MONUMENTS MEN und die Kunst, Teil 2
Claudia Schulmerich
Berlin (Weltexpresso) – Natürlich geht es nicht nur um die van Eycks, sondern um die Tausende von Gemälden, die in der Wirklichkeit in Depots versteckt, unter Erdschichten verborgen, in Höhlen, vor allem aber Bergwerke gesichert wurden, was der Film nachvollzieht und sie uns beim Abtransport auf Lastwagen oder Waggons zeigt und beim Auffinden in den Verstecken. Das können ja nicht die echten Bilder sein, sehen aber wie diese aus.
Die Verfahren im Film dazu sind vielfach. Teilweise wurden einfach Farbdrucke verwendet, deren Technik heute schon sehr gut ist und die man auf der Leinwand für das Original hält. Aber für diesen Film,wo es in der Hauptsache um die Kunst geht, gab es einen eigenen Maler. Beispielsweise sieht man den feisten und kunstsüchtigen Göring vor einer Bilderwand in Paris stehen, die er – nachdem er die Bilder für den Führer schon verschickt hat – für sich selbst, seine eigene Kunstsammlung vorgesehen hat. Diese hat der Potsdamer Maler Michael Lenz nachgemalt, kopiert also, was ja erlaubt ist und nach dem jüngsten Beltracchi-Skandal deutlich gesagt werden muß. Kopieren ist ein alter Brauch und so lange erlaubt, wie man nicht die Initialen des Ursprungsmalers auf der Kopie verewigt.
Da im Film dauernd Bilder durch die Gegend geschleppt werden, ein Vermeer, ein Rembrandt, ein da Vinci, ein Raffael, ein Cranach – wo blieb eigentlich ein Dürer? - wissen wir nicht genau, welche der Maler Lenz kopierte oder welche als Drucke 'wie echt' im Film wirkten. Aber in der Tat war es noch ein wenig anders. Denn niemals hätte Lenz eine solche Menge von Gemälden imitieren können. Seine Aufgabe bestand darin, die nach fotografischen Reproduktionen gefertigten Bilder daraufhin zu überarbeiten, daß sie im Film wie glänzende, oder auch schon nachgedunkelte, speckige Ölschwarten aussahen, von der Zeit mitgenommen und auf jeden Fall alt aussehend.
Der Zuschauer des Films fragt sich, wo denn diese unglaublich hohe Anzahl von Bildern, die im Film immer wieder gezeigt werden, nach dem Dreh geblieben sind. Hätte man nicht eine Auktion machen können und sie meistbietend versteigern können? Als wir nachfragten, hörten wir nur, sie sind weg. Sie sind nach Amerika gegangen. Ob jetzt einer der reichen Filmproduzenten sich zu Hause den Genter Altar aufbaut? Oder ob, wie in Wirklichkeit immer nur vorübergehend geschehen, der Altar zerstückelt und aufgeteilt ist? Und wo sind die herrlichen Kopien aus Paris, die sich Göring unter den Nagel reißen wollte, ach was, hat und abtransportierte, was dann aufflog.
Einen Teil der Gemälde hat man selbst auf dem Markt gekauft. Vor allem in England gibt es dazu Geschäfte, wo man sich Gemälde ausleihen kann, wovon Gebrauch gemacht wurde. Denn wenn vorne ein berühmtes Gemälde steht, können sich dahinter Gebrauchskunstwerke verstecken, die man nicht mehr genau ansieht, aber weiß, es sind Bilder und aufgrund des guten Bildes vorher an die echten Bilder glaubt. Aber woher sind die Skulpturen, allen voran die Brügger Madonna von Michelangelo, die schon deshalb eine Berühmtheit wurde, weil sie das einzige zu Lebzeiten des Künstlers in den Norden verkaufte Kunstwerk blieb. In Italien fand Ausstatter Bernhard Henrich einen Hof voller Statuen. Diese hatten Cinecittà, Italiens berühmtestem Filmstudio gehört. „Sehr zu meinem Erstaunen befand sich darunter eine Brügger Madonna aus Fiberglas“, erzählt diejenige, der für die Kunst im Film zuständig war,Helen Järvis, Chef-Art Direktorin, die viele Kunstwerke besorgte. Zusätzlich fand man in Berlin einen Bildhauer, der aus hartem Schaumstoff Plastiken nachformt. In New York fand man eine Firma, die Rodins Bürger von Calais, die im Film auch vorkommen, als Repliken mit knapp einem Meter Höhe anfertigen. Auch diese haben wir in Schaumstoff verwandelt.
Eine Sache hatte uns auch interessiert. Da wir St. Bavo aus Gent mitsamt dem Altar kennen – und hoffen, daß nach dem Film ganz ganz viele nach Gent fahren und sich diese Kunstwucht von van Eyck original ansehen -, sahen wir, daß die Filmaufnahmen nie und nimmer von dort stammen. Nur ähnlich sieht es aus. Das liegt daran, daß der Filmausstatter Bissell den Innenraum des Doms zu Halberstadt 'undekoriert' hatte. Der Harz hatte es überhaupt in sich. In den dortigen Bergwerken konnte man gut die Filmteams unterbringen. Deshalb 'doubelten' die Filmemacher sowohl Merkers in Thüringen wie auch Altaussee im Salzkammergut. Beide sehen im Film völlig eigen und original aus. Nun gut, beide hatten wir mit eigenen Augen auch noch nicht gesehen.
Und es ist auch nur die halbe Wahrheit. Denn in den Filmstudios in Babelsberg wurden die Höhlen und Bergwerke nachgebaut. „Es war für uns wichtig“, sagt Ausstatter Bissell, „daß die Zuschauer begreifen, wie viele gestohlene Artefakte die Monuments Men fanden – sogar sie waren von der Menge überrascht.Das mußten wir auf alle Fälle zeigen. Vor der Freude der Entdeckung der Schätze steht das Staunen über die Masse des Diebesgutes.“ Genauso wichtig war es, dies technisch möglich zu machen. „Es gab da viel zu tun“, fährt er fort, „wir mußten Gemälde, Skulpturen, und Kisten fabrizieren. Und um zu zeigen, wie groß diese Schatzkammern waren, mußten wir riesige Räume bauen, auf die zwei Tunnel zuliefen. Das Ganze mußte auch noch so aussehen als läge es 500 Meter unter der Erde.“
Das ist gelungen.