Tanztheater Wuppertal feiert mit einem Festival PINA 40
Hanswerner Kruse
Wuppertal (Weltexpresso) - Vor 40 Jahren wurde Pina Bausch Leiterin des Wuppertaler Balletts. Mit dem im September begonnenen Festival feiert das Wuppertaler Tanztheater Pina Bausch sein 40-jähriges Jubiläum. In der gesamten Spielzeit werden zahlreiche Werke des Ensembles und ein breites Rahmenprogramm präsentiert.
Nach zunächst verblüffenden Umsetzungen musikalischer Vorlagen („Orpheus und Eurydike“, „Le sacre du printemps“), stellte Pina Bausch das Ballett und den Modern Dance völlig infrage. Sie ließ keine Geschichten mehr tanzen, sondern schuf gemeinsam mit ihrer Compagnie szenische Collagen, in denen theatralische, pantomimische und tänzerische Elemente zwischen Traum und Realität verwoben wurden. Die weltberühmt gewordene Choreografin starb 2009, ihr Ensemble pflegt seitdem das Repertoire. Im Jubiläumsjahr erschienen zwei ultimative Bücher über sie - ein opulenter Fotoband und eine umfassende Werkmonografie.
„…Da wird ein festliches Picknick zwischen den Steinen gedeckt, mit weißem Tischtuch, Geschirr und Besteck, offensichtlich für einen Hund, der genüsslich den Teller leer frisst. Da schreitet die ganze Truppe in feierlicher Haltung zu einem Trauermarsch gegen die Rampe und verstreut mit pathetischer Geste lauter Müll.
Eigentlich träumen sie alle von der Liebe: wie die Frau, die ihre Lippen mit Wasser benetzt, Zucker darauf tupft, dann einen Mann hereinruft, sie zu küssen. Arrogant lässt sie zum Dank lässig eine Münze auf den Boden fallen. Er quittiert die kühle Geste, indem er einen ganzen Sack Geld vor ihre Füße kippt...“
So detailliert beschreibt Norbert Servos in seiner Werkmonografie sämtliche Stücke des Wuppertaler Tanztheaters, die auch heute „nichts von ihrer emotionalen Wucht und physischer Direktheit eingebüßt“ haben, wie er im Vorwort betont. Wer einmal von Bauschs Bilderfluten verzaubert wurde, kann sich später kaum noch erinnern, was er alles erlebt hat. Mit Servos kann man sich verträumt an Stücke erinnern oder verpasste imaginieren.
Sinnliche Paraphrasierungen dieser Texte leisten die wunderbaren Fotografien von Ursula Kaufmann in ihrem großformatigen Bildband. Die Fotos werden durch eher persönliche als analytische Texte der Journalistin Gudrun Norbisrath begleitet, die Antworten auf die Frage sucht: „Was ist es, das uns (bei Pina) berührt, ergreift, überwältigt; das uns lächeln macht und verstört, anders und vielleicht intensiver als andere Kunst?“
Aus den assoziativ verknüpften schrillen und ruhigen Bildern, parallelen Szenen, merkwürdigen Soli und skurrilen Auftritten des ganzen Ensembles entsteht, wie Norbisrath meint, „etwas Unnennbares, etwas, das man begreifen kann, ohne verstehen zu müssen.“ Die Fotos und Texte in diesem Bildband führen uns in die Welt der Pina Bausch, „die der ähnelt, die wir immer schon kannten, doch sie führt tief hinein in ein Anderes, Inneres.“
http://www.pina-bausch.de/pina40/
Foto: „Two Cigarettes in the dark“ ein Stück von Pina Bausch, Mechthild Grossmann
INFO:
Norbert Servos, Pina Bausch: Tanztheater, 3. aktualisierte Auflage, broschiert, 301 Seiten mit 56 Bildseiten, 28 €
Ursula Kaufmann, Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal, gebunden, 320 Seiten mit über 380 Fotografien, 78 €