Hanswerner Kruse
Schlüchtern-Hutten (Weltexpresso) - „Schreiben Sie was Kritisches“, ermuntert ein KulturWerker den Schreiber zum Abschied. Das kann er haben, denn einige Besucherinnen waren enttäuscht, weil Detlef Heinichen (Theatrium Steinau) den Rundgang durch die Land Art nicht begleitete. Gründe wurden nicht genannt. In den letzten Jahren umschrieb der Schauspieler poetisch die Kunstwerke in der Landschaft mit Gedichten und Theaterspiel.
Stattdessen führten jedoch kenntnisreich die beiden Kunstschaffenden Annegret Droste und Werner Obländer durch Wald und Wiesen am Heiligenborn., Sie stellen hier selber aus, waren aber beim Rundgang zur Eröffnung bereits präsent. Sie suchten den Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern, fragten häufig nach deren subjektiven Eindrücken.
Überraschenderweise gab es die heftig beim Objekt „...ab durch die Mitte“ von Nicole Jänes. Einige Besucherinnen empfanden die Arbeit aus Strumpfhosen und Holzstämmen „sexistisch“ oder „provokativ“ - auf jeden Fall aber als ein kritisches Kunstwerk. „Man geht ja ‚auf dem Strich’ wenn man da durchgeht“, hieß es. Das kann man sicher so erleben, der Schreiber dieser Zeilen war eher von der Nutzung des Materials fasziniert. Rechts die naturhaften Stämme, links die künstlichen und etwas obszönen Strumpfhosen mit ausgeweitetem Schritt und einem Stein zum Belasten im Fußteil.
Apropos naturhaft. Die Natur wird zur Galerie, wenn Kunstschaffende ihre Objekte nicht in der Landschaft oder mit natürlichen Materialien vor Ort erarbeiten, sondern fertig vorbeibringen. Aber seitdem die, einst strenge Land Art in den 1970er-Jahren aus den USA nach Europa kam, wurden hier sowohl der ökologische Aspekt als auch die Ausweitung zur Natur-Kunst verstärkt. Das ist auch bei den KulturWerkern zu beobachten. Oft wird die Situation der Natur kritisch hinterfragt: „Ist das noch Natur, was da drin ist“, erkundigte sich Gerwin von Monkiewitsch bei den Besuchern zu seinem in Plastik verpackten Heuballen (wir berichteten). Hier hätte Heinichen vielleicht Bertolt Brecht zitiert: „Für eine Spinne gehört, wenn sie den gleichen Begriff der Natur verwendet, ihr Netz nicht zur Natur, wohl aber ein Gartenstuhl.“
Nicole Jänes mit ihren vielfarbigen Installationen aus Alltagsgegenständen oder Jens Grundschock mit seinen bunten Betonkissen konfrontieren die Landschaft mit ihr fremden Materialien. Die Objekte wirken einfach schön und spannend, verfolgen aber keine öko-moralischen Absichten.
Beim Rundgang verändert sich die Wahrnehmung - ist das Kunst fragt man sich bei bemoosten „Steinsesseln“ oder farbigen Bienenstöcken. Im kleinen Wäldchen hat der Sturm „Kyrill“ durch abgefallene Äste ein „Birkenmikado“ angerichtet, es erscheint im Flyer des KulturWerks als seine Arbeit. Eine Besucherin untersucht akribisch den „Stammsitz“, ob und wie durch den edel wirkenden Stuhl ein Baum gewachsen sein könnte.
Gelegentlich entdeckt man alte, von der Natur zurückeroberte Arbeiten aus den vergangenen zehn Jahren: Riesige aufeinander getürmte Steine, das große Nest in einem Baum, verwitterte geschnitzte Skulpturen. Der kritische KulturWerker Obländer wollte nichts Neues schaffen und schaute, was aus den verbliebenen Resten der vergangenen Jahre wurde. Seinem alten Holzobjekt fügte er einfach viele kleine, künstliche Gegenstände hinzu.
Foto:
(c) Hanswerner Kruse
Info:
Weitere Termine des KulturWerks : 28. August Musik, 18. September Tanz zum Abschluss
Ansonsten kann man das Gelände zu jeder Zeit begehen. Das Programm und die Wegbeschreibung liegen vor dem (derzeit geschlossenen) Bergrestaurant aus.
Weitere Infos der Veranstalter liegen nicht vor. Adresse: Bergrestaurant, Hutten-Heiligenborn