Wir sindIm Gespräch mit Bernd Reisig über den Charme und die Unwägbarkeiten unserer liebenswerten Main-Metropole

Eva Mittmann

Frankfurt am Main (Weltexpresso) -„Unser Frankfurt ist schon eine besondere Perle unter Deutschlands Großstädten! Und die hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt“, wie Bernd Reisig zu erzählen weiß. Liebevoll nennt er sie „Mainhattan“ und sei dennoch nicht vergleichbar mit anderen Großstädten wie Manhattan oder New York, da diese ja schließlich viel anonymer seien. Die Frankfurter sind hingegen liebevoll seine „Buddies“ und sein „Mainhattan“ – die kleine Insel.

hl 12291347626Was er an Frankfurt so besonders sexy findet, sind die offenen Gegensätze – und speziell deren spürbare Verschmelzung: „Stilles Wasser und Edelwodka - Bankentürme und Apfelwein-Solzer haben den Weg zueinander gefunden.“ Früher sei die Bankenwelt eher anonym gewesen und kein Bestandteil der Stadt. So spricht er von der Finanzmetropole als einer „in sich geschlossenen Blase“. Heute hingegen sei dies alles miteinander verwoben: „Nehmen wir z.B. aktuell den Fußball: Die Deutsche Bank hätte sich vor fünfzehn, zwanzig Jahren niemals in dem „Proletensport“ Fußball engagiert. Heute geht der Vorstandsvorsitzende einer Bank genauso in den Apfelwein-Solzer wie er ansonsten am Opernplatz für 150 € Hummer verspeist.“ Jeder kann das tun, was er mag – ohne einen anderen zu schädigen. So lautet sein Credo, denn Frankfurt sei die Stadt, in der man einander versteht und keiner einem anderen gegen über Vorbehalte hat: „Wenn z.B. einer mit einem rosa Porsche durch die Innenstadt fahren will, dann soll er das tun. Das gehört für mich zu Vielfalt und Toleranz dazu.“ Was ihn jedoch umtreibt, ist die Tatsache, dass es in unserer reichen und vielfältigen Stadt auch viele Menschen gibt, die „echt richtig arm“ sind – und diese immer mehr werden. Bei anderen Ländern sei zu beobachten, dass sie das in den Griff kriegen; hier hingegen wachse die Armut, mehr Wohnungslose - und so werde die Stadt für viele Menschen nicht mehr bezahlbar. So treibe man Künstler und geringer Verdienende aus der Stadt hinaus.
„Wie kriegen wir da wieder eine normale Balance rein?", fragt er sich.
Bezahlbaren Wohnraum in Frankfurt zu schaffen - dies wäre die Unerlässlichkeit, die Bernd Reisig meint und bei der er sich aus der Sicht des besser Situierten fragt: Wie kann sich jemand, der 4000€ brutto verdient, wie kann sich der die Stadt überhaupt noch leisten? Und im gleichen Atemzug nennt er Freunde bei der Frankfurter Polizei, die sich in eben dieser Situation befinden: „Ich habe Freunde bei der Polizei, die rausziehen müssen aufs Land, weil sie sich die Stadt nicht mehr leisten können, müssen aber gleichermaßen in der Stadt schützen. Das finde ich abartig.“
BerndReisigDas ist für ein Thema, bei dem er überzeugt ist, die Stadt bzw. die Gesellschaft müsse massiv entgegensteuern. Als Beispiel führt er an, dass ein Wohnungsbauprojekt wie der Riedberg heutzutage nicht mehr möglich wäre. Zudem seien strukturelle Probleme wie z.B. der öffentliche Nahverkehr von allerhöchster Brisanz. Wenn wir uns heute bspw. Zu einem Bauprojekt einig wären oder zum Ausbau des Verkehrsnetzes, hätten wir die Ergebnisse in fünfzehn bis zwanzig Jahren. Dies seien keine zufriedenstellenden Zukunftsaussichten. „Wohnraum muss erschwinglich sein“, damit Frankfurts Vielfalt erhalten bliebe - aber die Politik mache sich da nicht ehrlich.

Trotz alledem: Die Frankfurter lieben ihre Stadt! Hassan Annouri hat ihr sogar eine Hymne gewidmet. Diese erscheint am 19. Mai unter dem Titel: „Wir sind alles Frankfurter“ und ist seine Liebeserklärung an unsere Stadt.


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