Steuersünder: Sommer, Hoeneß und all die anderen
Helmut Marrat
Hamburg (Weltexpresso) - Eine wunderliche Nachricht erreicht mich dieser Tage: Der langjährige Chefredakteur und Mitherausgeber der liberalen Wochenzeitung DIE ZEIT, Theo Sommer wurde vor kurzem zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Wegen Steuerhinterziehung. Es geht um etwa sechshunderttausend Euro nicht angemeldeter Autorenhonorare, und das Strafmaß beträgt immerhin eineinhalb Jahre .
Es ist dies, nach Zumwinkel und Hoeneß, der dritte aktuellere Fall eines "prominenten" Steuersünders, auch wenn Sommer darauf Wert legen soll, daß er sein Geld nicht ins Ausland geschafft habe, sondern lediglich unachtsam gewesen sei. Er habe ansonsten ein langes Leben(Jahrgang1930) ehrlich verbracht, was zumindest die Nachfrage provoziert, ob das für die anderen Herren etwa nicht gilt.
Klaus Zumwinkel war lange Zeit unter anderem Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post, und ich habe keine Ahnung, ob er tüchtig war oder nicht. Auch weiß ich nicht, wer zu verantworten hatte, daß damals ein Fernsehteam die Verhaftung Zumwinkels aus seinem Privathaus gefilmt hatte, was angeblich der Abschreckung weiterer Steuersünder dienen sollte, noch, ob das eigentlich rechtsstaatlich war, und, ob die Verantwortlichen für diese mediale Art des "Prangers" je zur Verantwortung gezogen wurden. Uli Hoeneß zeigte sich, im Gegensatz zu den beiden anderen , selbst an und wird demnächst vor Gericht erscheinen müssen. Er gilt als sehr tüchtiger Präsident seines Vereins. Das lese ich immer wieder, ohne es beurteilen zu können. Das Einzige, was ich beitragen kann, ist, Hoeneß noch im Jahr 2012 im Gespräch mit Giovanni di Lorenzo gehört zu haben, und jetzt klingt es dumm, daß er mir damals etwas zu selbstgewiß vorkam, doch es war so.
Di Lorenzo ist der derzeitige Chefredakteur der ZEIT, aber auch noch Moderator der Talkshow "Drei nach Neun" aus Bremen. Und er "betreute" zwischendurch den Freiherrn zu Guttenberg bei dessen mißglücktem Comebackversuch. Ob di Lorenzo ein besonders talentierter Autor ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Theo Sommer , der laut seines ehemaligen Verlegers Gerd Bucerius, stilistisch zu "Papierblumen" neigt, läßt sich seit einigen Jahren als "editor at large" im Impressum seiner Zeitung führen, was aber nicht heißen soll, daß er ein besonders hervorzuhebender Herausgeber, sozusagen in einer Ehrenstellung, ist, sondern ein Autor, der, obschon festangestellt, über größtmögliche Freiheit verfügt. Er darf sich zum Beispiel seine Themen, über die er schreibt, selbst wählen. Theo Sommer bedauerte, laut Pressemeldung, mit der bereits getätigten Geldstrafe seine Altersversorgung deutlich geschmälert zu haben, was daran erinnert, daß der Milliadär Bucerius für seine Redakteure keine betriebliche Rente vorgesehen haben soll.
Also war jeder auf sich selbst gestellt. Vielleicht liegt darin auch der Grund, daß Theo Sommer, der im nämlichen Vorort Hamburgs lebt wie ich, sich Morgen für Morgen am Bahnhofskiosk unser U-Bahn die Süddeutsche kaufte, die selbst ein Chefredakteur offenbar nicht auf seinem Schreibtisch vorfand. Mir fielen dabei seine riesigen Hände auf, die, laut Raddatz, ihn zu einer "Prankenherzlichkeit" befähigten. Und, siehe Papierblumen, dann dennoch zu einer gewissen Leichtigkeit des Schreibstils. Er schrieb jedenfalls einige erfolgreiche Bücher, etwa über Helmut Schmidt, so daß die hohe Summe der Autorenhonorare vermutlich erklärt ist.
Vielleicht ist es etwas billig, wenn ich erwähne, Sommer gleich zweimal beim Betreten eines Podiums stolpern gesehen zu haben, und einmal beim Zurückkehren auf seinen Sitzplatz dabei, daß er sich um ein Haar fast zwischen zwei Stühle gesetzt hätte, doch, laut Gräfin Dönhoff soll das der Platz sein, wo sich ein Liberaler am besten aufgehoben fühlt.