Ukraine 0777Die 59. Biennale in Venedig, Teil 3

Hanswerner Kruse & Hannah Wölfel

Venedig (Weltexpresso) - In den drei Tagen der Vorbesichtigung für die Promis und die Presse, wurde bereits deutlich, wie sinnenfroh und aufregend die zeitgenössische Kunst sein kann. Aber darf man sich in diesen kriegerischen Zeiten eigentlich an Kunstwerken erfreuen?

Gleich am Eingang zu den Giardini ist eine riesige Säule aus Sandsäcken aufgeschichtet, doch sie schützt keine Skulpturen wie derzeit in der Ukraine. Sie ist hier, nahe des leeren russischen Pavillons, als mahnendes Kunstwerk aufgebaut. Zum Start des Festivals wandte sich Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, per Video sogar an die Kunstschaffenden in Venedig: „Die Welt braucht die Freiheit der Kunst!“

Vor dem leerstehenden russischen Pavillon kommt es immer wieder zu Protesten, die milde von den Carabinieri aufgelöst werden. Ein russischer Künstler hat dafür Verständnis, dass er sein Plakat wieder einrollen muss: „In Moskau wäre man dafür verprügelt und verhaftet worden.“

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Im Arsenale ist eine Wand für den ukrainischen Künstler Pavlo Makov freigemacht worden, hier konnte er seine Brunnen-Skulptur „Fontana dell’ Esaurimento“ (Quelle der Erschöpfung) aus Trichtern wieder aufbauen. Seine Kuratorin hatte sie in Kiew zerlegt und in ihrem Auto nach Venedig gebracht. „Ich habe die Pflicht hier zu sein, die Ukraine muss präsent sein!“

Die Kunst auf der Biennale findet sowieso nicht im luftleeren Raum statt, wie der Goldene Löwe für die Afroamerikanerin Simone Leigh deutlich macht. Ihre riesige Skulptur einer schwarzen Göttin, die eigentlich in New York von der High Line grüßt, empfängt die Leute im Arsenale. Und der US-amerikanische Pavillon ist einzig ihrem Werk gewidmet. Der Löwe für den besten Pavillon ging an Großbritannien, genauer an die schwarze Sonia Boyce, die durch ihre multimedialen Installationen die Kraft weiblicher Gesänge sinnlich erfahrbar macht.


Die Löwen für ihre Lebenswerke teilen sich die Deutsche Katharina Fritsch und die Chilenin Cecilia Vicuña. Fritsch ist in Hessen gut bekannt durch ihre groteske Installation „Tischgesellschaft“ im Frankfurter Museum für Moderne Kunst: 32 identische künstliche Menschen sitzen an einem langen Tisch. Ihre ältere Arbeit im Eingang der Ausstellungshalle in den Giardini, ein lebensgroßer Elefant auf einem Sockel, ist dagegen nicht wirklich überzeugend. Dafür faszinieren umso stärker die surrealen Bilder der Malerin Vicuña (Bild unten), die verträumt und dennoch politisch engagiert sind. Ihre Werke sind emblematisch für den Titel der zentralen Biennale-Schau „Die Milch der Träume“.

1130273Fotos:
(c) Hanswerner Kruse

Info:
Die 59. Biennale begann am Samstag den 23. April und dauert bis zum 27. November 2022.

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