Serie: „ART AND DESIGN FOR ALL. The Victoria and Albert Museum“ in der Bundeskunsthalle in Bonn , Teil 2/2

 

Felicitas Schubert

 

Bonn (Weltexpresso) - In Großbritannien war die Industrialisierung am stärksten vorangeschritten und die industrielle Massenproduktion machte so etwas wie ein Vorbild, den Prototyp, nötig, um dessen Ausführung man sich zu streiten begann. Man muß sich nur an den Spruch „My home is my castle“ erinnern, um zu wissen, wie wichtig Engländern immer schon die Ausstattung ihres Heims war.

 

William Morris und die Arts und Crafts Bewegung war dann die Antwort auf eine seelenlose und häßliche Industriekultur, die mit Kultur nichts im Sinne hatte. Alles zusammen sollte in einem Museum, das dem Schönen im Praktischen gewidmet war, der Öffentlichkeit zu Gemüte geführt werden, damit der Schönheitssinn angesprochen und eine Erziehung des Geschmacks möglich wurde.

 

Da wären wir eigentlich in der Gegenwart angekommen, denn was die ersten Designer und zum Beispiel  die Formerfinder der Moderne wie die Wiener Werkstätten oder die Mathildenhöhe zur heutigen Plastikunkultur gesagt hätten, kann  man sich vorstellen. In Bonn kann man nun die Anfänge der Geschmackerziehung nachvollziehen, zeitgebunden, wie alles im Ästhetischen Bereich. Gipskopien der Venus von Milo, Vasen, Teppiche, Anrichten wie ganze Wandschränke oder Ritterburgeneinrichtungen, Porzellan zum Gebrauch und zum Schmücken, Skulpturen und auch zum Tragen geeigneter Schmuck mitsamt den so beliebten originalen und nachgeahmten Stücken aus Asien, ob China, Japan, auch Indien und aus dem Mittleren Osten, nicht zu vergessen die Reifröcke und sonstige Unbequemlichkeiten, all das kann man in 400 Exponaten bestaunen.

 

Doch damit nicht genug. Weitere 100 Leihgaben sind aus der Königlichen Kollektion aus London, aus dem Berliner Kunstgewerbemuseum und Budapest zusammengekommen, die diese Ausstellung auch zur einer Geschmacksausstellung über den zweiten Teil des 19. Jahrhunderts machen. Was unsere Überschrift mit dem V & A Museum zu tun hat? Viel. Denn das für uns Schönste im Londoner Bau sind die Raffael Kartons, die der englische König Charles frühzeitig erworben hatte und deren Teppichversionen in der Sixtinischen Kappelle in Rom hängen. Die wunderschönen großen Kartons sind allerdings so wertvoll, daß sie nie ausgeliehen werden. Sie sind einen Besuch Londons wert und das Originalmuseum mit ihnen.

 

Eh Sie sich allerdings in die 145 Räume begeben, wo mehr als 2, 2 Millionen Objekte auf 45 000 Quadratmetern ausgebreitet sind, ist es erholsamer, sich in Bonn sozusagen den Extrakt didaktisch aufbereitet anzuschauen, vielleicht mit akustischem Führer oder einer richtigen Führung, denn die Gegenstände, die man sieht, haben alle eine Geschichte hinter sich, die man gerne kennenlernt beim Anschauen. Man hat mehr davon.

 

Bis 15. April 2012

 

Zweite Ausstellungsstation wird Budapest sein, wo das Museum für Angewandte Kunst die Schau vom 24. Mai bis 16. September 2012 zeigt

 

 

Katalog: Art and Design for all, the Victoria and Albert Museum, hrsg. von der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Prestel Verlag 2011. Das ist wieder einmal ein Katalog, der seinen Anlaß, die Ausstellung, lange überleben wird, denn in ihm sind grundsätzliche Überlegungen zur Funktion von Kunstgewerbe- , heute lieber Design-, Museen genannt, aufgeführt, aber auch ihre Geschichte aus dem vollzogenen Übergang vom Handwerk zur Industrie. Die zahlreichen Exponate werden ausführlich gewürdigt, mit Bild und längeren Texten, wie es bei Kunstgegenständen wie Gemälden üblich ist, was manche bei Gegenständen der Gebrauchs- oder auch elitären Kunst bisher nicht für selbstverständlich hielten, weil in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert sich die Museen in die Höherer Kunst und Gebrauchskunst differenzierten, mit der Abwertung letzterer, was unsere Zeit zu überwinden trachtet.

 

Wie häufig hat die Bundeskunsthalle ein vielseitiges Begleitprogramm vorbereitet, das Sie bitte den Webseiten entnehmen:

Foto: Prinzgemahl Albert

speziell: www.bundeskunsthalle.de/ausstellungsen/victoria_albert/ms/index.php

www.bundeskunsthalle.de