st presse Madonna Buergermeister webStädel erhält bedeutende Leihgabe für die Ausstellung  HOLBEIN UND DIE RENAISSANCE IM NORDEN

Claudia Schulmerich und Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wer erinnert sich nicht? Das gehört zu den großen Skandalen, daß Geld die Welt regiert. Eigentlich gehört die DARMSTÄDTER MADONNA, heißt sie denn nicht mehr so?, nach Darmstadt, wo sie seit langer Zeit im Schloßmuseum ziemlich ungesehen thronte. Sie gehörte der Familie der Landgrafen von Hessen, die einst in Darmstadt residierten. Als das Schloß renoviert wurde, kam die Madonna als Leihgabe ins Frankfurter Städel, wo naturgemäß diese Madonna eine viel größere Präsenz entfaltete und ein Publikumsmagnet wurde. Und dann das! Die gräfliche Familie wollte das Bild verkaufen. Das Land Hessen sorgte schnell dafür, daß es. nicht ins Ausland kam, was ursprünglich Absicht gewesen war. Dann schlug der Unternehmer, als Schrauben-Würth bekannt Gewordene zu, kaufte die Madonna uns stellt sie in seinem Museum aus, dann dauerhaft in einer Kirche. 

Jetzt also ist sie wenigstens im Rahmen einer Ausstellung wieder zu sehen! Sie gilt als eines der größten Meisterwerke der deutschen Renaissance: Die Madonna des Bürgermeisters Jacob Meyer zum Hasen (1526–1528) von Hans Holbein dem Jüngeren. Ab dem 2. November 2023 wird das berühmte Gemälde in der großen Ausstellung „Holbein und die Renaissance im Norden“ im Städel Museum präsentiert. Damit ist das Werk nach mehr als 10 Jahren wieder in Frankfurt zu sehen.

Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Gemälde im Besitz der Großherzöge von Hessen und bei Rhein und bis 2003 im Schlossmuseum Darmstadt gezeigt worden, ehe es ab dem Jahr 2004 im Städel Museum ausgestellt wurde. 2009 fiel der Entschluss der Eigentümer, das Gemälde zu verkaufen. Trotz gemeinsamer Anstrengungen von Eigentümern und Städel Museum ließ sich weder ein Erwerb durch das Städel Museum noch eine Sicherung des Bildes für die Öffentlichkeit im Zuge einer steuerlichen Vereinbarung mit dem Land Hessen realisieren. Das Gemälde, welches also auf der Liste national wertvollen Kulturgutes verzeichnet und damit vor dem Export geschützt ist, wurde in der Folge durch den Unternehmer, Sammler und Mäzen Reinhold Würth erworben, der es der Öffentlichkeit seit 2012 in der Johanniterkirche zu Schwäbisch Hall zugänglich macht. Als bedeutende Leihgabe der Sammlung Würth wird Holbeins Madonna gemeinsam mit rund 130 herausragenden Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken von weiteren wegweisenden Künstlern der Renaissance aus den bedeutendsten Museen Europas in einer Ausstellung gezeigt.

Städel Direktor Philipp Demandt sagt: „Holbeins Madonna ist ein Schlüsselwerk unserer großen Ausstellung zur Malerei der Renaissance. Als Städel Direktor bin ich sehr glücklich über diese bedeutende Leihgabe aus der Sammlung Würth. Dem Hohenloher Unternehmer, Kunstsammler und Mäzen ist es zu verdanken, dass dieses Meisterwerk noch immer zu sehen ist – er allein war es, der die Verpflichtung wahrnahm, dieses Werk zu sichern und für die Öffentlichkeit zu erhalten. Das Städel Museum, vor mehr als 200 Jahren aus privatem Stiftergeist entstanden, betrachtet diese großzügige Leihgabe auch als Würdigung seiner Arbeit. Denn mit Reinhold Würth, der seine bedeutende Kunstsammlung in fünf Museen und zehn Kunstdependancen kostenfrei dem Publikum zur Verfügung stellt, verbindet uns die Absicht, Kunst für Menschen zugänglich zu machen und immer wieder neu zu betrachten.“

Der Sammler und Unternehmer Reinhold Würth über sein Engagement: „Kunst verbindet Menschen, und sie inspiriert, zum Nachdenken und zum Eintauchen in andere Welten. Unsere Museen sind im Prinzip die demokratischsten Orte, hier sind alle gleich. Seit 2012 begeistert die Madonna von Hans Holbein dem Jüngeren nun die Besucherinnen und Besucher aus nah und fern in Schwäbisch Hall. Es ist mir eine große Freude, dass das Gemälde ab diesen Herbst in der großen Ausstellung zur Malerei der Renaissance des Nordens in Frankfurt präsentiert wird. Ich bin mir sicher, dass dem Städel Museum einmal mehr eine ebenso innovative wie wunderschöne Ausstellung gelingen wird.“

Ein Höhepunkt der Ausstellung ist das Zusammentreffen von Holbeins Madonna aus der Sammlung Würth mit der Solothurner Madonna (1522, Kunstmuseum Solothurn), die ebenfalls von Holbein dem Jüngeren gemalt wurde. Die Städel Schau „Holbein und die Renaissance im Norden“ (2. November 2023 – 18. Februar 2024) zeigt mit Blick auf die bedeutende Reichsstadt und Handelsmetropole Augsburg einen Überblick über die Entwicklung der Kunst zwischen Spätgotik und beginnender Neuzeit. Allen voran waren es die Maler Hans Holbein der Ältere und Hans Burgkmair der Ältere, die in Augsburg neue Möglichkeiten der Malerei erprobten. Nicht umsonst gelten sie neben Albrecht Dürer als Wegbereiter der deutschen Renaissance, die Holbein der Jüngere endgültig europaweit bekannt machte.

Zur Darmstädter Madonna gehört ein wesentlicher Faktor der Kunstgeschichte oder anders ausgedrückt: Sie bildet den Sieg der Kunsthistoriker über die Maler. Um das zu verstehen, muß man in die Geschichte des 19. Jahrhunderts zurück und nach Dresden in die berühmte Gemäldegalerie blicken. Dort hängt nämlich ebenfalls eine Madonne von Holbein, die Dresdener Madonna, die der Darmstädter äußerst ähnlich ist. Es ist klar, daß es sich einmal um das Original und seine Kopie handelt. Nun war überliefert, daß die Dresdener Madonna das Original sei. So hatten es die Maler der Zeit festgelegt. Die noch in den Anfängen stehende wissenschaftliche Betrachtung von Bildern, die gerade entstehenden Gilde der Kunsthistoriker kamen aber zur Überzeugung, daß die Darmstädter Madonna das Original sei. Die beiden unterscheiden sich in der Anlage der Madonna. Die Darmstädter ist sehr viel herber, während die Dresdener lieblich ist. Und der Stil der Zeit war lieblich. Deshalb kamen die Maler im 19. Jahrhundert und davor wohl auch, darauf, daß die Dresdener Madonna das Original sei, einfach, weil sie besser in ihre eigenen ästhetischen Vorlieben paßte. Doch die Kunsthistoriker konnten beweisen, daß es umgekehrt ist, daß die Darmstädter Madonna das Orignal ist. Für Darmstadt hängt noch mehr Geschichtliches an diesem innigen Gemälde: die Verbindung zur Stadt Basel in der Nachkriegszeit. Denn Darmstädter Kinder durften die Kriegsschrecken vergessen und zur Erholung nach Basel kommen. Ach, es gibt so viele Geschichten rund um die Darmstädter Madonna. Freuen wir uns, daß sie wieder - wenn auch auf Zeit - nach Frankfurt kommt. Ab dem 2. November also. 

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©Städel