Große Gladiatorenausstellung im Archäologischen Museum Frankfurt, Teil 1: Die Eröffnung
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Da lernt auch unsereiner noch eine Menge: die furchteinflössenden Gladiatoren, geborene Fleischfresser, wie man denkt, waren das mitnichten : sie waren Getreideesser, erzählt uns Museumsdirektor Egon Wamers in der Führung nach der Eröffnung, die aber nun zuerst drankommt. Und wir schreiben nur über sie, weil sie eine von den intelligenten und lehrreichen war.
Öfter hatte der besonders launig aufgelegte Egon Wamers die Lacher auf seiner Seite. Man konnte sich aber auch so richtig vorstellen, daß es einem Museumsdirektor gut geht, nach getaner Arbeit eine so außergewöhnliche Ausstellung in Frankfurt präsentieren zu können, die Rossella Rea, Direktorin des Colosseums in Rom möglich gemacht hatte – die deshalb immer wieder besonders herzlichen Beifall erhielt. Sie hatte zwar die Trümmer -die dann in der Ausstellung zu bestaunen sind, also wirklich Originale aus Rom und in ihrer Funktion deutlich sichtbar gemacht, indem zu den geformten riesigen Steinen in einer Architekturskizze oben drüber genau angezeigt ist, aus welchem Teil des Colosseums sie stammen - , also , sie hatte zwar die Trümmer nicht selber hierher getragen, aber sie hatte es möglich gemacht, daß die Frankfurter bekamen, was sie wollten. Und warum sie das wollten, das begründete der Museumsdirektor überzeugend.
„Mit ‚Gladiatoren. Tod und Triumph im Colossevm‘ inszenieren wir ein Thema, dessen Bedeutung für die Kultur, Gesellschaft und Politik des Römischen Reiches kaum überschätzt werden kann. Ein halbes Jahrtausend lang waren der Kampf von Gladiatoren und die Tierhetze in der Arena fester Bestandteil römischer Selbstinszenierung und Selbstvergewisserung. Am Anfang, im 3. Jahrhundert vor Chr. oder gar noch früher, standen rituelle Zweikämpfe im Rahmen von Bestattungszeremonien hochrangiger Adeliger. Der Zweikampf war zunächst eine Ehrenveranstaltung für Verstorbene einer elitären Kriegergesellschaft; er war aber zugleich zeichenhaftes Symbol für die Überwindung des Todes – ganz ähnlich wie die erfolgreiche Jagd gegen wilde Tiere, die noch auf spätantiken, auch christlichen Sarkophagen Metapher für Todesüberwindung und Jenseitshoffnung waren. Diese religiöse Grundierung hat der Kampf in der Arena nie ganz verloren…“, führte Egon Wamers aus.
Das nun war für viele der Eröffnungsgäste neu, denn Gladiatoren kennen sie zumeist nur aus den Hollywoodschinken, zu denen man Sandalenfilme sagt, was nicht stimmt, sieht man sich die Ausrüstung der echten alten Gladiatoren an, mit metallenen Beinschienen etc.. Aber, wie gesagt, von der Ausstellung erst später. Denn erst sind wir noch im Überbau, den uns Egon Wamers ausgesprochen locker und hintergründig in einem vermittelt. Es ging um die religiöse Grundierung der Wettkämpfe in der Arena, zu denen der Hausherr, der die Eröffnung im benachbarten herrlichen Refektorium des Karmeliterklosters abhalten konnte, für uns für immer der Ratgebsaal, denn auf die spätmittelalterlichen Wände malte Jörg Ratgeb die Geschichte des Ordens, so um 1520, viel zu berichten hatte. Der religiöse Rahmen paßte also richtig gut zur Weiterführung des Redners: „Auch andere Wettkämpfe wie etwa die olympischen Spiele waren ja anfangs rein religiöse Veranstaltungen der kriegerischen Adelsgesellschaften der Metallzeiten. Vor allem in der Hochzeit der Gladiatur, im 1. und 2. Jahrhundert n.Chr., galt der Kampf Mann gegen Mann oder Mann gegen Bestie immer noch als (Über-)Lebenskampf. Im stoischen Todesmut der Gladiatoren und in ihrer kämpferischen Selbstbehauptung sah man die zentralen altrömischen Tugenden, die man begeistert feierte und die die Kaiser dem Publikum als vorbildlich vor Augen führen wollten. Und schließlich waren die Großveranstaltungen auch eminent politische Ereignisse, bei denen die gesamte Gesellschaft in allen ihren Schichten vom Freigelassenen bis zum Kaiser, dem Pontifex Maximus, zusammenkam und gemeinsam das Urteil über die unterlegenen Gladiatoren fällte.“
Ein weiterer Aspekt seiner Rede galt Wamers dem neuen Bautypus: der Arena für Großereignisse. Uns bis heute geläufig und doch eigentlich ein Siegeszug des römischen Ursprungs, des Colosseums.
„Die ovale Arena mit aufsteigenden Besucherrängen ist bis heute die zentrale Architekturform für sportliche Massenereignisse; und die Fußballarenen der Welt haben heute ebenfalls eine quasireligiöse Faszination erlangt; große Fußballspiele sind Hochämter der modernen säkularisierten Gesellschaften. Kaum andere Ereignisse können so sehr zur Identifikation von Nationen, Regionen oder Städten beitragen wie Fußballkämpfe in der Arena. Und genauso wurden in der Antike auch das Amphitheater und die munera (Spiele) als Ausdruck römischer Identität empfunden. In dieser Ausstellung wird die Arena an ihrem prominentesten und gewaltigsten Beispiel behandelt: dem Colosseum.“, sprach Egon Wamers und war noch lange nicht fertig mit seiner Eröffnungsrede, einer schlüssigen Einführung zur Ausstellung. Fortsetzung folgt.
INFO:
Gladiatoren. Tod und Triumpf im Colossevm“ bis zum 1. März 2015 im Archäologischen Museum, Karmelitergasse 1
Auf die Ausstellung und das Begleitprogramm gehen wir in weiteren Folgen noch ein.