Ausstellung WERKBUNDSIEDLUNG WIEN 1932 im Wien Museum in Wien



Anna von Stillmark



Wien (Weltexpresso) – Noch heute kann man im Stadtbild von Wien die unglaublichen Bauvorhaben des frühen 20. Jahrhunderts als historische Relikte würdigen. Wie sehr war das erst einmal die Sensation, als im Sommer 1932 der westliche Stadtrand Wien zur „größten Baustelle Europas“ wurde. Es war die Werkbundsiedlung in Lainz als eine internationale Leistungsschau des modernen Wohnbaus und ein Manifest des Neuen Wohnens, durchaus als individuelle Antwort auf die von den Sozialisten geförderten sogenannten Höfe, große Blockbebauungen.

 



Die Werkbundsiedlung entstand als soziale und ästhetische Utopie von einem besseren Leben aus dem Geist der Moderne – mitten in einer wirtschaftlichen Krise, als sich die politische und kulturelle Verengung der folgenden Jahre bereits abzeichnete.



GIPFELTREFFEN INTERNATIONALER ARCHITEKTEN



Die Gesamtleitung lag bei Josef Frank. 30 Architekten und eine Architektin aus Österreich, Frankreich, Deutschland, Holland und den USA – u. a. Richard Neutra, Gerrit Rietveld und Margarete Schütte-Lihotzky, die zwar aus Wien stammte, aber unter Stadtrat May in Frankfurt mit ihrer Frankfurter Küche weltbekannt wurde – entwarfen 70 Musterhäuser. Zahlreiche InnenarchitektInnen sorgten gemeinsam mit renommierten Firmen für die Möblierung und Ausstattung der Häuser – als Beleg für das hohe Niveau der Wiener Wohnkultur. Die Häuser sollten Modelle für den Bau großer Siedlungen im Grünen sein.



Die Werkbundsiedlung, ein Kind der Siedlerbewegung, antwortete damit auf das Wohnbauprogramm des „Roten Wien“. Den innerstädtischen „Superblocks“ stellte Frank als Ideal das Einfamilien- und Reihenhaus mit Garten gegenüber, auch wenn jeder wußte, daß das Wunschziel „Ein Häus'chen mit Garten“ überhaupt nicht für jedermann in Frage kam. Wien war schon damals ein Stadtmoloch mit einer riesigen Bevölkerung und großer Arbeiterbewegung mit wenig Einkommen.



GEGEN DEN FUNKTIONALISMUS



Durch den Verzicht auf eine einheitliche Gestaltung und die individuelle und flexible Möblierung reagierten ArchitektInnen und GestalterInnen auf die zeitgenössische Überbetonung von Maschinenästhetik und Funktionalismus. Die Werkbundsiedlung ist deshalb das wichtigste Zeugnis jener undogmatischen Moderne, die Josef Frank propagierte und die für Wien typisch war.

100.000 BESUCHER



Der Ansturm der Bevölkerung war enorm. Manche kamen aus purer Schaulust, andere suchten Anregungen für zeitgemäße Möblierung. Leisten konnten sich die Häuser aber nur wenige, der Verkauf lief schleppend. Jedenfalls war das Gipfeltreffen der „besten Architekten der Welt“ ein Medienereignis. Während manche lokale Zeitung über die „Musterkolonie von Zwergenhäusern“ spottete, fiel die internationale Kritik sehr positiv aus.



DIE WERKBUNDSIEDLUNG IM WIEN MUSEUM



80 Jahre nach der Eröffnung der Werkbundsiedlung werden erstmals die historischen, sozialkritischen und kulturpolitischen Hintergründe der Wohnschau beleuchtet, aber auch die konfliktreiche Vorgeschichte und das Danach. Neben bisher unbekannten Zeichnungen, Fotografien und Plänen sowie originalen Möbeln wird auch ein für die Ausstellung gefertigtes Gesamtmodell der Siedlung gezeigt. Ein weiteres Highlight ist die Rekonstruktion eines Zimmers aus der Werkbundsiedlung. Themen sind auch die ersten BewohnerInnen und die Probleme der Erhaltung – bis hin zur aktuellen Sanierung durch die Stadt Wien.



Eröffnung:              Mittwoch, 5. September 2012, 19 Uhr

Ausstellungsort:        Wien Museum Karlsplatz, 1040 Wien

Ausstellungsdauer:      6. September 2012 bis 13. Januar 2013