200 Jahre Biergarten in München – und Brezn, Obazda und Radi dürfen noch immer mitgebracht werden, Teil 1/2

 

Claudia Linz und Roman Herzig

 

München (Weltexpresso) - Dirndl ist nicht gleich Dirndl. Eine Lederhose ist nur stilecht, wenn sie mehrere Jahrzehnte alt und schön speckig ist. Und wer beim Oktoberfest Bier ausschenken möchte, muss nicht nur viel Schmackes haben.

 

Wenn Richard Mayer durch das Münchner Glockenbachviertel spaziert, wird er hin und wieder auf seine Wadlstrümpfe angesprochen. Wo man die denn kaufen könne, möchten Passanten wissen. Doch das kann man nicht, sie sind selbst gestrickt, nach alten, überlieferten Mustern. „Die Lederhose haben schon seine Vorfahren getragen und gewaschen wird die nie, nur gelüftet“, erzählt der Regionaldirektor des Maritim-Hotels in der bayerischen Landeshauptstadt. Auf die Tracht lässt der Münchner nichts kommen. Denn schöner als die neuen Dirndl und Lederhosen, die man in allen nur erdenklichen Farbkombinationen heute schon fast überall kaufen kann, ist für die Bayern das Original. Das Dirndl beispielsweise in klassischen Farben wie kräftigem Rot, Flaschengrün und Dunkelblau, kombiniert mit Weiß und Schwarz. Im Alltag ist es genau so angesagt wie auf dem Oktoberfest, das heute, 22. September, in München beginnt.

 

Wer als Zuagroaster sein Wissen zur Wiesn auffrischen möchte, plant am besten einen Abstecher ins Münchner Bier- und Oktoberfestmuseum ein. Eine 500 Jahre alte Himmelsleiter führt dort über 43 Stufen und vier Stockwerke zu Geschichten rund um den Gerstensaft. Himmelsleiter ist der schönfärberische Name für eine schmale Stiege, die schnurlgrad steil nach oben führt. Der Münchner im Himmel, eine Figur des bayrischen Schriftstellers Ludwig Thoma, hätte sicher seine Freude daran. Denn im Museum selbst gibt es während der Führung immer wieder eine Bierprobe und im Museumsstüberl auch ganze Maß’n und deftige Hax’n. Den Besuch dort sollte man sich aber bis zum Schluss aufheben, denn ins Wanken sollte man auf der Stiege nicht geraten.

 

Mit fünf Maßn in

jeder Hand ist man

wiesntauglich

 

Im 14. Jahrhundert wurde das Haus in der Sterneckerstraße 2 – zwischen Viktualienmarkt und Isartorplatz – errichtet, „ein würdiger Platz für den Hort Münchner Tradition“, meint Museumsführer Günter Hoffmann. Der Wissensdurstige erfährt hier etwas über die Geschichte des Bieres, die Rolle der Klöster, das Reinheitsgebot und die Qualität des Münchner Gerstensaftes. Auf dem Weg durch das Haus, in dem sich Deckenmalereien von 1340 und die schwarze Kuchl, eine offene Feuerstelle, erhalten haben, stößt man auf einen Sudkessel aus dem Jahr 1930, die Porträts ehemaliger Münchner Bierbarone und Vitrinen mit Bierkrügen, die die Entwicklung des Maßkrugs veranschaulichen. Zwei Silbermünzen aus dem Jahr 1810, die vom späteren König Ludwig I. und seiner Gemahlin Therese während ihrer Hochzeitsfeierlichkeiten unters Volk geworfen wurden, verweisen auf den zweiten Schwerpunkt des Museums, liegt doch im Nationalfest zu dieser Hochzeit der Ursprung des Münchner Oktoberfests.

 

Der Geschichte und den Dingen rund um die Wiesn sind die Räumlichkeiten im oberen Stockwerk gewidmet. Wer sich traut, kann hier ausprobieren, ob er es mit einem professionellen Kellner auf der Wiesn aufnehmen kann. Nachbildungen von Biermaßn mit Originalgewicht stehen bereit. Frank Wilberg (28), Wahlmünchner in Lederhose und Direktionsassistent im Münchner Maritim-Hotel, verrät den Trick: Man verkeilt die Henkel der Krüge geschickt ineinander, so dass sie sich gegenseitig stabilisieren. Dann greift man mit einer Hand hindurch, hebt die Maßn hoch und stemmt den Ellbogen in die Hüfte. Wer in jeder Hand fünf schafft – zusammen immerhin 23 Kilogramm – ist als Kellner wiesntauglich. Fortsetzung folgt.

 

Service

 

Übernachtung: Das Maritim-Hotel in der Goethestraße liegt in einem ruhigen Innenhof in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, zum Stachus und zur Theresienwiese. Das Arrangement „200 Jahre Biergarten“ beinhaltet zwei Übernachtungen inklusive Biergartenpass ab 189 Euro pro Doppelzimmer (nicht buchbar während des Oktoberfestes).

 

Essen und Trinken: Das Genießerkonzept „taste“ inszeniert gastronomische

Highlights und erlesene Getränke in unterhaltsamer Weise an ungewöhnlichen Orten. Das Genießer Kochbuch vom Küchenchef des Maritim Hotel München und Maritim-Koch und Photograph (!) Nicolas Gerodez gibt Ihnen zudem an die Hand, in der Küche selbst zu zaubern, wobei die Photographien auch gut eine Anleitung zum Dekorieren auf dem Teller leisten.

 

Sehenswürdigkeiten: Münchner Bier- und Oktoberfestmuseum

bier-und-oktoberfestmuseum.de

 

Foto: Der beliebte Augustinerkeller in der Arnulfstraße ist der vermutlich älteste Biergarten in München. Mit 5 000 Sitzplätzen unter 100 Kastanien zählt er außerdem zu den größten. Foto: T. Höpker/München Tourismus

 

Information: www.muenchen.de, www.maritim.de.