Serie: MAX SLEVOGT: Vier Ausstellungen in Mainz und auf Schloß Villa Ludwigshöhe in der Pfalz, Teil 2

 

Hubertus von Bramnitz

 

Mainz (Weltexpresso) - Bei der Person Max Slevogts liegt es einem schon nahe, daran zu erinnern, daß der Nationalsozialismus die deutsche Kunstgeschichte gravierend zerstört hat. Denn mit dem Thema 'entartete Kunst' wurden vorrangig die Künstler aus Deutschland vertrieben oder in den Konzentrationslagern ermordet, die unter Schubladen wie Expressionismus oder Neue Sachlichkeit fallen.

 

Mal ganz abgesehen von denen, die einfach im nationalsozialistischen Sprachgebrauch, nämlich laut Nürnberger Gesetze Juden hießen und umgebracht wurden, so sie sich nicht retten konnten, wobei die Malweise keine Rolle mehr spielte. Nach dem Kriege im jungen Nachkriegswestdeutschland spielte die Malweise aber wiederum eine große Rolle. Denn die Kinder und Jugendlichen beschäftigten sich ernsthaft mit der Kunst des Expressionismus und Namen wie Max Beckmann, Kirchner, Emil Nolde, Paul Klee, Max Ernst... waren in aller Munde, was sich auch in Publikationen und Kunstausstellungen wiederfand.

 

Die Deutschen Impressionisten allerdings waren fast vergessen, während die Malerei des Impressionismus französischer Prägung in allen Museen hing und in allen Sammlungen der westlichen Welt, die bis Israel reicht, galt doch Frankreich als Hort der Malerei. Übrigens ein Grund, warum Maler wie Gustav Klimt oder Egon Schiele in großen Sammlungen fehlen und auch in den Museen außerhalb Österreichs nur wenig präsent sind. Unter den Deutschen Impressionisten galt dann das Dreigestirm Liebermann, Corinth, Slevogt als die 'Hauptmacker', wobei bei zweien besonders auffällt, daß sie fehlen: daß ist zum einen Lesser Ury (1861-1931) und Emil Orlik (1870-1932), die zu Lebzeiten zu den Großen gehörten, wobei Emil Orlik, dessen Vater Jude aus Prag war, sozusagen rechtzeitig starb. Sein Werk aber haben die Nazis vernichtet und in alle Winde verstreut. Bei Lesser Ury, der seit 1906 der Berliner Secession angehörte, den der einflußreichste Impressionist: Max Liebermann gerne herunterputzte, ist dies außerordentlich kompliziert und muß einmal gesondert dargestellt werden.

 

Nun kann auch nicht die Geschichte der Sezessionen in Berlin, ihren Ursachen und Verläufen hier nachgegangen werden, aber es ist wichtig, daran zu erinnern, daß Maler zu anderen Zeiten sehr viel mehr als heute „Bewegungen“ angehörten, die sich in den jeweiligen Gesellschaften erst durchsetzten mußten, wozu eben die Bündelung und Konzentration gemeinsamer Ansichten und Interessen gehört. Für den Deutschen Impressionismus gilt, daß dieser hier erst rund 20 Jahre nach dem Aufkommen in Frankreich einsetzte, also in einer Zeit, die gemeinhin in der internationalen Kunstgeschichte als SPÄTIMPRESSIONISMUS gekennzeichnet wird.

 

Für den Deutschen Impressionismus gilt die „plein-air-Malerei“, die Farbfleckenmalerei und die Bedeutung des Lichts in gleicher Weise, die Deutschen haben aber nie so absolut auf die Linie verzichtet wie die Franzosen, was ein interessanter Aspekt ist, und sie haben die Sonne als Himmelskörper auch nicht derart in den Mittelpunkt gestellt, sondern Licht und Schatten auch durch andere Wetterphänomene auf die Leinwand gebracht. Das ist nun eine ganz grobe Charakterisierung, die zudem auf Liebermann, Corinth und Slevogt bezogen sehr zu differenzieren wäre. Kurz gesagt war der 'King' unter den Impressionisten Max Liebermann. Der wurde als Ältester am 20. Juli 1847 in Berlin geboren und überlebte seine Kollegen alle beide, als er am 8. Februar 1935 in Berlin mit Verachtung für die Nazis starb.

 

Lovis Corinth, eigentlich Franz Heinrich Louis wurde am 21. Juli 1858 Ostpreußen geboren, lebte in München und Berlin und dann am Walchensee/Bayern und starb 1925 in Zandvoort/ Niederlande. Er gehört zu den wenigen, deren Werke als Übergang vom Impressionismus in den Expressionismus gelten können und wurde von den Nazis mißachtet, beschlagnahmt und teuer ins Ausland verscherbelt. Ihm hatte vor Jahren das Museum d'Orsay in Paris die erste Retrospektive ausgerichtet, die so sensationell besucht und beachtet wurde, daß die französischen Zeitungen schrieben: DIE DEUTSCHEN KÖNNEN MALEN. Ähnliches war zuvor mit Max Beckmann geschehen, denn die Folgen der Nationalsozialistischen Ächtung sind nicht nur für Deutschland, sondern auch den Bekanntheitsgrad im Ausland gravierend.

 

Max Slevogt war von den Dreien der Jüngste, am 8. Oktober 1868 in Landshut geboren und in Würzburg aufgewachsen. Schon 1884 ging er nach München an die Akademie der Bildenden Künste und im Jahr 1889 nach Paris. Seine Münchner Bilder, die auch in der Mainzer Ausstellung zu sehen sind, haben noch diesen bräunlichen Atelierton, der für die akademische Malerei typisch und gefordert war. Als er anfängt, die dunkle Farbpalette gegen eine helle, ja bunte zu tauschen und sogar Freilichtmalerei wagt, führt dies in München zum Eklat.

 

Stärker als für Corinth war für Slevogt das Aquarell, ja Bühnenbilder, vor allem aber Zeichnungen und Druckgrafik sowie Illustrationen für Bücher und Zeitschriften wichtig. Als seine Bilder in München durch die Nichtaufnahme in die Jahresausstellungen abgewehrt und mißachtet wurden, ging er 1901 nach Berlin, was im gleichen Jahr auch Lovis Corinth tat, weil die Berliner Secession, in die beide eintraten, den künstlerischen Boden bereitete, auf dem beide Maler in Berlin reüssierten. Interessant übrigens, daß der in Berlin erfolgreiche Prophet viel später vom Bayerischen Prinzregenten Luitpold zum Professor ernannt wurde. Sein berühmtes DAS CHAMPAGNERLIED oder DER WEISSE D'ANDRADE, das den portugiesischen Bariton d'Andrade zeigt, der in Berlin als Don Giovanni begeisterte, gehört bis heute zu den 'musikalischsten' Bildern, weil Musik und impressionistische Malerei eine Einheit eingehen.

 

Das Jahr 1914 ist ein Wendepunkt in Slevogts Leben. Er fährt nach Ägypten, was seine Palette erneut aufhellt, vor allem die Aquarelle und Zeichnungen voranbringt. Er ersteigerte das Landgut Neukastel in der Südpfalz seiner Schwiegereltern, wo er schon seit Jugendtagen verkehrte und das nun endgültig zu seinem Lebensmittelpunkt wird. Der Erste Weltkrieg und seine Beteiligung als Kriegsmaler sind ein weiterer Wendepunkt in menschlicher und künstlerischer Hinsicht. Während der Weimarer Republik bleibt er ein anerkannter Künstler und stirbt am 20. September 1932 in Neukastel.

 

 

Info:

 

www.landesmuseum-mainz.de

www.rdke.rip.de

www.max-slevogt-galerie.de

www.schloss-vill-ludwigshoehe.de