schokoportratsWissenswertes aus dem Barockschloss Mannheim

Sabine Zoller

Mannheim (Weltexpresso) - Am 7. Juli 1550 soll die Schokolade das erste Mal nach Europa gekommen sein – daher wird an diesem Datum der „Tag der Schokolade“ begangen. Das exotische Getränk avancierte an den Höfen des Barock zum Modegetränk. Schnell entwickelte die feine Gesellschaft eigene Sitten für den stilvollen Konsum und besonderes Geschirr entstand. In Mannheim zählte bereits früh das Kurfürstenpaar Elisabeth Auguste und Carl Theodor zu große Schokoladenfans und so richten die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg im aktuellen Themenjahr „Exotik. Faszination und Fantasie“ den Blick auf exotische Wurzeln unserer heutigen Alltagskultur und ihre Spuren im Barockschloss Mannheim.

Schokolade aus der neuen Welt

Von den Mayas erhielten die spanischen Eroberer 1544 verschiedene Freundschaftsgeschenke für den spanischen König ‒ darunter auch ein Gefäß mit geschlagener Schokolade. Die Ureinwohner Südamerikas stellten aus den öligen Kakaobohnen ein nahrhaftes Getränk her, das sie mit Mais, Pfeffer oder Honig mischten. Um die bittere Schokolade zu verfeinern, fügten die Europäer der flüssigen Kostbarkeit teuren Zucker bei. Das machte die Schokolade zum Luxusgut, das sich nur die reiche Oberschicht leisten konnte – wie etwa der Adel am Mannheimer Hof.


Foto Zoller Schokoladenbecher mit Unterschale um 1730Porzellangefäße für das edle Getränk

Schokolade, Tee und Kaffee wurden ab 1700 zu Modegetränken, wodurch eine neue Genusskultur entstand. Dafür wurde eigenes, besonderes Geschirr benötigt: Porzellan, das anfangs aus Asien importiert wurde. Ab 1755 konnte es in der neuen Frankenthaler Porzellanmanufaktur angefertigt werden. Paul Anton Hannong (1700‒1760) hat die Manufaktur als die siebte ihrer Art in Deutschland gegründet, um das „weiße Gold“ selbst herzustellen. Das neue Material war perfekt für die warmen Genussmittel Tee, Kaffee und Schokolade und trat gemeinsam mit ihnen seinen Siegeszug an.


Exotischer Genuss in der Trembleuse

Wie es sich für ein modisches Luxusgetränk gehört, wurde auch einst der Konsum regelrecht zelebriert. Zeitgenössische Berichte überliefern das Spektakel: Bei Zubereitung und Ausschank der Schokolade kamen gleich mehrere Bedienstete zum Einsatz. Ein Diener quirlte die warme Schokolade auf einem Rechaud cremig, ein nächster füllte die Tasse und reichte sie und ein weiterer bot zum Abschluss ein Mundtuch an. Schokolade konsumierte man gern am Morgen – im Bett liegend! Getrunken wurde die kostbare Flüssigkeit aus einer speziellen Tasse, der sogenannten Trembleuse. Ihre Untertasse bietet durch einen hohen Standring aus Porzellan Halt: Er stabilisiert die Tasse, um auch mit zitternden Händen – der Name kommt vom französischen „trembler“ für zittern – keinen Tropfen des teuren Getränkes zu verschütten. Auch die Schokoladenkanne hatte eine ganze eigene Form, an der man sie heute noch in Porzellansammlungen erkennt. Typisch ist das Loch im Deckel, eine Aussparung für den Quirl, mit dem man die Schokolade schaumig rührte.


Die „Speise der Götter“

schokoKakao wird heute in Mittel- und Südamerika, aber auch in Äquatorialafrika und Südostasien angebaut. Weltweit werden jährlich bis zu 4,8 Millionen Tonnen Kakao produziert. Der zu der Familie der Malvengewächse gehörende Kakaobaum wächst ursprünglich in den tropischen Regenwäldern Mittel- und Südamerikas. Ihre immergrüne Laubkrone zeichnet die Pflanze aus, die bis zu 20 Meter hoch werden und eine Frucht von bis zu 30 Zentimeter Länge tragen kann. Dem wohlschmeckenden Getränk aus diesen Früchten wurde im Barock schnell eine medizinische Wirkung nachgesagt. Der niederländische Arzt Cornelius Dekker verteidigte im 17. Jahrhundert das neue Modegetränk Schokolade gegen Vorurteile: Die Schokolade „thut dem magen gut, (...) absonderlich wenn man nicht zuviel Zucker dazu thut“.



Schokolade in Europa

Der „Tag der Schokolade“ bezieht sich auf den Termin, an dem erstmals Schokolade nach Europa gelangt sein soll: der 7. Juli 1550. Zu Beginn kannte man nur die warme Trinkschokolade; die ersten Schokoladentafeln wurden erst im Jahr 1847 von dem englischen Unternehmen J. S. Fry & Sons erfunden. Ab diesem Zeitpunkt war es möglich, Schokolade in größeren Mengen zu produzieren. Dieses Ereignis läutete den Siegeszug des süßen Genussmittels durch alle Gesellschaftsschichten Europas ein.

Mit dem Themenjahr „Exotik. Faszination und Fantasie“ erkunden die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg in diesem Jahr die Wege von duftenden Gewürzen, kostbar gearbeitetem Kunsthandwerk und außergewöhnlichen Pflanzen nach Europa. Die Spuren des Phänomens Schokolade entdeckt man in den reichen Sammlungen von kostbarem Porzellan der Zeit sowie in den Motiven der grandiosen Wandteppiche der sogenannten Neu-Indien-Serie im Schloss Mannheim.

In Zusammenarbeit mit den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg hat die Mannheimer Confiserie Freund eine neue Pralinenkreation als Reminiszenz an die Glanzzeit von Schloss Mannheim unter dem Kurfürstenpaar Carl Theodor und Elisabeth Auguste kreiert.


Fotos:
Das Barockschloss Mannheim
Pralinen mit dem Konterfei des Kurfürstenpaares vor der Kulisse des Mannheimer Schlosses
Schokoladentasse
alle Fotos ©SZ

Info:
Barockschloss Mannheim
Geöffnet Do‒So, Feiertag 10:00‒17:00 Uhr (letzter Einlass 16 Uhr)
und 18. Juli: 10 bis 16 Uhr (letzter Einlass 15 Uhr)