen eine Stimme gab.“ Wie ist das zu verstehen? Viele Künstlerinnen fühlten sich angezogen durch die Idee, dass durch den Surrealismus eine Neuordnung der Gesellschaft notwendig werden würde. Meret Oppenheim, Lee Miller, Leonor Fini (rechts im Bild) und Leonora Carrington - sie entfliehen aus unterschiedlichen Ländern ihren bourgeoisen Familienverhältnissen, um sich in Paris "den Kräften des Unbewussten und Verborgenen hinzugeben". Diese Hingabe an die Kunst zeugt von ernst zu nehmender Selbstbestimmtheit und eigenständiger Schaffenskraft. Doch den männlichen Surrealisten ging es immer nur um die Vorstellung von einer Frau und niemals um die reale Frau. Es ging ihnen um Projektionen, Ängste und Ideale. Die Frau wurde zur Muse, zum Modell und zur Geliebten funktionalisiert. Frauen sollten die Fantasie beflügeln. Das war aus der Sicht der Männer deren Aufgabe. Die surrealistisch bewegten Frauen folgten jedoch keineswegs diesem Diktat; sie belächelten es bestenfalls. In Meret Oppenheims Kunstwerk „Daphne & Apoll“ beispielsweise verwandelt sich Daphne dem Mythos zufolge zwar in einen Lorbeerbaum, Liebesgott Apoll jedoch wurde gleichfalls in eine Kartoffel verwandelt, um unübersehbar die Annäherung und Gleichstellung zwischen den Geschlechtern zu symbolisieren.
Kunsthistorikerin Alice Mahon dagegen sagt: „Frauen fühlten sich zum Surrealismus hingezogen, da er ihnen eine Stimme gab.“ Wie ist das zu verstehen? Viele Künstlerinnen fühlten sich angezogen durch die Idee, dass durch den Surrealismus eine Neuordnung der Gesellschaft notwendig werden würde. Meret Oppenheim, Lee Miller, Leonor Fini (rechts im Bild) und Leonora Carrington - sie entfliehen aus unterschiedlichen Ländern ihren bourgeoisen Familienverhältnissen, um sich in Paris "den Kräften des Unbewussten und Verborgenen hinzugeben". Diese Hingabe an die Kunst zeugt von ernst zu nehmender Selbstbestimmtheit und eigenständiger Schaffenskraft. Doch den männlichen Surrealisten ging es immer nur um die Vorstellung von einer Frau und niemals um die reale Frau. Es ging ihnen um Projektionen, Ängste und Ideale. Die Frau wurde zur Muse, zum Modell und zur Geliebten funktionalisiert. Frauen sollten die Fantasie beflügeln. Das war aus der Sicht der Männer deren Aufgabe. Die surrealistisch bewegten Frauen folgten jedoch keineswegs diesem Diktat; sie belächelten es bestenfalls. In Meret Oppenheims Kunstwerk „Daphne & Apoll“ beispielsweise verwandelt sich Daphne dem Mythos zufolge zwar in einen Lorbeerbaum, Liebesgott Apoll jedoch wurde gleichfalls in eine Kartoffel verwandelt, um unübersehbar die Annäherung und Gleichstellung zwischen den Geschlechtern zu symbolisieren.
Meret Oppenheim reiste 1932 nach Paris, um dort Man Ray zu treffen. Infolge entstand dort von ihr das legendäre Foto vor der Druckmaschine, das nicht etwa Man Ray inszeniert hatte, sondern sie selbst. Und dass sie sofort einwilligte, sich nackt vor der Druckerpresse fotografieren zu lassen, entsprach - wie sie sagt - ihrem „immer revolutionären und anti-bourgeoisen“ Temperament. Diese Fotos machten Meret Oppenheim berühmt. Sie wird zur Muse der Surrealisten durch ihren androgynen Touch. Für die männlichen Surrealisten ist sie die ideale Femme Enfant, die Kindfrau mit direktem Zugang zur Natur und zum Begehren. Perfekte Projektionsfläche – gleichermaßen Göttin, Mutter und Unschuld. Andererseits wirkt sie bedrohlich wie eine Hexe, die den Mann in den Abgrund zieht. Auf der einen Seite verhilft sie also dem Mann zum Aufstieg und zieht ihn andererseits wieder hinab. Erstaunlich, wie die Künstlerinnen mit derartig absurden Projektionen umgegangen sind! Jedenfalls haben sie es geschafft, sich frei zu machen von Vorstellungen dieser Art. Sie haben sich wahrhaftig frei gemacht. Frei nach dem Motto: „Wenn sie die Liebe lieben, werden sie den Surrealismus lieben!“ In diesem Sinne ist die feministische Kunst des Surrealismus wie eine sich endlich erfüllende Liebe – pures Glück!
Und frau möchte voller Freude ausrufen:„Make feminism great again!“Fotos © Katalog
Fantastische Frauen. Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo, herausgegeben von Ingrid Pfeiffer. Mit einem Vorwort von Phillip Demandt, Schirn...,
Hirmer Verlag, ISBN 978-3-7774-3413-1
https://programm.ard.de/TV/arte/gelebte-traeume---kuenstlerinnen-des-surrealismus/eid_287242607911287
Info:
Die bisherige Serie
https://weltexpresso.de/index.php/kunst/18396-frida-kahlo-erst-volksheldin-dann-total-vergessen-heute-kult
https://weltexpresso.de/index.php/kunst/18397-aus-dem-volksvermoegen-schoepfen-und-es-bereicher
https://weltexpresso.de/index.php/kunst/18413-nicht-nur-das-erste-frida-kahlo-buch-kommt-aus-frankfurt-auch-ihr-erster-ausstellungskatalog
Die bisherige Serie
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