Serie, Teil 11, WOANDERS GELESEN, hier Hessische Lehrerzeitung (HLZ) 7/8 2014: LERNORT MUSEUM
Gunnar Richter
Guxhagen/Hessen (Weltexpresso) - Die Gedenkstätte Breitenau befindet sich rund 15 km südlich von Kassel in Guxhagen auf dem Gelände des ehemaligen Benediktinerklosters und späteren Arbeitshauses Breitenau.
In der Gedenkstätte wird an die Opfer und Verfolgten des ehemaligen frühen Konzentrationslagers (1933/34) und des Arbeitserziehungslagers (1940 - 1945) der Geheimen Staatspolizei Kassel erinnert, die während der NS-Zeit parallel zum damaligen Arbeitshaus bestanden haben.
Geschichte Breitenaus während der NS-Zeit
Die Gedenkstätte ging aus einem Forschungsprojekt an der Gesamthochschule (Universität) Kassel hervor und wurde 1984 von der Gesamthochschule mit Unterstützung des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen in einem ehemaligen Klostergebäude in Breitenau eingerichtet. Seit 1986 wird die Gedenkstätte von einem Förderverein getragen und vom Land Hessen über die Hessische Landeszentrale für politische Bildung gefördert und auch vom Hessischen Kultusministerium (HKM) unterstützt. Darüber hinaus gibt es noch weitere Förderer und Unterstützer. In den übrigen Gebäuden auf dem Gelände befinden sich heute ein Wohnheim und eine Rehabilitationseinrichtung für seelisch kranke Menschen der Vitos Kurhessen.
Sowohl das frühe Konzentrationslager als auch das Arbeitserziehungslager während des Zweiten Weltkrieges waren zentrale Haftstätten der Geheimen Staatspolizei für Gefangene aus dem gesamten Regierungsbezirk Kassel, der damals ganz Nord- und Osthessen (bis nach Hanau) umfasste. In dem frühen KZ, das neun Monate bestand, waren 470 überwiegend politische Gegner (Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter) aus etwa 140 hessischen Orten inhaftiert. Unter den Gefangenen befanden sich aber auch einzelne jüdische Männer, die aus rassistischen Gründen verfolgt worden sind.
Während des Zweiten Weltkrieges waren etwa 7.000 ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, die sich dem Arbeitseinsatz widersetzt oder gegen NS-Verordnungen verstoßen hatten, in einem Arbeitserziehungslager inhaftiert. Sie sollten durch Misshandlungen, Terror und Schikanen für den bedingungslosen Arbeitseinsatz gefügig gemacht werden. Außerdem waren in dem Lager auch etwa 1.300 deutsche Gefangene inhaftiert, darunter politische Gegner, evangelische und katholische Geistliche, Menschen, die gegen NS-Normen verstoßen hatten, sowie Juden und Jüdinnen, die aus rassistischen Gründen verfolgt worden sind.
Von diesen über 8.000 Gefangenen wurden etwa 1.800 in Konzentrationslager deportiert, so nach Buchenwald, Sachsenhausen, Dachau, in das Frauen-KZ Ravensbrück und auch nach Auschwitz. Unter den nach Auschwitz Deportierten und Ermordeten befand sich Lilli Jahn, die Mutter des späteren Bundesjustizministers Gerhard Jahn. Unmittelbar vor Kriegsende ermordeten Gestapo und SS 28 Gefangene.
Außerschulischer Lern- und Bildungsort
In der Gedenkstätte befindet sich eine Ausstellung, die der Kasseler Künstler Stephan von Borstel gestaltet hat. An einem Modell kann man sich den Aufbau des damaligen Lagers verdeutlichen. Außerdem verfügt die Gedenkstätte über einen Medienraum und eine umfangreiche Bibliothek. Im Archiv befinden sich unter anderem die Aufnahmebücher der beiden Lager und fast 3.000 Originalakten von Gestapo-Gefangenen aus der Kriegszeit. Im Mittelschiff der ehemaligen Klosterkirche, das im 19. Jahrhundert für das Arbeitshaus zum Haftgebäude für Männer umgebaut wurde, sind wichtige Räumlichkeiten aus der NS-Zeit erhalten: Straf- und Isolierzellen, ein Dusch- und ein Waschraum, ein ehemaliger Aufenthalts- und Schlafsaal und der historische Dachboden der Kirche, auf dem am Kriegsende auch Gefangene untergebracht waren. Während das Mittelschiff der Kirche zur Inhaftierung von Gefangenen des frühen KZ und des späteren Arbeitserziehungslagers genutzt wurde, diente der Ostteil der Kirche, den man im 19. Jahrhundert durch eine Mauer abgetrennt hatte, bis Ende 1942 weiterhin als Gotteshaus für die evangelische Kirchengemeinde von Guxhagen. Fortsetzung folgt.
INFO:
Dr. phil. Gunnar Richter
Der Autor ist Lehrer für Gesellschaftslehre und Kunst sowie Leiter und Mitbegründer der Gedenkstätte Breitenau. Er hat über die Geschichte des Arbeitserziehungslagers Breitenau (1940-45) promoviert und ist Mitglied der bundesweiten Arbeitsgruppe Gedenkstättenpädagogik und des Sprecherrates der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Hessen.
Kontakt
Gedenkstätte Breitenau
Brückenstr. 12, 34302 Guxhagen
Telefon 05665-3533 | Fax 05665-1727
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Öffnungszeiten und Anmeldung
Montag bis Freitag 9 bis 13 und 14 bis 16 Uhr
Sonntag 13 bis 17 Uhr | 14.30 Uhr sonntags kostenlose Führung für Einzelbesucher
An Feiertagen bleibt die Gedenkstätte geschlossen. Gruppen müssen sich telefonisch anmelden. Eintritt und Führungen sind kostenlos.
www.gedenkstaette-breitenau.de