Serie: zu Besuch in Dresden, Gemäldegalerie ALTE MEISTER im Zwinger, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Dresden (Weltexpresso) – Doch Cranach war nur das Entré. Das eigentliche Ereignis der Dresdner Galerie Alte Meister ist einen Stock höher die Sammlung der Italiener auf der Linken auf rotem Grund, in die uns Miriam Bothe führte, und wo die dramatische Inszenierung auf die Madonna von Raffael an der letzten Querwand hin, zu der man herunterschreitet, schon architektonisch angelegt ist.

 

Daß dieser italienischen Madonna auf der Linken ursprünglich auf der rechten Seite eine deutsche Madonna ebenbürtig gegenüberhing, ist eine eigene Geschichte, die später kommt. Vom Podest aus geht es nach rechts zur ebenfalls hochwertige Sammlung der Flamen und Holländer auf Grün. Spanier und Franzosen – nicht viel, aber Spitzenwerke – hängen einen Stock höher auf Grau. Bartolomé Estéban Murillos MARIA MIT DEM KINDE, Jusepe de Ribera DIE HEILIGE ANGNES IM GEFÄNGNIS, DIE EIN ENGEL MIT EINEM TUCH BEKLEIDET, Diego Velazquez' Porträts, Poussin und Watteau, herrlich.

 

Die feinfarbigen Pastelle der Rosalba Carriera befinden sich ebenfalls dort und sind eine Besonderheit. Augst III. von Sachsen und Polen hat bei seiner Venedigreise 1739 – die Grand Tour galt auch für Potentaten – ihr ganzes Atelier leergekauft und diese 150 Pastelle – die größte weltweite Sammlung - hängen nun in diesem Saal . Die meisten sind Porträts, und geben einen Eindruck vom Lebensgefühl des Rokoko. Zart und verspielt gibt Rosalba Carriera den Charme und die Eleganz ihrer Zeit wieder, aber zunehmend stellt sie die Physiognomie der Abgebildeten in den Mittelpunkt und wird eine, das Innere des Menschen ausdrückende Porträtistin. Sie begeht am 15. April 2012 ihren 225sten Todestag.

 

Nun aber zu den Italienern, wo unsere Gruppe sich schon wie von alleine dem Bild zuwendet, das Miriam Bothe auch besprechen will: Giorgiones SCHLUMMERNDE VENUS von 1508-10. Der Maler muß sie noch Venus nennen, also eine mythologische Begründung liefern, aber eigentlich ist sie eine junge, schöne, im Schlaf sich selbstvergessene nackte Frau, die allerdings auch dann noch mit ihrer linken Hand die Scham bedeckt, während die rechte um den Kopf gewinkelt ist. Sie liegt quer gelagert, das Bild von links nach rechts ausfüllend vor uns auf grauer Seide und einem purpurnen Polster auf einer Wiese, mitten in der Landschaft, die in Blau und Grün im Hintergrund Höhen und Bäume zeigt und rechts in Ocker und hellem Braun ein Dorf.

 

Dies Bild ist von vollendeter Harmonie und das ohne jegliche Süße oder gar Kitsch, trotz der untergehenden Sonne im Hintergrund. Stattdessen wirkt es auf die Sinne wie ein Gedicht, wie ein Versprechen von paradiesischen Zuständen, auch von Unschuld, auf jeden Fall von Schönheit und Selbstvergessenheit. Girogione malte mit der SCHLUMMERNDEN VENUS nicht die erste nackte Frau in der Kunstgeschichte. Aber alle anderen Nackheiten haben in den Bildern jeweils eine Funktion, eine erotische, eine aggressive, eine bacchantische, eine kokette, eine realistische, eine überhöhte Nacktheit. Man hat den Eindruck, als ob diese Nackte schliefe, ohne sich ihrer Nacktheit bewußt zu sein. Der Aussage, sie sei „die keuscheste Darstellung der Nacktheit in der Kunst“ mag man sofort zustimmen.

 

Schaut man sich allein das Gesicht in völliger Ruhe gründlich an, entdeckt man, daß es ein Schönheitsideal bis heute blieb und für die Filmstars – von Metropolis bis Marlene Dietrich – ein Vorbild. Dies Gemälde war es, das ursprünglich für die Öffentlichkeit mit der Dresdner Galerie verbunden war, ihr Sinnbild. Das sieht man, schaut man sich alte Bildbände an, wo sie Giorgiones Schöne regelmäßig auf dem Titel befindet. Auch für Kunsthistoriker war und ist dieses Bild deshalb interessant, weil der junge und hochbegabte Giorgione schon 1510 mit 31 Jahren starb und das Bild wohl von Tizian vollendet wurde. Interessant übrigens, daß heute die verrätselten philosophischen Bilder von Giorgione ein weitaus höheres Interesse finden.

 

Die venezianische Malerei der Hochrenaissance ist in raumfüllenden Werken von Verones und Tintoretto vielfach vertreten und durch Tizian, deren Meister. Sein DER ZINSGROSCHEN von 1515 hängt im linken Seitenkabinett an der Stirnwand und das ist richtig so. Denn dieses Bild ist in Menschenmaß gemalt und braucht Stille, um das eigentliche Ereignis, den Blick dieses Jesus in sich aufzunehmen. Man glaubt, man habe noch niemals einen solchen Blick direkt ins Herz erlebt. Nicht schmerzhaft, sondern voller Milde und voll des Verständnisses, aber auch der Festigkeit. Tizian konnte alles: die Innigkeit, aber auch die Prächtigkeit in großen Schinken, die reiche Venezianer von ihm und Veronese und Tintoretto zur Aufmerksamkeit erheischenden und repräsentativen Ausschmückung ihrer Paläste einforderten.

 

Unmöglich auf die Prachtstücke weiter einzugehen. Ein Bildband über die Galerie kann zumindest die Erinnerung wachhalten. Wir aber sind noch auf dem Weg zu Raffaels Madonna, der ab Ende Mai eine Sonderausstellung zum 500. Geburtstag gilt, über die wir schon berichtet haben. Zeit, sich über ihr ursprüngliches deutsches Gegenbild Gedanken zu machen. Miriam Bothes viel ausführliche Führung können wir nicht im Detail folgen, sondern beschränken uns auf einzelne Bilder. Fortsetzung folgt.

 

 

www.skd-dresden.de

 

Info:

Dank der Einladung des Maritim Dresden konnten wir in aller Ruhe Dresden besuchen. Wir hätten das Haus auch sonst empfohlen, freuen uns aber, daß dies auch gerade der Reiseveranstalter Studiosus getan hat, indem er diesem Hotel den Quality Award überreicht hat.Stimmt: sehr guter Service und angenehme Atmosphäre, mit Schwimmbad dazu.

Wichtig für Fußgänger ist die Stadtnähe, weil man nur die paar Schritte zum Zentrum von Schloß, Zwinger und Semperoper gehen muß. Aber dem Auge ist etwas anderes wichtig. Das sieht aus dem Fenster über die Elbe auf die Neustädter Seite hin. Und am schönsten ist es von dort auf diesen Haus zu blicken, das erst 2006 im historischen Speicher der Stadt zu einem hochrangigen und modernen Hotel einge-, umbe- und erbaut wurde.

Es gibt ganzjährig buchbare Arrangements, von denen das „Dresden Sächsisch“ für Dresden Besucher besonders interessant ist. Für 154 Euro pro Person im Doppelzimmer gibt es zwei Übernachtungen inklusive reichhaltigem Frühstücksbuffet – stimmt! - ein Abendessen sowie Willkommenscocktail, ein Gastgeschenk und die Nutzung von Schwimmbad und Sauna.

 

 

 

MARITIM Hotel Dresden

Devrientstraße 10-12

01067 Dresden

Tel.: 0351-216-0

Fax: 00351-216-1000

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www.maritim.de