Zu zwei interessanten und liebenswerten Haus-Ausstellungen „Georg Ernst Harzen“ und „Wilhelm Werner“ in der Kunsthalle Hamburg, Teil 2

 

von Claudia Schulmerich

 

Hamburg (Weltexpresso) –Da kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Da dachte man, man hätte mit der Person des Alfred Lichtwark den im Gedächtnis, der die Hamburger Kunsthalle errichten ließ, nein, nicht als reicher Bauherr, sondern als derjenige, der einen Kunsttempel als wichtigsten Bestandteil für eine soziale Gemeinschaft von ehrbaren Bürgern für nötig hielt und der generell dem kulturellen Erbe verpflichtet war und mit einem Museum immer die Kunsterziehung des Volkes verband, nicht nur im Herzen und im Kopf, sondern auch mit den Händen, als Tätige.

 

Das bleibt ja auch richtig, daß Alfred Lichtwark der erste Direktor der Hamburger Kunsthalle war und derjenige, der für alle Zeit die Kunsthalle als eine Bastion für die damalige moderne, aber verfemte Kunst errichtet hat, die man heute als Klassische Moderne feiert, aber auch Künstler wie Caspar David Friedrich und den Hamburger Philipp Otto Runge regelrecht entdeckte, von denen auch viele Werke in Hamburg hängen. Was aber falsch ist, das ist, daß er die Kunsthalle selber begründet hat. Dies – und man glaubt es sofort, wenn man staunend diesen einen kompakten Museumsraum durchschreitet, schaut und liest – ist Georg Ernst Harzen (1790-1863) – Kunsthändler, Sammler und eben Begründer der Hamburger Kunsthalle, wie es an der Wand steht und wie es ein anregendes Buch über ihn beweist.

 

Er hat zudem 1869 mit seiner Schenkung den Grundstock des Museumsbestandes gelegt. Wie? Er starb doch schon 1863. Das schon, aber er hatte in seinem Testament von 1856, das das von 1846 änderte, seinen gesamten Kunstbesitz gegeben an: „die hiesige Städtische Galerie, indem ich solche als die Grundlage eines zu bildenden allgemeinen Kunstmuseums betrachte…“Damals hatte er schon 20 Jahre auf die Verwirklichung eines allgemeinen Kunstmuseums gewartet, das dann als „Bau einer Kunsthalle in Hamburg“ tatsächlich nach und nach verwirklicht wurde.

 

Die Kiste mit seinen Schätzen dürfe man erst auspacken, wenn das Museum stünde. So erklärt sich auch die Differenz zwischen dem Todesjahr 1863 und der Schenkung 1869, also sechs Jahre später. In der Ausstellung erfährt man Genaueres, auch das Geschäftliche mit J.M. Commeter, vor allem aber, daß sich Harzen mit 60 Jahren den Ruhestand verordnete, was nur hieß, daß er nun mit voller Leidenschaft und aller verfügbaren Zeit die kunstgeschichtliche Forschung betrieb und seine Bestände ordnete.

 

Das Schönste an dieser Kabinettausstellung ist dann die Überraschung, wie begabt Harzen selbst als Zeichner und Radierer war. Was täte man dafür geben, man könnte das so. Sicher, manches erscheint Vorbildern nachgeahmt. Aber auch dies muß man erst mal können! Heute hängen sie im Hamburger Kupferstichkabinett, die Federzeichnungen vom Elbufer oder dem Sachsenwald. Wald, immer wieder Wald, ist es, den er besonders gerne als Sujet verarbeitet. Es sind Bäume, es sind Anhöhen, es ist die Elbe und ihr Ufer, Harzen war auch ein großer Naturfreund und wir haben in ihm einen, der noch die verschiedenen Künste nicht nur mit dem Kopf studierte, sondern auch mit der Hand gestaltete.

 

Dies ist eine Ausstellung, die einen auch nachdenklich macht, wieviele Schultern eine Aufbauarbeit nötig gemacht hatten, auf denen wir heute den äußerst vielfältigen Museumsbestand Deutschlands genießen. Das sind so Ausstellungen, die man schon deshalb machen muß, weil sie das kulturelle Gedächtnis bereichern.

 

 

Bis 15. Januar 2012  Wilhelm Werner

Bis 8. Januar 2012  Georg Ernst Harzen

 

 

Hilfreiche Bücher zu den Ausstellungen

 

Ulrich Luckardt: Die Sammlung des Hausmeisters Wilhelm Werner, mare Verlag 2011

Kurator und Verfasser Ulrich Luckardt sieht den Hausmeister als stillen Helden und gibt Einblick in dieses Leben, das sich Otto Normalverbraucher so nie vorstellen täte. Obwohl man gewarnt sein müßte, als unwissender Leser, denn ein gewisser Thomas Bernhard hat schon 1985 seine ALTE MEISTER veröffentlicht und damit auch einem Museumsaufseher im Kunsthistorischen Museum in Wien ein Denkmal gesetzt. Übrigens, ein anderer Aufseher im Belvedere schreibt Gedichte und trägt sie stundenlang aus dem Kopf vor.

Sehr viel bodenständiger hat sich die Arbeit des Wilhelm Werner entwickelt. Werner war Tischler, so etwas erfährt man dann aus dem Buch, als er sich beim damaligen Direktor Gustav Pauli um die Anstellung an der Hamburger Kunsthalle bewarb. Luckardt zeichnet liebevoll und detailreich den Lebensweg nach und zeigt auf, wie es nach und nach zu der umfangreichen Sammlung kam, die heute den Erben gehört, die sie dem Museum zur Ausstellung der Ehre ihres Großvaters ausliehen.

 

Silke Reuther, Georg Ernst Harzen, Kunsthändler, Sammler und Begründer der Hamburger Kunsthalle, Deutscher Kunstverlag 2011

 

Dieser Band ist gewichtiger, d.h. ist auch ohne die Ausstellung eine aufschlußreiche Kulturgeschichte über die Hamburger Situation hinaus, auch wenn Silke Reuther diese natürlich zum Ausgangspunkt ihrer Monographie über den Prototypen eines selbst Kunstinteressierten, aber auch an der Vermittlung der Kunst für andere Engagierten macht.

Im Buch sind ständig die persönlichen Lebenswege und die historischen Gegebenheiten verschränkt. Wie im wirklichen Leben also.

 

Wie es war, in Altona aufzuwachsen – damals Dänemark zugehörig – das liest man genauso interessiert als allgemeine Geschichtsdarstellung wie die obligate Reise nach Italien 1819-1820. Damals ging der Weg nach Italien über Leipzig und Dresden, was das Zusammentreffen mit den dort lebenden Künstlern einschloß. Wie schön zu lesen: „Harzen besuchte Freiberg mit seinen mittelalterlichen Kirchen und der seit 1765 existierenden Bergakademie.“(29). Dort nämlich studierte auch Novalis und C.D.Friedrich und sein Freund Dahl (nein, kein Däne, sondern aus Bergen, was damals dänisch war)  und so wird das Buch beim Weiterlesen ein Kompendium über den typischen Kultur- und Naturerlebenden, der sich durch Reisen bildet. Es geht nach Nürnberg, nach Wien und dann endlich Italien!

 

Aber das ist nur Vorgeplänkel, denn tatsächlich geht es zur Sache, wie Harzen mit Freund Johann Matthias Commeter ein Kunstlager errichtete, wie sie als Kunsthändler, Makler und Auktionatoren ein Geschäft zusammen aufbauten, dann trennten und ‚Harzen am Neuenwall‘ eine Institution wurde.

 

Entscheidend, daß er dann das Geschäft aufgibt und Privatier wird, seine Sammlung wissenschaftlich ordnet, gezielt dazu erwirbt, aber längst schon das Museum für alle im Blick hat und mit großer Menschenkenntnis solch ein öffentliches Museum für Hamburg schlau und verwegen  in Gang setzt. Vorbild ist ihm das Frankfurter Städel, ebenfalls eine Stiftung, aber von dem Maler Passavant durch hervorragende Käufe zu einer künstlerischen Plattform des 19. Jahrhunderts gestaltet.

 

Seine eigene Sammlung, die also der zukünftigen Kunsthalle vermacht ist, wird dann – wie auch die Reisetagebücher und Tagebücher sowie die graphischen Künste - im einzelnen dokumentiert und mit dem Blick zurück in der Wirksamkeit für die heutige Kunsthalle gewürdigt.

 www.hamburger-kunsthalle.de

 

Info:
Mit freundlicher Unterstützung des Maritim Hotel Reichshof in Hamburg, ideal gelegen gegenüber dem Hauptbahnhof und der Hamburger Kunsthalle, nahe dem Bucerius Kunst Forum und den anderen Museen. Für uns hat dies Hotel den Charme des Unterwegseins von ehedem, mit großzügigem Zuschnitt des Hauses und ebensolchen Zimmern und Bädern mit hohen Decken. Zudem bieten ein Schwimmbad und Saunen den seelisch-körperlichen Komfort, der ausstellungsgestreßten Menschen äußerst wohltut. Daß dann noch ein Businesscenter für kostenlosen Internetzugang sorgt und dafür, daß man in Ruhe seine Artikel redigieren und in die Zeitung einsetzen kann, ist dann noch das I-Tüpfelchen.
 
www.maritim.de
 
 
Reiseführer zu Hamburg


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