Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Hoffentlich gibt es am Dienstagabend Kunstfreunde, die nicht Fußballfans sind! Denn überwiegend sind sie es, vor allem die Archäologen. Im Ernst, darüber konnte ich einst anläßlich der von ihm kurartierten Fußballausstellung im Deutschen Historischen Museum zu Berlin mit dem wirklich wunderbaren Kunsthistoriker Horst Bredekamp sprechen, der die interessante Theorie vertrat, die ich anschließend mit Erfolg an den Frankfurter Archäologen überprüfen konnte, daß die Bildwissenschaftler eine spezielle Affinität zum Fußballspiel haben, ja sogar die wichtigen Tore bei Weltmeisterschaften zum Beispiel als Bilder im Gedächtnis behalten. Dieser Vorspann ist wichtig, denn er gilt all denen, denen Fußball egal ist, egal, daß zur selben Zeit um 18 Uhr die deutsche Mannschaft gegen England spielt, was viele vor den Fernseher zwingt. Also gilt für die Fußballneutralen oder Fußballabneiger: bitte kommen.
Es gibt wirklich etwas zu bestaunen. Alles neu macht nicht allein der Mai! Renovieren und restaurieren ist eine der wesentlichen Möglichkeiten, die Kunstwerke von gestern und vorgestern auch heute noch glänzen zu lassen, die ansonsten durch die Abnutzung der Zeit verloren wären.Das gilt für Holz, aus der diese Figurengruppe besteht, in besonderem, Holz arbeitet, Bei dieser Pietà - muß man hinzufügen, daß die Pietà die Darstellung der sitzenden Gottesmutter ist, die ihren toten Sohn Jesus Christus quer im Arm hält? - weiß man sogar, weshalb nicht allein der Zahn der Zeit ihr zusetzte, sondern daß gerade die Verehrung der Gläubigen ruinöse Folgen hatte. Eine solche Figur, die so viel Emotion ausdrückt, versuchen die Gläubigen anzufassen, ihr ganz nah zu kommen, sie zu küssen, zu streicheln, etc. Dazu kommen die Illuminierungen durch Kerzen, heiß und gefährlich durch Ruß und Wachs. Dann haben auch die großen Temperaturschwankungen in den Kirchen üble Folgen. In Kirchen ist es leicht feucht und Feinstaub ist heute überall. Diese Pietà auf jeden Fall war für eine Restaurierung fällig!
Dazu wurde die Figurengruppe mit der trauernden Maria und ihrem toten Sohn im Schoß am 22. Februar in das Dommuseums gebracht. Die Verantwortlichen geben weiter: "Dort verwandelte sich der Kreuzgang für die folgenden Wochen und Monate in ein temporäres Restaurierungsatelier, in dem die beiden erfahrenen Restauratorinnen Moya Schönberg und Anke Becker in akribischer Arbeit ein beinahe 'verlorenes' Werk freigelegten. Sie entfernten Staub und Fettstellen, analysierten Farbschichten und rekonstruierten fehlende Stellen der Skulptur. Behutsam wurden Stellen mit dem Pinsel Strich für Strich retuschiert. Nun haben sie ihre Restaurierungsarbeiten abgeschlossen und die frisch restaurierte Pietà kehrt in den Dom zurück."
Das geschah am gestrigen Montag, wo sie direkt in der Scheid-Kapelle einzog und tags drauf, also heute, direkt vor Ort um 18 Uhr in einer Begleitveranstaltung zur Pietà gewürdigt wird: „Erbarmen“. Eine Bildbetrachtung mit Rektor Dr. Stefan Scholz und Bettina Schmitt (Direktorin Dommuseum Frankfurt). Als der Termin, der endlich wieder persönliches Dabeisein möglich macht, ausgemacht wurde, war an die Europameisterschaft nicht zu denken, auch nicht, daß die deutsche Mannschaft ins Achtelfinale kommt und ausgerechnet zur selben Zeit im Londoner Wembley-Stadion gegen England spielt. Für diese Fußballfreunde gilt, daß sie zu einem anderen Zeitpunkt zumindest die Pietà bestaunen sollten.
DOMMUSEUM FRANKFURT
Die restaurierte Pietà kehrt am MO 28. Juni in den Frankfurter Dom zurück
DI 29. Juni / 18 Uhr in der Scheid-Kapelle des Frankfurter Doms
Erbarmen – Pietà. Bildbetrachtung mit Rektor Dr. Stefan Scholz und Bettina Schmitt.
Fotos:
Titel und 2. Foto©Dommuseum, Axel Schneider
3. Foto©Dommuseum, Moya_Schönberg
Info:
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