Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Im letzten Herbst stellte die Fuldaer Künstlerin Teresa Dietrich in der Kunststation Kleinsassen ihre neuen „Bodenverlegungen“ aus: Collagen auf Platten mit Fotoschnipseln wiedererkennbarer Zeichen von internationalen Straßen und Plätzen und poetisch mit feinen bedruckten oder bemalten Papieren weiter gestaltet.
Diese spannungsvollen Kompositionen suggerierten Bewegung und Dynamik und waren weder Suchspiele noch Abbilder realer Orte: Man konnte die Collagen wie musikalische Klänge auf sich wirken lassen, diese Objekte gaben einem das Gefühl unterwegs zu sein. Ähnlich verhält es sich mit den neuen Arbeiten der Künstlerin während des Corona-Lockdowns. Zu ihnen schreibt sie:
„Immer ein Augenblick in einer Stadt, an einem Ort, an einer Stätte, eine 60stel Sekunde oder weniger im heißen Sonnenlicht: Augenblicke, ausgewählt aus den zahllosen Momenten und Beobachtungen von unvertraut und unverhofft Auffälligem. Aus Wahrnehmungen wurden Bilder, fotografierte Erinnerungen, aufbewahrt in meinem Archiv. Und dann wird das Alphabet, in Corona Zeiten, zu einem Impuls für ein Kunstprojekt. Die Fragen, wo bin ich überall gewesen und bin ich überall gewesen von A bis Z, dies kann ich nach Durchsicht meines Bildarchivs mit Ja beantworten.
Von Agrigent bis Zürich springe ich durch die Jahre, hin und her über Kontinente und Länder, bewege mich von Metropolen zu Städten und Stätten in Nicht-Reise-Zeiten. Es ist wunderbar, wieder in die Stimmungen, Erlebnisse, Entdeckungen, in die Geräusche und Gerüche einzutauchen. Ich entscheide mich für Kulturdenkmäler und scheinbare Nebensächlichkeiten, Museumsräume und Straßenräume, Unspektakuläres, aber in besonderem Licht, die vielfältigen Erscheinungsformen von Architektur und ihren Fragmenten. Von jedem ausgewählten Motiv/Ort entstanden zwei modifizierte Versionen, einmal mit mehr oder weniger deutlich sichtbarem Anfangsbuchstaben und einmal ohne, ein Fast-Zwillingspaar.
Ausgegangen bin ich von jeweils zwei farbigen Ausdrucken desselben Motivs, allerdings von meist unterschiedlichen Ausschnitten. Ich reagierte auf die Motive durch Überklebungen mit Fragmenten meiner umfangreichen „biographischen“ Papiersammlung, deutete sie um, verfremdete sie.“
Foto:
Von Teresa Dietrich (c) selbst fotografiert:
i wie für Irakli: Gurkenschalen auf rotem Kunststoffbrett beim Zelten in Irakli am Schwarzen Meer in Bulgarien