Über 17.000 äußerst bewegte Besucher sahen „Still bewegt“ in Bad Homburg

 

Rebecca von der Wien

 

Bad Homburg (Weltexpresso) – Fast unsere gesamte Redaktion hatte diese ganz besondere Ausstellung im Sinclair- Haus in Bad Homburg gesehen, die am vergangenen Sonntag mit einem Besucherrekord endete. „Still bewegt. Videokunst und Alte Meister“ war insofern überraschend und darum auch überraschend gut und interessant, weil diese ungewöhnliche Kombination von Gemälden Alter Meister und zeitgenössischen Videostillleben miteinander einen lebendigen Dialog führten.

 

 

Dabei sind einem Alte Meister geläufiger als die meisten der gezeigten Künstlervideos, weil diese voll von Überraschungen steckten. Generell kann man sagen, daß ein Videokunstwerk den Faktor ZEIT immer verinnerlicht hat, wobei die paar Minuten dann einen Zeitraum von Stunden oder Tagen, Wochen und noch länger zusammenschnurren lassen. Auch dabei gibt es generell zwei Möglichkeiten. Geht es um Aufnahmen von Blumen oder Obst beispielsweise, kann man von der blühenden Blume, der reifen Frucht den langsam einsetzenden Verwesungsprozeß zusammenraffen. Ein ästhetischer Schock!

 

Man kann aber auch umgekehrt vorgehen und ein Endprodukt, das nur noch für den Kompost taugt, wenn wir der Prägnanz wegen bei Blumen und Früchten bleiben, sozusagen rückwärts verlebendigen lassen und zum knackig reifen Zustand bringen oder darüberhinaus sogar zum Knospen. Das ist dann oft ein mentaler Schock. Damit sind aber nur eine Sorte der Videos umrissen, deren interessanteste dann sogar weitere Werke sind, in denen sich durch Explosionen, Zerschießen u.a. die Aggregatszustände in ganz anderer Weise ändern. Es gehört zu den Geheimnissen dieser Arbeiten, daß wir noch nicht einmal Worte dafür finden, was auf dem Bildschirm passiert.

 

Da nun treffen sich natürlich Gemälde, ob nun alte Meister oder nicht, grundsätzlich mit den Kunstvideos in ihrer Bildhaftigkeit, die niemals so eloquente Worte für das finden kann, was das Auge und das Hirn, das Herz und das Gemüt auf den Leinwänden sehen, erkennen, erleben können. Darum gibt es ja Bilder, darum gehen wir ja in Museen. Weil sie eine andere Ausdrucksmöglichkeit haben als Worte.

 

Was die Gemälde angeht, die Alten Meister, so war interessant zu sehen, aus welchen Museen sie kamen, schließt man doch daraus auf einen guten Kontakt. Unter diesen Gemälden, die ebenfalls Blumen, Früchte und auch Landschaften im Visier hatten, gehören zu den spannendsten diejenigen aus der Zeit ab Mitte des 16. Jahrhunderts, als Kunst noch keine eigene gesellschaftliche Anerkennung hatte und Darstellungen der Wirklichkeit in Themen wie Marktszenen immer noch im Hintergrund ein christliches Motiv brauchten, was dann auch im Titel zum Ausdruck kam. Besonders beliebt die Szene mit „Christus und die Ehebrecherin“ oder Flucht nach Ägypten etc. , wobei die niederländischen Malernamen Pieter Aertsen und sein Schüler Joachim Beuckelaer einfach fallen müssen, die auch die Bad Homburger Ausstellung bereicherten.

 

Die überraschend große und sehr positive Resonanz spiegelt sich auch in vielen Besucherkommentaren wider, wie sie u.a. auch im Gästebuch zu finden waren: „Diese Ausstellung lädt uns ein, stille zu werden, den Augenblick wahrzunehmen, die – natürliche – Veränderung wahrzunehmen, die Ausdehnung von Zeit zu spüren, zu staunen über diese gelungene Kunstkombination. Vielen Dank!“

 

 

Das umfangreiches Begleitprogramm zur Ausstellung mit ausgesprochen gut besuchten Familientagen und Autorenlesungen – unter anderen lasen Peter Härtling, Wilhelm Genazino und Michael Quast – stützten ebenfalls den großen Erfolg von „Still bewegt“.

An den Vormittagen öffnete das Museum Sinclair-Haus bis 14 Uhr exklusiv für Schulklassen und Kindergartengruppen. Auch hier kamen mit rund 1.400 Kindern und Jugendlichen so viele Besucher wie nie zuvor. Vergessen wir nicht, die Kinder von heute sind die Besucher von morgen, denen Kunstausstellungen zur Selbstverständlichkeit geworden sind.

 

Dr. Johannes Janssen, Direktor Museum Sinclair-Haus kann zufrieden sein: “Wir haben uns sehr drüber gefreut, dass neben dem großen Zuspruch für die Ausstellung „still bewegt“ auch der von Juni bis Oktober 2013 erfolgte Umbau des Museums sehr positiv aufgenommen worden ist. Der einladende und großzügigere Foyerbereich und die Verlegung der Treppe vom Erdgeschoss in das erste Obergeschoss haben sich gerade bei dieser besucherstarken Ausstellung sehr bewährt!“

 

 

INFO:

 

In der kommenden Ausstellung „Reisenotizen“ (16. März – 9. Juni 2014) zeigt das Museum Sinclair-Haus Fotografien von Barbara Klemm gemeinsam mit Zeichnungen von Johann Wolfgang Goethe. Barbara Klemm reiste als Bildjournalistin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung um die ganze Welt und hat — abseits der politischen Schauplätze — ein umfangreiches Konvolut von Landschaftsaufnahmen geschaffen. Für die Ausstellung „Reisenotizen“ folgte sie den Spuren Johann Wolfgang Goethes und, inspiriert von seinen Zeichnungen, entstanden Fotografien, die im Museum Sinclair-Haus erstmals gezeigt und gemeinsam mit den Reisezeichnungen des Dichters ausgestellt werden.

 

 

www.altana-kulturstiftung.de