Serie: „Die Zukunft der Malerei. Eine Perspektive“ im Essl Museum Klosterneuburg bei Wien, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Wien (Weltexpresso) – Man sitzt in der Pressekonferenz dem Bild gegenüber, das auch die Besucher als erstes beim Betreten der Ausstellung im ersten Stock im Blick haben – und man kann nicht anders, als immer wieder draufzustarren, so bewegt einen dieses dynamische Bild weiter. Man sieht einen nicht mehr jungen Mann mit fliegender Mähne auf uns zuschreiten und denkt, den kennt man doch und will schon die Hand ausstrecken, um ihn zu begrüßen.

 

Natürlich läßt man das, aber man glaubt, dabei zu sein, wenn dieser Mann nun weiterausschreitet, eine fast gesichtslose Frau an seiner rechten Seite – von uns aus – mitschleppend, eine in sich gekehrte junge Frau mit Hund im Gefolge, merkwürdig statisch, fast eingefroren. Die Nähe, die man zu diesem Bild spürt, hat mindestens zwei Erklärungen. Der Schwung der schreitenden Figur erreicht unsere Emotion und gibt diesen Schwung dynamisch weiter. Und das Gefühl von Vertrautem, von Dabeisein erkärt sich auch daraus, daß wir glauben, einen nachgemalten Filmstill zu sehen, also eine Fotografie von einem Film, die uns suggeriert, wir kennten den Film, also auch den Typ Mann, energisch voranschreitend, ein ferneres Ziel im Auge habend, als Darsteller auf diesem Bild.

 

 

Der Kurator wird dieses Gemälde noch in der Pressekonferenz ansprechen und ihm eine sinnige Deutung geben: wir sähen hier mit dynamischen Schritt die Malerei nach vorne stürmen. Solche Personifizierungen, ja Allegorien waren vor allem eine Sache der Renaissance, des Manierismus, auch der Aufklärung. Und das hat ja auch etwas für sich, die vom Schwung getragene Vorwärtsbewegung der Malerei. Aber für uns – da sind wir dann eindeutig verbildet - kann ein Mann nie und nimmer die Malerei verkörpern. Da braucht es die Frauen, wie sie in den neun Musen der Griechen auch vorrätig sind, wobei aber keine speziell der Malerei dient.

 

 

Martin Veigl heißt der Künstler, von dem auch die weiteren beidseitigen Gemälde einen ansprechen. Ansprechen? Das ist nicht so dahingesagt, denn Bilder sprechen mit einem, wie ja auch wir mit ihnen sprechen und wenn es ein gegenseitiges Sprechen und Hören und Verstehen gibt, dann ist das ein großes Glück, das den Betrachter mitten in der Ausstellung erfaßt. Das geht Gerald Y Plattner, Teil der Künstlerzweisamkeit marshall!yeti auch so, denn ihn hatte, als er durch die Ausstellung ging und die Werke seiner 22 Kollegen betrachtete, dieser Badestrand an der Donau, auf der eine Rudermeisterschaft stattfindet, Titel 2. Oktober, gezwungen innezuhalten und in das Bild einzutauchen, einfach, weil es mit ihm sprach.

 

Da hat er sich nun ein Gemälde und einen Maler – Leo Mayer - ausgesucht, bei dem es uns auch so ging. Große bunte, aber stille Bilder von der Natur und der Donau, so wie sie sich in Wiens Südosten, in Simmering zeigt. Still, obwohl viele Menschen darauf zu sehen sind. Sie sind aber eingebettet in etwas Größerem, in einer Sekunde der Ewigkeit festgehalten. So als ob die Netzhaut im Vorübergehen etwas speichert, was in ihr haften bleibt. Leider war zu wenig Zeit, wirklich auf Werk und Künstler einzugehen, denn allein die Ausstellungsdaten von Leo Mayer lassen einen fragen, was ist da los? Einige Ausstellungen in den Achtzigern, dann eine 1998, eine 2003 und jetzt 2014. Malt der Maler so für sich hin – immerhin mißt dieses Bild 2 x 3 Meter und die nebenhängenden – poetisch die Kinder im Fluß – sind auch nur um wenigess kleiner.

 

Das fragen wir Leo Mayer ein andermal, wenn es ein solches gibt. Wir waren froh, daß er uns zu seinem Lieblingsbild in der Ausstellung führte. Übrigens, das ergab sich so, aber ein nächstes Mal würden wir uns bei Gruppenausstellungen gezielt mittels der Lieblingsbilder der Kollegen durch eine Ausstellung schlängeln. Hier ist es THE AUSTRIAN PAINTER von Robert Muntean, einem in Berlin lebenden Maler. Ja, das Bild hat was. Zuerst sieht man in dem fast zu schönem Farbpaar, das lichte Grüntöne mit Rosa-Pink schnell bilden, denen dann ein giftiges Gelb Widerpart leistet, nur gezielten Farbauftrag, der sich beim Hinschauen entschleiert und eine, nein zwei männliche Figuren – ein Maler vor seinem Selbstporträt oder einem Spiegel – sehen läßt. Und ins uns flüstert jemand: Egon Schiele. Dabei malt der ganz anders, aber seine Unruhe und der nervöse Strich, auch der des Pinsels, den ahnen wir hier.

 

Man hört uns die Überraschung sicherlich an, denn es gibt viel zu sehen in Klosterneuburg. Zum Beispiel Bianca Maria Samer. Sie ist die einzige Autodidaktin unter den Künstlern, die fast alle in Wien, an der Universität für Angewandte Kunst oder der Akademie der bildenden Künste studiert haben. Lehrmeister von Bianca Maria Samer ist das Leben und mit Hilfe der Malerei erklärt sie sich ihre Situation, die sie wegen Multipler Sklerose in den Rollstuhl zwang. Wenn einem Frida Kahlo in den Sinn kommt, hat dies nur damit zu tun, daß auch diese auf ihrer körperliche Situation mit Malen antwortete, sich unaufhörlich selbst malte, die Natur und Dinge, die ihr lieb waren, hinzunahm und mit dem Malen sich selbst verlebendigte. Berührend dann auch dieses an einen Ausschneidebogen des 19. Jahrhunderts gemahnende Bild, auf dem - isoliert also - der Künstlerin Kopf, ihre Beine, ihr Rumpf , ihre Arme zu sehen sind. Was ist der Körper? Wenn er funktioniert, fragen wir uns das nicht. Sobald aber die Funktionalität in Frage steht, löst er sich in seine Bestandteile auf. Nichts Weinerliches oder Larmoyantes ist diesen eindrücklichen Bildern eigen. Nichts.

 

Bei dieser Ausstellung, bei der ohne Absicht bei der Auswahl ef Frauen und zwölf – ja, dreizehn mit dem Künstlerpaar – Männer zusammenkamen, ist eine der Überaschungen, daß man den Werken nicht ansieht, ja noch nicht einmal ahnen kann, ob sie von einer Frau oder einem Mann sind.. Das war in der Kunstgeschichte durchaus schon anders. Vika Prokopaviciute, 1983 im damals sowjetischen Litauen geboren, überrascht mit kraftvollen großformatigen Ölbildern, eher in gedecken Farben mit viel Weiß und Nichtfarbe und wäre dafür ein Beispiel. Der jüngste Teilnehmer, Patrick Roman Scherer aus Kufstein gibt dann den Widerpart als Mann eine zarte Kunst auszuüben. Mit Papier und Bleistift stellt er in der Manier von horror vacui in feinen Strichen und Ziselierungen arabeskenhaft eine gemusterte Welt, ein Weltmuster her, das sich auf Blättern ausdehnt, aber auch die Gegenständlichkeit nicht scheut.

 

Das waren nur Beispiele und wir werden uns eine Möglichkeit überlegen, alle Künstler zu Bild kommen zu lassen, zumindest vorzustellen. Zuvor allerdings wollen wir doch noch einmal auf die Ausgangssituation, der Frage nach der Zukunft der Malerei zurückkommen. Fortsetzung folgt.

 

 

bis 8.2 2015

 

Katalog: die zukunft der malerei. eine perspektive, Edition Sammlung Essl 2014

Nach den einführenden Beiträgen von Karlheinz Essl und Günther Oberhollzner als Kurator, werden alle ausstellenden 23 Künster – darunter ein Künstlerpaar – vorgestellt, was ein Foto im Ateliere inleitet. Es folgen Daten, Ausbildung, Ausstellungen, ein Künstlerstatement und die in der Ausstellung gezeigten Werke, fast immer ganzformatig. Gegen Schluß werden die nicht in der Ausstellung vertretenen Künstler benannt und mit einem Werk vorgestellt. Essays runden dies ab, wobei in der Mitte eine Würdigung der 23 ausstellenden Künstler durch den Kurator erfolgt, die besonders hilfreich für den ist, für den diese Malereiausstellung zeitgenössischer österreichischer Kunst Neuland ist. Fortsetzung folgt.

 

Foto: URBAN THEATRE von Martin Veigl

 

bis 8.2 2015

 

Katalog: die zukunft der malerei. eine perspektive, Edition Sammlung Essl 2014

Nach den einführenden Beiträgen von Karlheinz Essl und Günther Oberhollzner als Kurator, werden alle ausstellenden 23 Künster – darunter ein Künstlerpaar – vorgestellt, was ein Foto im Ateliere inleitet. Es folgen Daten, Ausbildung, Ausstellungen, ein Künstlerstatement und die in der Ausstellung gezeigten Werke, fast immer ganzformatig. Gegen Schluß werden die nicht in der Ausstellung vertretenen Künstler benannt und mit einem Werk vorgestellt. Essays runden dies ab, wobei in der Mitte eine Würdigung der 23 ausstellenden Künstler durch den Kurator erfolgt, die besonders hilfreich für den ist, für den diese Malereiausstellung zeitgenössischer österreichischer Kunst Neuland ist.

 

www. essl.museum