Serie: Das Hessische Landesmuseum Darmstadt nach sieben Jahren wieder neu, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Darmstadt (Weltexpresso) – Die Neueröffnung eines sieben Jahre lang sanierten Baus muß spektakulär sein, denn spektakulär ist nicht nur die Zeit, sondern sind auch die Kosten, die in Darmstadt keiner verschweigt, weder der Minister für Wissenschaft und Kunst, Boris Rhein, der nun eröffnen durfte, noch Museumsdirektor Theo Jülich, der all die Jahre diese Sanierung gestemmt hatte, wobei er immer auf seine Mitarbeiter verweist, von denen es  83 gibt.

 

Die Baumaßnahmen begleitet haben natürlich auch die Bau-Experten aus Wiesbaden, die sichtbar stolz auf das Ergebnis sind – und sein dürfen. Es ist wirklich ein Gemeinschaftswerk, so kündete der Museumsdirektor, der sich müde und glücklich fühlte ob der Güte des Erreichten, aber auch ob des öffentlichen Zuspruchs und Lobes eines solch gewaltigen Unterfangens: sieben Jahre Sanierung. Das ist schon biblisches Maß, und sicherlich werden auf die sieben mageren Jahre sehr viel mehr als nur sieben fette folgen. Die Kosten waren von eingeplanten 50 Millionen auf 80 Millionen gestiegen, was mit Marodem hier und dort  zu tun hatte, was erst während der Sanierung entdeckt wurde und nicht nur die Kosten steigerte, sondern auch die Zeit der Sanierung.

 

Auch jetzt sind nur Teile der Sammlung öffentlich sichtbar, so umfangreich sind diese erst einmal von den Landgrafen von Hessen-Darmstadt zusammengetragenen Schätze, wobei die Landgräfin Henriette Karoline den Grundstock der naturwissenschaftlichen Bestände  des heutigen Landesmuseums legte, deren Sohn, Landgraf  Ludwig X.  von Hessen-Darmstadt, nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches 1806 als Großherzog Ludwig I. von Hessen reüssierte. In seine Zeit fallen die Ankäufe der mittelalterlichen Altäre – Mittelalter war im prosperierenden 19. Jahrhundert  rückwärtsgewandt und nicht viel wert, es sei denn man baute die Burgen als Ruinen neu, die dem romantischen Gefühl der Vergangenheit gegenüber  dienten - , der Gemälde, der Kirchenfenster, der Niederländer des 17. Jahrhunderts, den Druckgraphiken der Bildungskünstler Dürer und Rembrandt etc.

 

Schon frühzeitig hat dieser Großherzog ein Modell unterstützt, das erst später in Mode kam: er gab schon zu Lebzeiten 1820 seine Sammlung in eine staatliche Stiftung, die damals im Schloß zu besichtigen war, übrigens hing ja im Schloß auch das Gemälde, das damals leider nicht Teil der Sammlung war und auch erst später über das Erben nach Darmstadt kam, die Darmstädter Madonna des Hans Holbein, die von den Heutigen, dem Haus Hessen, an den Großunternehmer Reinhold Würth verkauft wurde und nun völlig unpassend, weil ohne historischen Kontext , in Schwäbisch Hall hängt. Wie würde die Madonna dieses Haus in Darmstadt schmücken. Das Landesmuseum ist andererseits auf nichts angewiesen, um als Schmuckstück der Museumslandschaft und wohl einziges noch erhaltenes Universalmuseum  auch so zu prunken.

 

Großherzog Ernst Ludwig, von Hessen und bei Rhein (1868-1937), dessen Name für immer mit dem Erblühen des Darmstädter Jugendstils vereint bleiben wird, war dann  derjenige, der  den Wettbewerb um ein Universalmuseum auslobte, dessen Sieger der aus Darmstadt stammende Berliner Architekt Alfred Messel wurde, der in Berlin neben anderem auch das Pergamonmuseum gebaut hatte.  Von Anfang an war dieses Museum nicht als Repräsentationsbau, sondern als lebendige Bildungsstätte konzipiert, eben das, was ein Gesamtmuseum der Welt und des Wissens ausmacht.

In der Tat sind es heute dreizehn Sammlungsbereiche, die im Landesmuseum ihre Heimat haben: Archäologie, Kirchliche Schatzkammer, Graphische Sammlungen, Kunsthandwerk ab 1500, Jugendstil – in Darmstadt sozusagen besonders angesagt und original - , Gemäldegalerie vom 13. bis Anfang des 20. Jahrhunderts, Kunst nach 1945, Block Beuys, Ein Wald der Skulpturen – Sammlung Simon Spierer, Geologie/Paläontologie, Fossilien aus der Grube Messe, Mineralogie und Zoologie. Dies nur zur Kenntnisnahme, was in Darmstadt alles zu erforschen, anzuschauen und zu lieben ist.

 

Bevor wir dies im Einzelnen in Fortsetzungen vertiefen, muß  noch Erwähnung finden, was durch die Sanierung an Blickachsen wiedergewonnen wurde und was sich erst heute als geniale Baumaßnahme erahnen läßt: Die mittelalterliche Kapelle, in die man zur Linken gelangt, wurde den schon vorhandenen Glasfenstern nachgestaltet, der Bogen, durch den man schreitet, der war so fest verankert, daß er ummantelt nicht mehr zu erkennen war, die Decke entstammt dem Florentiner Palast der Medici, die drei Innenhöfe auf dem Weg zum Kargel-Bau sind wieder einsehbar, licht und für die Besucher nutzbar gemacht. Herrlich auch gleich rechts, der Zugang zur Antike mit all den Kork- und anderen Modellen, die die Architekturwütigkeit der Renaissance an der Antike festmachte, das römische Mosaik, die Skulpturen, es ist eine Pracht, was das Landesmuseum in Fülle hier zeigen kann, dem wir nun nach und nach mit den Beschreibungen nachkommen wollen. Fortsetzungen folgen also.

 

P.S. Oh doch, ein Monitum gibt es noch, von dem niemand sprach, noch schrieb und das einem erst so richtig auffällt, wenn man in der Pressekonferenz mit Blickrichtung zu den Aufgängen am Ende der Halle sitzt. Die Handläufe sind beidseitig in hölzerner  Manier an der jeweiligen Wand angebracht, das paßt, obwohl wir nicht wissen, ob dies original ist. Aber am Geländer gibt es diese Handläufe nicht, da sind sie aus flachem Metall und hauen für uns den ganzen schönen organischen Eindruck  des Aufgangs kaputt.

 

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