Brian 0178 Kopie"Das Leben des Brian" als Figurentheater 

Hanswerner Kruse

Steinau a.d. Straße (Weltexpresso) - In der Katharinenkirche präsentierte am Mittwochabend „marotte“, ein dreiköpfiges Karlsruher Ensemble, „The Bright Side of Life“. Ihr Bühnenstück mit Menschen und Figuren folgt dem einst wegen Blasphemie heftig umstrittenen Film „Das Leben des Brian“ der britischen Komikertruppe Monty Python.

Die theatralischen Akteure singen und spielen derb die erfundene Geschichte Brians, der zur gleichen Zeit wie Jesus in Judäa lebt. Aufgrund zahlreicher Missverständnisse wird er (auch) als Messias verehrt und gerät in eine Vielzahl chaotischer Situationen. Der klamaukige britische Streifen ist nicht jedermanns Sache, doch die drei Schauspieler ziehen das Publikum sofort in ihre überdrehte Inszenierung hinein.

Als Erstes schleppen sie einen riesigen Korb voll echt wirkender Steine aus Plastik auf die karge Bühne und verteilen sie im Saal: „Damit ihr in der dritten Szene an der Steinigung teilnehmen könnt.“ Dann feiern zwei verirrte Könige, unweit von Bethlehem, den neugeborenen Brian in der Futterkrippe als Messias. Doch seine vulgäre Mutter flucht: „Ihr seid nicht dem Stern gefolgt, ihr seid sternhagelvoll.“ Bald wird ihr Sohn ein Teenager, „der sich rasiert und masturbiert“, trällern die Spieler. Kurz darauf folgt die Steinigung eines Delinquenten, bei der keine Frauen zugelassen sind. „Warum?“, wird gefragt. „Weil es geschrieben steht“, heißt es. Also müssen sich die weiblichen Figuren ausgefranste Lappen als Bärte umbinden, um Steine zu werfen. 

Ständig wird auf die Römer geschimpft, auch Brian schließt sich der „Judäischen Volksfront“ an, hauptsächlich weil er in die Kämpferin Judith verknallt ist. In der Kampfgruppe finden absurde Dispute statt, es wird gejammert, wie ungerecht es sei, dass Männer keine Kinder kriegen könnten, oder gestritten, „was die Römer alles für uns getan haben“.

Bald folgt das Geständnis der Mutter, dass der Vater ihres Sohnes ein römischer Vergewaltiger gewesen sei: „Anfangs war es nicht so gut, aber dann ganz angenehm.“ Brian ist entsetzt – er ein Römer! Für die Volksfront malt er Losungen an Wände, dass die Besatzer verschwinden sollen. Ein Soldat erwischt ihn, gibt ihm strengen Lateinunterricht und lässt ihn die Losung einhundertmal richtig schreiben. Doch nach getaner Strafarbeit wird er wegen Aufruhrs verhaftet.

„Das Leben des Brian“ ist eine abstruse Szenencollage, bei der alle Bühnenumbauten von den Akteuren vorgenommen werden, sie sind verfremdender Teil des Stückes. Häufig agieren die Figurenführer auch als Schauspieler und verdoppeln so den Ausdruck ihrer Puppen. Die judäischen Köpfe sehen aus wie zusammengeknülltes Papier, doch sie zeigen durchaus differenzierte Gesichtsausdrücke; Tücher symbolisieren ihre Körper. Die in knallrote Gewänder gehüllten Römer tragen Kochtöpfe als Helme. Als Brian am Ende rechts außen am Kreuz hängt, feiert ihn die Volksfront, und seine Judith ist begeistert: „Toll, was du tust“. Nur seine Mutter nörgelt: „Hier hängst du also herum?“

Brian 0143Die Interpretation der „marotte“ hält sich an die Filmvorlage, fügt jedoch aktuelle Ereignisse hinzu und ironisiert unter anderem die Genderfrage. Frech, provokant und herrlich unkorrekt stürmen die Spieler über die Bühne der Katharinenkirche. Dabei schmettern sie häufig „The Bright Side of Life“ (die Sonnenseite des Lebens) und bleiben unermüdlich in Kontakt mit dem hingerissenen Publikum. Entscheidend ist hier weniger das „Was“ der Handlung, sondern vielmehr das „Wie“ – denn die Inszenierung lebt von der beeindruckenden Vielfalt der Mittel des Figurentheaters. 


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Hanswerner Kruse

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