Kunstwerke im Kleinformat im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg
Sybilla von Suden
Nürnberg (Weltexpresso) – In der Tat sind es oft die kleinen Dinge, die das größte Staunen hervorrufen. Bei der Studioausstellung, für die Sie isch viel Zeit nehmen können, die vom27. Februar 2014 bis zum 25. Januar 2015gezeigt wird, geht es um Kunstwerke im Kleinformat. Deutsche Exlibris vom Ende des 15. bis 18. Jahrhunderts.
Wenn man heute die ästhetisch fast immer minderwertigen Taschenbücher betrachtet, dann wären diese schönen Exlibris wirklich fehl am Platz. Wir befinden uns mit ihnen in einer Zeit, als die Druckkunst eine Kunst war und die Bücher eben auch unter ästhetischen Gesichtspunkten hergestellt wurde. Das Exlibri zeigte dann des Besitzers Stolz, ein solches Buch sein eigen zu nennen. Aber doch, es stimmt, nicht jeder weiß heute noch, was das überhaupt sind: die Exlibris.
Fantasievolle, eigens für eine Person entworfene druckgrafische Blätter, die zur Besitzkennzeichnung in Bücher geklebt wurden: das sind Exlibris (lat. „aus den Büchern“), Kunstwerke im Kleinformat. In Nürnberg präsentiert die Graphische Sammlung erstmals aus ihren umfangreichen Exlibris-Beständen eine Auswahl von 53 Blättern – Höhepunkte der deutschen Exlibriskunst aus vier Jahrhunderten. Hinzu kommen neun Exlibris im „Originalzustand“ im Buch aus dem Besitz der Bibliothek.
Erste Exlibris entstanden in Deutschland bereits in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Um 1900 wurden sie dann zu begehrten Sammelobjekten, was sie bis heute sind. Die sorgsam entworfenen Blätter wurden nun häufig aus Büchern herausgelöst und in Mappen zusammengetragen. Das Germanische Nationalmuseum bewahrt rund 40.000 Exlibris, eines der umfangreichsten Konvolute deutschlandweit. Ein Großteil stammt aus der Sammlung des Grafen Karl Emich zu Leiningen-Westerburg (1856–1906), die 1916 angekauft wurde und damals zu den bedeutendsten ihrer Art gehörte.
Große Motivvielfalt auf kleinem Raum
Exlibris zeichnen sich durch einen ungeheuren Reichtum an Motiven und Motti, Größen und Drucktechniken aus. Geschickt mussten Künstler die Darstellungen auf kleinster Fläche komponieren. Die Ausstellung spiegelt die beeindruckende Vielfalt und künstlerische Qualität dieser Gattung wieder und gewährt zugleich Einblick in die individuelle Gedankenwelt der Buchbesitzer. Neben Privatpersonen treten auch öffentliche Bibliotheken oder Institutionen als Eigner in Erscheinung.
Die Studioausstellung zeigt Exlibris aus vier Jahrhunderten, die sich in sechs Themenbereiche gliedern: Ab dem 15. Jahrhundert überwiegen zunächst die Wappenexlibris in unzähligen Variationen, auf denen Wappen einen Besitzer stellvertretend repräsentieren. Parallel dazu sind Porträt-Exlibris populär, die den Bibliophilen in Person zeigen. Der Komplex Bucheigner und ihre Profession konzentriert sich auf die Tätigkeit des Besitzers, während Bibliotheksinterieurs eindrucksvoll die Orte kostbarer Bücherschätze vor Augen führen. Der Bereich Exlibris und Emblematik konzentriert sich auf symbolische Motive. Miszellen, kleine Darstellungen gemischten Inhalts, runden das Bild ab.
Das Anfertigen von Bucheignerzeichen gehörte zu den selbstverständlichen Aufgaben vieler bekannter Künstler. In der Ausstellung finden sich Werke von Albrecht Dürer, Jost Amman, Raphael Sadeler und Johannes E. Nilson. Selbst Goethe fertigte um 1767 für seine Jugendliebe Käthchen Schönkopf ein Exemplar, das in der Präsentation zu sehen ist.
INFO:
Zur Ausstellung ist Band 15 in der Reihe „Kulturgeschichtliche Spaziergänge“ erschienen. Der Begleitband, verfasst von der Kuratorin Dr. Claudia Valter, ist zum Preis von 12,50 € im Museumsshop erhältlich.
Unsere Abbildung:
Johannes Esaias Nilson: Exlibris Johannes Reis, 1756
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg
Foto: Georg Janßen
Die in eleganter Rokokomanier arrangierten Attribute bestätigen die Aufschrift des Exlibris, dass J. Reis (1688–1763) als Chirurg in Augsburg beschäftigt war: Vor dem Schild mit seinen Initialen liegen medizinische Instrumente sowie ein aufgeschlagenes Anatomiebuch nebst Herbarium. Der Kranich rechts spielt zusammen mit dem Kräuterbuch auf die naturhistorischen Interessen des Eigners an.