Hermann Kesten-Preis 2014 des deutschen PEN-Zentrums

 

Hubertus von Bramnitz

 

Darmstadt (Weltexpresso) – Es ist schon einige Tage her, aber immer noch eine wichtige Nachricht: Der Hermann Kesten-Preis des deutschen PEN-Zentrums geht 2014 an den Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck aus Berlin, den Rechtsbeistand von Edward Snowden in Deutschland.

 

Kaleck erhält den mit 10.000 Euro dotierten Preis für sein beharrliches und unerschrockenes Engagement für die Opfer staatlicher Gewalt, etwa in Argentinien, Tschetschenien, Kolumbien, Pakistan, Mexiko, Usbekistan und im Irak. Er war Bundesvorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) und gründete 2007 das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), dessen Generalsekretär er heute ist.

 

Es ist das Verdienst von Wolfgang Kaleck, dass er Menschenrechtsverletzungen immer in

ihrer internationalen Dimension wahrzunehmen vermag“, sagte der Präsident des deutschen PEN, Josef Haslinger, bei der Verkündung des Preisträgers in Darmstadt , die vollständige Begründung der Kesten-Jury weiter unten.

 

Der Kesten-Preis wird am 13. November 2014 um 19 Uhr im Staatstheater Darmstadt verliehen. Laudator ist Bundesminister a.D. Gerhart Baum. Anlässlich der Vollendung des 85. Lebensjahres seines Ehrenpräsidenten Hermann Kesten stiftete das PEN-Zentrum Deutschland 1985 eine Hermann Kesten-Medaille für besondere Verdienste um verfolgte Autoren. Erstmals im Jahre 2000 stiftete das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem Günter Grass, Anna Politkovskaja und Liu Xiaobo.

 

 

Die Begründung der Jury

 

Wolfgang Kaleck (Jg. 1960, Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland) aus Berlin ist ein international renommierter Anwalt für Menschenrechte, der für sein beharrliches und unerschrockenes Engagement seit nunmehr bald einem Vierteljahrhundert zu würdigen ist. Entsprechend der Rechtsauffassung, dass das Recht als Begrenzung staatlicher Macht und nicht als deren Legitimierung zu begreifen sei, setzt er sich weltweit für die Opfer staatlicher Verfolgung ein und verhilft ihnen zu Recht und Öffentlichkeit, so z. B. in Argentinien, Tschetschenien, Kolumbien, Pakistan, Mexiko, Usbekistan und im Irak. Kaleck war Bundesvorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV) und gründete im Frühjahr 2007 das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), dessen Generalsekretär er heute ist. Aktuell vertritt er den Whistleblower Edward Snowden in Deutschland.

 

Nach seinem Jurastudium in Bonn begegnete Kaleck als Referendar in Guatemala Menschen, die Angehörige durch Gewaltakte und Folter verloren hatten. 1991 gründete er zusammen mit einem Partner eine Kanzlei im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte; er vertrat DDR-Bürgerrechtler, die ihre Stasi-Unterlagen einsehen wollten, später vor allem Opfer rechtsradikal motivierter Gewaltstraftaten. Seit 1998 arbeitet er im Rahmen der Koalition gegen Straflosigkeit daran, argentinische Militärs in Deutschland wegen der Ermordung und Folterung deutscher Opfer der dortigen Militärdiktatur (1976–1983) strafverfolgen zu lassen.

 

Eine Strafanzeige beschäftigte sich mit der Rolle transnationaler Unternehmen während der Militärdiktatur und richtete sich gegen einen Manager von Mercedes-Benz Argentina wegen Beihilfe zur Ermordung eines Gewerkschafters. Besonderes Aufsehen erregten 2004 und 2006 zwei Strafanzeigen im Namen von elf ehemaligen irakischen Gefangenen der US-Streitkräfte sowie einem noch in Guantánamo einsitzenden Saudi-Araber beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Die Anzeige wegen Kriegsverbrechen und schweren Menschenrechtsverletzungen von Gefangenen in Abu Ghraib, richtete sich gegen den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und CIA-Chef George Tenet sowie gegen weitere hochrangige Pentagon-Führungskräfte.

 

Weitere Themenschwerpunkte des ECCHR sind Gewalt gegen Gewerkschafter (Der Fall Nestlè) in Kolumbien, die Strafanzeige gegen britische Politiker und Militärs vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sowie Rechtsgutachten gegen Diplomaten, die in ihren Heimatländern (Kolumbien, Sri-Lanka) für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sind und die aufgrund der rechtlichen Interventionen des ECCHR schließlich Europa verlassen mussten.

 

Aufgrund des Snowden-Mandats wird Kaleck derzeit verstärkt in der Öffentlichkeit

wahrgenommen; dies sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sein

Engagement vor allem mühevolle juristische Detailarbeit bedeutet, verbunden mit

Selbstlosigkeit und einem langen Atem.

 

 

Info:

 

Das PEN-Zentrum Deutschland ist eine der weltweit über 140 Schriftstellervereinigungen,

die im PEN International vereint sind. Die drei Buchstaben stehen für die Wörter Poets,

Essayists, Novelists. Der PEN wurde 1921 in England als literarischer Freundeskreis

gegründet. Schnell hat er sich über die Länder der Erde ausgebreitet und sich als Anwalt des freien Wortes etabliert – er gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftsteller.