Über untaugliche Versuche, eine historische Gestalt zu demontieren
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) – Die bisherigen einzelnen Ausführungen von Kurt Nelhiebel zum Wirken des Mitarbeiters des Fritz Bauer Instituts Werner Renz - hier seine der Person und dem Tun abträglichen schriftlichen Ausführungen zu Fritz Bauer – münden in ein FAZIT. Das Was ist somit geklärt, das Warum noch lange nicht. Deutungshoheit über den Namensgeber des Instituts, kann dieses nicht mehr für sich reklamieren.
Fazit
Das Schweigen von Werner Renz über Fritz Bauer, seine Bemerkungen über den vermeintlich innerlich zerrissenen „Praeceptor Germaniae“, der den Deutschen die Ursachen ihrer Verführbarkeit bewusst machen wollte und mit sich selbst nicht zurecht kam, all das steht in krassem Widerspruch zu der Aussage des obersten Verfassungsrichters der Bundesrepublik Deutschland, Fritz Bauer habe die deutsche Geschichte zum Guten hin beeinflusst. Fritz Bauer verkörperte das „andere Deutschland“, mit dem sich Teile der konservativen Elite nie angefreundet haben.
Sie möchten die Erinnerung an dieses andere Deutschland und an die NS-Vergangenheit auf ein unvermeidliches Maß zurückschrauben, damit Deutschland seine neue Rolle in der Welt ungehindert wahrnehmen kann. Aber die Erinnerung an die von Deutschen begangenen Verbrechen sind zu fest im kollektiven Gedächtnis der Menschheit verankert, als dass sie jemals vergessen werden könnten. Als der kürzlich verstorbene amerikanische Schauspieler Robin William gefragt wurde, was er auf die Frage einer deutschen Talkmasterin geantwortet habe, warum es in Deutschland so wenig Comedy gebe, antwortete er: „Na ja, ich habe gesagt, habt ihr schon mal überlegt, ob ihr die lustigen Leute vielleicht alle umgebracht habt?“ 1
Fritz Bauer war auch aus anderen Gründen manchen ein Dorn im Auge. Sie nahmen ihm übel, dass er mit seinem im Remer-Prozess erstrittenen Recht auf Ungehorsam der Aufstellung deutscher Streitkräfte in die Quere kam. Nicht minder verübelten sie ihm, dass er den Aufenthaltsort Adolf Eichmanns an die Israelis „verriet“ und damit die Gefahr heraufbeschwor, Eichmann könne etwas über die Verstrickung von Hans Globke in die Judenverfolgung aussagen, ganz abgesehen von dem Ermittlungsverfahren gegen den Staatssekretär im Bundeskanzleramt, mit dem er sich den Zorn der Bundesregierung zuzog.
Ich habe Fritz Bauer schon vor dem Auschwitz-Prozess gekannt. Ich habe ihn in Bad Kreuznach im Streitgespräch mit Helmut Kohl erlebt und während seines Frankfurter Vortrages über die Ursachen des Bösen. Damals sagte er: „Ohne Frage nach den Wurzeln des Bösen gibt es kein Heil und keine Heilung. Nichts gehört der Vergangenheit an, alles ist noch Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ Von diesem Fritz Bauer finde ich bei Renz so gut wie nichts. Bauers Vortrag über „Die Wurzeln faschistischen und nationalsozialistischen Handelns“, der Schlüssel zum Verständnis des Lebenswerkes von Fritz Bauer, ist ihm allenfalls eine Fußnote wert, obwohl er Fritz Bauer für einen Mann von funkelnder Intelligenz, umfassenden Wissen und klassischer Bildung hält, umgetrieben von heißer Menschenliebe und verzehrender Sorge um das Menschengeschlecht, leidenschaftlich und engagiert, rastlos und unermüdlich, selbstlos und aufopfernd, ein couragierter Streiter und mutiger Kämpfer, aber auch ein seelisch Verletzter.2 Allem Anschein nach hat Renz persönlich ein gespaltenes Verhältnis zu Fritz Bauer, das ihm den Blick mitunter trübt. Ich bin der Letzte, der ihn deswegen kritisieren würde. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fritz Bauer Instituts ist es jedoch seine Pflicht, ein authentisches Bild von Fritz Bauer zu zeichnen und ihn vor Fehldeutungen zu bewahren.
Anmerkungen:
1 Susan Vahabzadeh, Der gute Amerikaner, FAZ 13. August 2014, S. 3.
2 Werner Renz, Mediale Missgriffe – Fritz Bauer im Dokumentarfilm, Einsicht 04, Bulletin des Fritz Bauer Instituts, 2010.