Serie: 60 Jahre Revolution in Kuba, Teil 1/3
Hubertus von Bramnitz
Berlin (Weltexpresso) – In Kuba gehe die Uhren anders. Das war schon immer so und bleibt. Denn die kubanische Revolution, die sich nicht wie die mexikanische Revolutionspartei eine immerwährende nennt,sich aber so versteht, zählt ihre Jahre nach ihrem ersten großen Scheitern: das war der fehlgeschlagene Sturm auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953!
Schon damals war Fidel Castro dabei und obwohl erst 26 Jahre gleich der Anführer der Schar von rund 80 jungen Leuten, die sich in der Lage glaubten, den strategisch wichtigsten Punkt im Osten der Insel zu erobern, wo rund 800 Soldaten stationiert waren, die mit Mann und Maus das verhaßte und korrupte System des Diktators Fulgencio Battista verteidigen sollten. Es war also eher ein idealistisches Unterfangen, denn eine ernsthafte Revolte, aber dennoch war die nur strategisch-taktisch mißlungene Kampfansage von 1953 ausschlaggebend dafür, daß es im Januar 1959 dann so weit war und Battista das Land verlassen mußte.
Fidel Castro war einer der wenigen Überlebenden des Sturms auf die Kaserne gewesen und seine Verurteilung zu 15 Jahren Zuchthaus wurde dann nach 2 Jahren als erledigt betrachtet. Die Revolutionäre brauchten einen längeren Atem und der Aufbau einer revolutionären Organisation wurde diesmal fundierter unternommen, bis die Strukturen es möglich machten, gegen den Diktator und seine Bagage in einem zweijährigen Guerillakrieg unter Mitwirkung der Bevölkerung zum Sieg zu gelangen. Man kann heute nur noch schwer nachvollziehen, in welcher Übereinstimmung sich das kubanische Volk mit den Revolutionären befand. Dabei ging es nicht nur darum, daß der verhaßte gemeinsame Feind Battista vertrieben wurde und mit ihm all die Lakaien, die die Interessen der USA in Kuba vertreten hatten, denn Kuba war wirtschaftlich ein Anhängsel an die USA gewesen.
Nein, die gemeinsame Linie von Fidel Castro und seinen Mannen und der Bevölkerung, vor allem auch der Landbevölkerung, basierte nicht auf einer Illusion, sondern auf echten gemeinsamen demokratischen Interessen, die sich in die Begriffe Bildung und Gerechtigkeit subsumieren lassen. Klug hatten die siegreichen Revolutionäre den Wissensdurst der Landbevölkerung zum Ausgangspunkt einer gewaltigen Alphabetisierungskampagne genommen. Denn mit Lesen und Schreiben war die Teilhabe am demokratischen Aufbauprozeß von Kuba verbunden. Das war keine Propaganda von oben, sondern entsprach dem genuinen Bedürfnis des Bauern genauso wie des Proletariats in den Städten.
Auch China spielte eine gute Rolle, denn ohne die Lampen aus China, wäre das abendliche Lernen in den Stuben auf dem Land und den Bergen nicht möglich gewesen. Zudem war auch das Material zum Lesenlernen auf Erwachsene zugeschnitten. Mit den Buchstaben und den ersten Sätzen waren immer politische Inhalte angesprochen, die gleichzeitig gelernt wurden. Es wäre völlig verfehlt, in dieser Phase von politischer Indoktrination zu sprechen, denn die Sachverhalte, die in den Fibeln angesprochen waren, waren normales staatsbürgerliches Wissen, daß in jeder Demokratie in der Schule vermittelt wird, hier mit dem Unterschied, daß an ihm die Erwachsenen das Lesen und Schreiben übten.
Die Hoffnung, dadurch wirklich an der politischen Gestaltung des Landes und auch an dem Geschick ihres eigenen Lebens teilzuhaben, war für die Bevölkerung so durchschlagend, daß die Alphabetisierungskampagne in einem nie gekannten Ausmaß erfolgreich war. Dies nicht nur für die Jahre nach 1959. Bis heute hält Kuba die beste Alphabetisierungsrate der Welt, konkret also können in Kuba auch heute prozentual mehr Männer und Frauen lesen und schreiben, als die Einwohner der USA und auch mehr als in der Bundesrepublik Deutschland. Das ist deshalb so erstaunlich, weil die Hoffnungen der damaligen Bevölkerung, eigener Herr im eigenen Land zu werden, sich nicht, wie von allen geplant, erfüllten. Fortsetzung folgt.