Serie: KYKLADEN. Große Sonderausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Teil 2

 

Felicitas Schubert und Gerhard Wiedemann

 

Mannheim (Weltexpresso) – Aber, seien wir ehrlich, hier ist in Karlsruhe mit ca. 180 Stücken, davon nur 20 Leihgaben, sehr viel zusammengetragen und man kann sich ein früheres Leben sehr viel besser vorstellen als zuvor und dennoch wissen wir noch sehr wenig über diese frühe Kultur, die hier frühgriechisch genannt wird, was natürlich von hinten her gedacht ist, so als ob in unserem Lebens- und Sprachraum vor 5000 Jahren Deutsche gesiedelt hätten.

 

 

Aber wie soll man sie sonst benennen, um sowohl den Ort wie auch die Zeit – Ende der Steinzeit, Beginn der Bronzezeit - uns deutlich zu machen. Daß man beispielsweise so viel über die damaligen Schiffe weiß, ist eine der Überraschungen in der Ausstellung. Erst mit der Kenntnis ihrer Sehtüchtigkeit ist als Folge verständlich, daß der Handel bis zur kleinasiatischen Küste eine Selbstverständlichkeit wurde, was die mitgebrachten Stücke von dort dokumentieren. Die Seetüchtigkeit führt uns eine Rekonstruktion eines kykladischen Langbootes sehr sinnlich vor Augen.

 

Daß für diese Ausstellung nur 20 Leihgaben nötig und möglich waren, liegt einerseits daran, daß gewünschte Stücke aus Griechenland nicht verfügbar waren, andererseits in Europa nur wenige derart offensiv Kykladenobjekte gesammelt hatten wie Karlsruhe. Eine neue Kykladenausstellung, nach der kunsthistorisch ausgerichteten von 1976 lag an. Diesen Anspruch löst die gezeigte Schau auch ein. Dennoch bleiben der kunsthistorische und der Verwendungszweck der Idole das weiterhin spannende Geheimnis.

 

Denn noch immer weiß man wenig, und das gewonnene Wissen richtet sich auf eine Erkenntnis, die viele den weißen Idolen genauso wenig zugestehen wollen, wie den antiken strahlend weißen Statuen: das ist der farbliche Dekor. Wie die Bunten Götter der Griechen, die bei uns Einzug halten, oft gegen den eigenen ästhetischen Wunsch nach edler Einfalt, stiller Größe in Weiß, waren auch diese Köpfe und Halbporträts bunt bemalt. Heute gilt zu ihrer Funktion die These, daß sie als Mittler zwischen Mensch und einer spirituellen Welt dienten,  die in Zickzacklinien oder starken Farben bemalt als Kultobjekte dienen. Ein Modell mit voller Farbigkeit dient dabei unserer Vorstellung.

 

Abschließend sind Beispiele dafür aufgestellt, wie die modernen Künstler des 19. Jahrhunderts auf die Vorlage der strahlend weißen Idole  reagieren. Ein Modigliani ist nicht dabei. Seine übrig gebliebenen Köpfe sind zu wenige. Wer weiß, wer die versenkten eines Tages als Fundstücke einer frühen Kultur aus dem Meer fischt?

 

Bis 22.April 2012

 

In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Altertumswissenschaften der Universität Heidelberg.

 

Katalog:

Kykladen. Lebenswelten einer frühgriechischen Kultur, hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Lizenzausgabe der WBG, Darmstadt 2011. Man kann fast annehmen, daß die Besucher, die sich nach Karlsruhe aufmachen, um dort die Kykladenausstellung anzuschauen, besser: zu studieren, auch gerne den Katalog mit nach Hause nehmen, der einem die Fragen zu beantworten hilft, die sich beim Schauen ergeben, meist aber erst bald danach in den Kopf kommen. Sehr umfassend wird Ihnen alles auf jeden Fall in Worten, aber meist auch in Bildern vertieft nahegebracht, was Thema der einzelnen Ausstellungsteile ist: Lebensräume, Lebenswelten, Geistesleben, Nachleben und natürlich die Abbildungen aus der Ausstellung im Katalogteil 1- 142. Eine gute verläßliche Arbeit, dieser Katalog, den man als Vergleichsbeispiel für andere alte Kulturen auch gut gebrauchen kann.

 

www. landesmuseum.de