Kabinettausstellung im Jüdischen Museum Frankfurt vom 20. August bis 13. Oktober 2013

 

Konrad Daniel

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das Jüdische Museum Frankfurt präsentiert vom 20. August bis zum 13. Oktober eine Kabinettausstellung mit einer Auswahl von Schenkungen und Dauerleihgaben aus den vergangenen Jahren. Dabei stehen Portraits aus dem Zeitraum von 1838 bis 1928 im Fokus.

 

 

 

Die Ausstellung bietet einen Einblick in die Vielfalt und den Wandel der Selbstdarstellungsweisen einzelner jüdischer Frankfurter in einem Zeitraum von 100 Jahren. Den Auftakt bilden vier Gemälde mit Porträts der Eheleute Regine und Hirsch Jakob Weiller sowie der Eheleute Marianne und Juda Beer Doctor. Sie werden zum ersten Mal öffentlich ausgestellt. Die Portraits der Eheleute Weiller aus dem Jahr 1838 sind eine Schenkung von Hans-Dieter Kirchholtes, dessen Familiengeschichte auch die Geschichte der Frankfurter Bankhäuser Jakob Isaak Weiller und Söhne, Firma Gebr. Sulzbach, Bank Heinrich Kirchholtes und Sal. Oppenheim & Cie (Köln) einbezieht.

 

 

Die Gemälde sind kulturhistorisch bedeutsam, stechen aber vor allem durch ihre künstlerische Qualität hervor, da sie in ihrem malerischen Stil mit einem der Hauptwerke des Museums in Verbindung gebracht werden können: Moritz Daniel Oppenheims „Selbstbildnis mit Ehefrau Adelheid“. Die Portraits der Eheleute Doctor wurden 1843 vom Frankfurter Maler Gottlieb Herz (1810-1897) geschaffen und setzten dem bereits verstorbenen Juda Beer Doctor ein posthumes Denkmal. Beide Bildnisgruppen verbindet mehr als die jeweils selbstbewusste Repräsentation mit bürgerlicher Pose und Kleidung im Stil des sogenannten ‚Biedermeier‘. Sowohl Marianne Doctor als auch Regine Weiler waren Mitglieder der einflussreichen und weitverzweigten Goldschmidt- Familie aus der Frankfurter Judengasse. Ihre Ehemänner waren jeweils Teilhaber und Repräsentanten erfolgreicher Bankhäuser in Frankfurt. Die klassischen Bürgerportraits bilden in diesem Fall nicht nur das Antlitz von Individuen ab. Sie spiegeln in einzigartiger Weise den

Emanzipationsprozess des jüdischen Bürgertums in Deutschland wider.

 

 

Des Weiteren sind zwei Mädchenportraits der Frankfurter Malerin Helene Sommer (1862-1932) zu sehen: „Mädchen mit Geige“ aus dem Jahr 1899 und ein Bildnis der Tochter „Elisabeth in einer Schwarzwälder Tracht“ von 1904. Helene Sommer hatte als Tochter aus großbürgerlichem Hause bereits seit den frühen Jahren eine Ausbildung in der Malerei erhalten und konzentrierte sich vor allem auf Portraits ihrer Familie und Freunde. Ihr Mann Siegfried Sommer war der erste jüdische Oberlandesgerichtsrat in Preußen. Aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung und freundschaftlichen Beziehung zum Kaiserhaus führte die Familie ein Leben, das von hoher Bildung und starkem Selbstbewusstsein geprägt war. Die Gemälde von Helene Sommer zierten die Wände der Wohnungen der Familienangehörigen. Erstmals sind sie nun durch die Schenkung der Nachfahren Eva Teichmann geb. Wiehl und Professor Doktor Reiner Wiehl auch dem Museumsbesucher in dieser Kabinettausstellung zugänglich.

 

 

Die dritte Variante des Portraits zeigt das Selbstbildnis von Heinrich Gottselig (1884-1935), das im Jahre 1928 entstand. Der Frankfurter Maler war zu seinen Lebzeiten besonders für seine Radierungen, Landschaftsdarstellungen und Portraits prominenter Zeitgenossen bekannt. Das Gemälde zeigt ihn in seinem Atelier in der Kuppel des Alemannia-Hauses mit Blick auf den Eschenheimer Turm. Seine Erfolge an der Kunsthochschule des Staedel’schen Instituts und im Münchener Glaspalast sicherten ihm Aufträge für Odenwald- und Schwarzwaldlandschaften. Zudem wuchsen die Anfragen für Portraits von Persönlichkeiten der neuen intellektuellen Bewegungen, darunter Thomas Mann und Franz Schreker. Einige seiner Kunden wie Richard Strauß oder Gerhard Hauptmann ließen sich später willig oder passiv für die Zwecke der Nationalsozialisten einspannen. Andere mussten emigrieren oder wurden ermordet. Der einst über die Stadtgrenzen Frankfurts hinweg gerühmte Künstler, kann in der Ausstellung wieder neu entdeckt werden.

www.juedischesmuseum.de

INFO:

Ausgestellte Bilder:

Regine Goldschmidt verh. Weiller (1819-1902),

1838, Maler unbek.

Öl auf Leinwand, 76 x 64 cm

Schenkung Hans-Dieter Kirchholtes, Frankfurt

 

Gottlieb Herz (1810-1897)

Marianne Goldschmidt verh. Doctor, 1843

Öl auf Leinwand, 92 x 79 cm,

Dauerleihgabe Eheleute Enders, Oldenburg

 

Gottlieb Herz (1810-1897)

Juda Beer Doctor, 1843

Öl auf Leinwand, 93 x 73,8 cm

Dauerleihgabe Eheleute Enders, Oldenburg

 

Hirsch Jakob Weiller (1811-1891)

1838, Maler unbek.

Öl auf Leinwand, 76 x 64 cm

Schenkung Hans-Dieter Kirchholtes, Frankfurt

 

Heinrich Gottselig (1884-1935)

 

Selbstbildnis, 1928

 

Öl auf Leinwand, 80 x 62 cm

 

Dauerleihgabe Matthias Frank,  Schweiz

 

Foto:

Helene Sommer (1862-1932)

 

Mädchen mit Geige, 1899

 

Öl auf Leinwand, 81 x 66 cm

 

Schenkung Marianne Teichmann geb.

 

Wiehl und Prof. Dr. Reiner Wiehl

 

© Jüdisches Museum Frankfurt

 

Abb.6: