DAS IST JA WOHL EIN WITZ im Hanauer Schloß Philippsruhe

 

Hanswerner Kruse

 

Hanau (Weltexpresso) - Gestern wurde unter Polizeischutz die mal angekündigte, mal abgesagte, wieder angeküngte Werkschau der Karikaturisten Greser & Lenz in Schloß Philippsruh eröffnet. Zwischendurch war die Durchführung dieser Ausstellung abgesagt, weil das Hanauer Kulturamt wegen des Zeigens einer Mohammed-Karikatur Anschläge befürchtete.

 

Doch eine peinliche Provinzposse wurde abgewendet, Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) sprach schnell ein Machtwort und fand Sponsoren für die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen. Nach Körperkontrollen der Leibwächter beginnt nun der Eintritt in die Ausstellung durch einen Nebeneingang des Schlosses, in dessen Nähe Polizei stationiert ist. Man fühlt sich wie in einem Cartoon der beiden Zeichner, die einmal meinten: „Jeder Krieg hat seine Opfer, das Gleiche gilt für einen guten Witz!“

 

Greser & Lenz sind keine Islamophobiker oder Gotteslästerer, die religionskritischen Blätter sind nur ein winziger Teil ihres Oeuvres. Aber von ihren Arbeiten fühlt sich immer irgendjemand betroffen: „Man sollte ALLES verbieten“, grummelt deshalb wohl ein verknautschter Spießer auf dem Ausstellungs-Plakat. Die Zeichenkünstler sind Provokateure im ursprünglichen Sinn des Wortes, sie wollen etwas „hervorrufen“. Für Momente provozieren sie Nachdenklichkeit, wenn die Leser der Zeitungen, für die sie arbeiten, von ihren Zeichnungen irritiert sind.

 

Die Schau ist nach verschiedenen Themen geordnet, im „Sport“ führen Kinder blinde Schiedsrichter auf ein Fußballfeld. Bei „Privat“ kreischt ein Paar im Kino, „Die haben ohne Genehmigung unser Leben verfilmt“ oder ein fetter, von seiner Frau frustrierter Neonazi fragt sich, „Wo sind eigentlich die verdammten Ausländer, die uns Männern die Frauen wegnehmen?“ Zum Thema „Wirtschaft“ freuen sich zwei Prostituierte, dass die Frauenquote gekippt wurde, denn sonst könne man Bordellbesuche mit Geschäftspartnern vergessen.

 

Die meisten der 220 Bilder haben Sprechblasen und sind eigentlich Cartoons oder Comics. Lediglich die Tiere schweigen auf den etwas größeren, farbfrohen Grafiken der neuen Serie „Staat und Recht“: Der Wolf kniet im Beichtstuhl, im Kirchengang liegt ein zerbissenes Schaf. Stubenfliegen mit Transparenten, „Wir sind das Volk“, umschwirren einen fetten Frosch mit Goldkrone. Das Krümelmonster aus der Sesamstraße reißt einer Kuh den Bauch auf. In diesen Zeichnungen wird der künstlerische Aspekt der Arbeiten besonders deutlich.

 

Die gerahmten Bilder an den Wänden treten den Betrachtern gleichsam gegenüber und wirken so weniger flüchtig als in der Zeitung. Der Kurator der Ausstellung Prof. Claudio Hils erläuterte, dass er diese Arbeiten aus Tausenden von Blättern ausgesucht habe, „um das Zeitlose herauszufiltern.“ Die meisten wurden schon im letzten Jahr in einer Ausstellung in Friedrichshafen gezeigt. Anlass für die Hanauer Werkschau ist der von der Stadt vergebene Emil-Grimm-Preis an Greser & Lenz. Mit ihm werden herausragende Karikaturisten ausgezeichnet, weil der jüngste Bruder Emil der Märchenforscher Jacob und Wilhelm Grimm Maler und Karikaturist war.

 

Achim Greser und Heribert Lenz sind beim Presserundgang in der Werkschau etwas knurrig, weil sie den Medienhype ablehnen. Aber immerhin behaupten sie, sicherheitshalber hätten sie ihre Zeichentische nach Mekka ausgerichtet. Natürlich wollen sie die Mohammed-Karikatur zeigen, die unter dem Eindruck der Morde an ihren Kollegen von „Charlie Hebdo“ entstand. Aber das hinderte sie Tage später nicht daran, einen im Schrank versteckten Liebhaber einer Frau zu deren Ehemann sagen zu lassen: „Je suis Charlie!“

 

Die Beiden haben vor nichts und niemandem Respekt, aber die von ihnen aufs Korn Genommenen bleiben immer triviale Menschen und werden nicht zu Monstern. Ob Terroristen, Rechtsradikale oder klerikale Sodomiten - die Zeichner metzeln sie einfach durch Lächerlichkeit nieder!

 

INFO:

Die Ausstellung „Das ist ja wohl ein Witz“ begann am 14. März um 16 Uhr in der Galerie von Schloss Philippsruhe in Hanau. Sie ist bis zum 31. Mai von dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Der gleichnamige Katalog von 2014 (in dem nicht die neueren Arbeiten enthalten sind) kostet 24,80 Euro

Der Eintritt beträgt 7 Euro (ermäßigt 5 Euro)

Neben den Cartoons sind auch von dem Künstler-Duo gestaltete Zeitschriften, Magazine und Bücher zu sehen sowie zwei Filme, die verdeutlichen wie sie arbeiten.

Rahmenprogramm mit freiem Eintritt:

Mittwoch 25. März ab 19.30 Uhr im Schloss
„Was Karikaturen mit uns anstellen“, Vortrag von Andreas Platthaus (FAZ)

12. April ab 11.30 Uhr im Schloss
„Der Maler und Karikaturist Emil Grimm“, Vortrag von Prof. Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz