Hertie-Stiftung und Eric Kandel treffen in der Frankfurter Paulskirche auf Herlinde Koelbl und Markus Lüpertz, Teil 1
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das war alles gut gemeint, aber gut Gemeintes wird nicht von alleine gut. Denn das nach den Preisverleihung am Freitagabend angesetzte Dreiergespräch Kandel, Koelbl, Lüpertz, das Gert Scobel unter dem Motto „DER KREATIVE MENSCH: Kunst und Wissenschaft im Gespräch“ moderieren sollte, war vermurkst. Dazu noch mehr.
Zuerst aber ging es um den eigentlichen Anlaß des Abends, der ein doppelter war. Es ging um die Hertie-Senior-Forschungsprofessur, die an Prof. Dr. Dr. hc. Wolfgang H. Oertel verliehen wurde und um den Eric Kandel/Young Neuroscientists Prize für Prof. Dr. Sonja Hofer. Eingeleitet wurde der Festakt durch Vivaldis Concerto d-Moll, dessen 3. Satz das Clarinos-Ensemble durch den großen runden Raum klingen ließ, dessen Reihen gut besetzt waren und allerlei Frankfurter und hessische Prominenz aufwiesen.
Stadträtin Rosemarie Heilig hatte begrüßt und wer einen Moment glaubte, der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt gebe dem anwesenden Eric Kandel, in dessen Name der Nachwuchspreis erfolgt, die Ehre, weil er auf dem Programm Feldmann lesen konnte, der hatte sich geirrt. Denn John Feldmann ist der Vorstandsvorsitzende der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, von der wir schon viel Gutes hörten und deshalb mehr darüber wissen wollten und gekommen waren. Peter Feldmann übrigens, das entnahmen wir einer Pressemitteilung von anderer Stelle, weilte mit der Messe Frankfurt in der Partnerstadt Mailand, wo die Frankfurter Messe eine Tochtergesellschaft hat und Jubiläum feierte; im übrigen werden die Frankfurter dort auch die Expo 2015 ausrichten, was Feldmann zu begutachten hatte.
Die Ausführungen von John Feldmann waren für alle diejenigen, die die bisherigen fünf Preisverleihungen nicht mitgemacht hatten, sehr instruktiv, denn er erläuterte, warum es diese Preise für Hirnforschung überhaupt gibt. Ausgehend von 780 Millionen Euro, die für Hirnerkrankungen in Deutschland ausgegeben werden, konstatiert er einen durchaus dramatischen Rückgang privater Forschungsvorhaben im Bereich neurodegenerativer Erkrankungen.Das Gehirn besser verstehen zu lernen und die Krankheiten besser und vor allem frühzeitiger zu erkennen, wurde von der Hertie-Stiftung im Jahr 2012 mit 8, 5 Millionen Euro gefördert. Dringend solle man sich im Internet www.dasgehirn.info anschauen, wo von MORBUS ALZHEIMER über DIE SCHÖNHEIT WACHSENDER DENTRITEN bis zum Filmwettbewerb das Neueste genau zu verfolgen ist. Das wissen wir, weil wir es taten.
Im übrigen war Feldmanns Vorstellung der Preisträger und auch die der Laudatoren weder steif noch im schlechten Sinne akademisch, sondern aufgeräumt und schwungvoll, auch persönlich herzlich, so daß die lange Zeit, die solche Preisverleihungen mit Begründungsreden, Übergabe und Dankesrede einfach kosten, nicht weiter auffiel. An der Kurzweiligkeit hatten auch die Geehrten Anteil. Wolfgang H. Oertel, Direktor der Klinik für Neurologie, Philipps-Universität Marburg konnte sich über eine Million Euro sichtlich freuen und von den Ausschreibungen her wissen wir, daß er mindestens 60 Jahre und Neurowissenschaftler sein muß. Die Forschungsprofessur „stellt eine besondere Auszeichnugn für langjährige Spitzenleistungen in der Hirnforschung dar. Die Hertie-Stiftung möchte damit das Potential und die Erfahrung exzellenter älterer Wissenschaftler für die Forschung erhalten und stärken.“
Dabei ist ein gestaffeltes Vorgehen vorgesehen. Die Professur ist zunächst befristet bis zum Erreichen der Pensionsgrenze und kann dann für weitere fünf Jahre möglich sein. In dieser Zeit wird sukzessive die Forschungstätigkeit die einzige und mit dem Rückzug aus Verwaltungs- und Leitungsaufgaben verbunden. Die Universität, wohin die Seniorprofessur geht – hier Marburg – erbringt im Gegenzug eigene Leistungen für die Ausstattung der Professur. Wir konnten nachlesen, daß bisher nur männliche Forscher ausgezeichnet wurden, was der bisherige Struktur der Lehrstühle entspricht. Fortsetzung folgt.
INFO:
Eric Kandel, Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes, Pantheon Verlag/ Siedler 2006
Eric Kandel, Das Zeitalter der Erkenntnis, Die Erforschung des Unbewußten in Kunst, Geist und Gehirn von der Wiener Moderne bis heute, Siedler Verlag 2012
www.ghst.de