Serie: Fritz Bauer: Bücher, Filme, CDs und vor allem die Ausstellung in Frankfurt am Main, Teil 8

 

Kurt Nelhiebel

 

Bremen (Weltexpresso) - Das schrammt haarscharf am Plagiat vorbei. Auf jeden Fall ist eine solche Arbeitsweise völlig unseriös.“ Das schrieb mir ein Verleger, nachdem er Zitate aus der Fritz-Bauer-Biographie von Ronen Steinke mit Auszügen aus einem „Spiegel“- Artikel verglichen hatte.Der Piper-Verlag, bei dem die Biografie 2013 erschienen ist, scheint von dieser Ähnlichkeit nichts bemerkt zu haben.

 

 

Dem Autor selbst genügte als Feigenblatt für seine Abschreibekünste eine „Anmerkung“ am Schluss des Buches, wonach wörtlich wiedergegebene Sätze dem „Spiegel“ vom 31. Juli 1995 entnommen sind. Dass der gesamte Anfang der Biographie, in den diese Zitate eingebettet sind, der „Spiegel“- Veröffentlichung gleicht, wie ein Ei dem anderen, erfahren die Leser bis zum Schluss nicht. Auch sonst geht der Dampfplauderer nicht sonderlich respektvoll mit ihnen um.

 

Vor einem halben Jahr habe ich mich gewundert, weshalb Ronen Steinke eine von ihm in der Süddeutschen Zeitung verbreitete falsche Angabe über die Größe des Saales, in dem der Auschwitzprozess begann, nicht berichtigen wollte. Er hatte die Länge mit 120 Metern angegeben, obwohl der Saal in Wirklichkeit nur knapp 24 Meter lang ist. Inzwischen weiß ich, warum er sich nicht korrigieren wollte. Derselbe Unsinn steht nämlich auch in seiner Fritz-Bauer-Biographie auf Seite 178. Wäre es nur das, könnte man vielleicht ein Auge zudrücken. Aber Steinke nimmt es auch an anderen Stellen mit der Wahrheit nicht so genau, auch wenn es sich um vermeintliche Nebensächlichkeiten handelt.

 

So behauptet er, die Angeklagten im Auschwitzprozess hätten während der Hauptverhandlung auf den „vorderen Reihen im Zuschauerraum“ gesessen. Weiter heißt es dann: „Mancher nichtsahnende Besucher hat schon einen von ihnen von hinten angetippt und freundlich flüsternd nach dem rätselhaften juristischen Geschehen da vorn gefragt.“ Das ist Boulevard-Journalismus auf niedrigstem Niveau. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der angesehene Schriftsteller Horst Krüger, auf den Steinke sich in diesem Zusammenhang beruft, mit der Wahrheit so liederlich umgegangen ist. Auf jedem Foto aus dem Verhandlungssaal kann man schließlich sehen, dass die Angeklagten keineswegs direkt neben den Besuchern saßen, sondern getrennt von ihnen in einem von Polizisten flankierten gesonderten Block.

 

Das Jahrhundertverfahren gegen Beteiligte am Massenmord an den Juden atmosphärisch in die Nähe einer Verhandlung vor einem königlich-bayerischen Amtsgericht zu rücken, lässt sich mit Unerfahrenheit nicht erklären.Steinke ist Jurist. Dass sein Mentor Werner Renz vom Fritz-Bauer-Institut das hat durchgehen lassen, ist unbegreiflich, zumal da er Sachkunde als notwendige Voraussetzung betrachtet, „um über das vielfältige Wirken des Hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer angemessen arbeiten und publizieren zu können“. Hinzu kommt, dass bereits eine ehemals leitende Mitarbeiterin des Instituts eine – wie die Süddeutsche Zeitung schrieb – „exzellente Biografie“ über Fritz Bauer vorgelegt hatte. (Irmtrud Wojak, Fritz Bauer, 1903-1968. Eine Biografie, C.H. Beck, 2009).

 

Aber dort sind nach Meinung von Ronen Steinke „weiße Flecke geblieben“. Jetzt sollte die Öffentlichkeit endlich erfahren, dass Fritz Bauer als junger Mann im Exil wegen homosexueller Handlungen verhaftet worden sei. Das ist ein Kapitel für sich. Fortsetzung folgt.

 

 

Info:

 

Fritz Bauer. Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht

Ausstellung im Jüdischen Museum in Frankfurt

bis 7. September 2014

Im Thüringer Landtag, Erfurt vom 9. Dezember 2014 bis 1. Februar 2015

 

Es gibt ein umfangreiches und qualitativ hochwertiges Rahmenprogramm.

 

Katalog: Fritz Bauer. Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht, hrsg. von Fritz Backhaus, Monika Boll und Raphael Gross im Auftrag des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt, Campus Verlag 2014

 

Biographien:

Irmtrud Wojak, „Fritz Bauer 1903-1968. Eine Biographie“, Verlag C.H.Beck, München 2009

 

Ronen Steinke, „Fritz Bauer: Oder Auschwitz vor Gericht. Biografie mit einem Vorwort von Andreas Voßkuhle, Piper Verlag, München 2013

 

Film/DVD

Ilona Ziok, Fritz Bauer - Tod auf Raten, Deutschland 2012,97 Minuten

 

DVD

Fritz Bauer: Gespräche, Interviews und Reden aus den Fernseharchiven 1961-1968, Hrsg.:Fritz Bauer Institut, Frankfurt, Redaktion: Bettina Schulte Strathaus, 2 DVD,s/w, ca. 300 Minuten, absolut Medien Berlin