Serie: Neuer Streit um das Fritz-Bauer-Institut (FBI), Teil 7 : Scharfe Kritik an Raphael Gross
Constanze Weinberg
München (Weltexpresso) - Die Historikerin Irmtrud Wojak hat dem Fritz-Bauer-Institut vorgeworfen, sich vom Vermächtnis seines Namensgebers abgewendet zu haben. Zur Begründung führt die ehemalige stellvertretende Direktorin der wissenschaftlichen Einrichtung unter anderem an, das Institut habe unter der Leitung von Raphael Gross eine von ihr betreute Ausstellung über den Auschwitz-Prozess einstampfen lassen, obwohl sie noch jederzeit hätte gezeigt werden können.
Der Direktor des Fritz-Bauer-Instituts hatte sich am 9. Dezember im Deutschlandradio zu einem Artikel im „Tagesspiegel“ vom Vortag geäußert, der Kritik am Umgang des Instituts mit seinem Namensgeber übt. Als unzutreffend weist Wojak die Darstellung des Institutsdirektors zurück, er habe ihre Arbeit an der Biographie über Fritz Bauer gefördert. Das sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil er seine Tätigkeit am Institut erst aufgenommen habe, als die Arbeit beendet gewesen sei. Ermöglicht habe er lediglich den Abschluss der Habilitation.
Als irrig bezeichnet Wojak die Ansicht von Gross, einzig dem Autor des „Tagesspiegel“-Artikels, Kurt Nelhiebel, sei aufgefallen, wie wenig sich das von ihm geleitete Institut um das Vermächtnis Fritz Bauers kümmere oder wie aktiv es an der Verzerrung von Bauers Lebensleistung arbeite. Auch Autoren der Wochenzeitung „Die Zeit“, des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und der „Frankfurter Rundschau“ hätten unabhängig voneinander die Vernachlässigung des Bauerschen Nachlasses bemerkt. Der brandenburgische Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg habe in der Fachzeitschrift „Neue Justiz“ von einer „Demontage des Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer“ gesprochen.
Statt sich mit einzelnen Punkten der Kritik von Kurt Nelhiebel zu beschäftigen, so Wojak, ziehe es Gross vor, „dem Schattengespenst des deutschen Antisemitismus zum Tanz aufzuspielen: ‚der jüdische Kontext scheint viele sehr zu stören’“. Keiner der Kritiker bezweifle die jüdische Herkunft des hessischen Generalstaatsanwalts. Fritz Bauer werde nicht beschädigt durch Verweise auf seine jüdische Herkunft – er werde beschädigt und entwurzelt durch die nachträgliche Unterstellung des vom Institut geförderten Buchautors Ronen Steinke, Fritz Bauer habe seine Herkunft aus einer jüdischen Familie verheimlicht und verleugnet.
Zur angeblichen Homosexualität Fritz Bauers erklärt die promovierte Historikerin Wojak, sie gründe sich auf ein einzelnes Schriftdokument der Nazi-hörigen dänischen Fremdenpolizei ohne nähere Angaben und ohne jeglichen Beleg. Die Demontage Fritz Bauers durch Raphael Gross und „seine Mannen“ bestehe darin, einem längst Verstorbenen eine sexuelle Neigung zuzuschreiben, die zu den Menschenrechten und den Persönlichkeitsrechten gehöre und nur ihn selbst etwas angehe. Sie sei auch ohne jeglichen wie auch immer gearteten formalen, inhaltlichen oder wissenschaftlichen Bezug zu den Ermittlungsverfahren und Prozessen, die Bauer als bahnbrechender deutscher Jurist in die Wege geleitet habe. Ob die Beteiligten dieses „Fremd-Outing“ als liberale Haltung verstanden wissen möchten oder als geschichtswissenschaftlich relevante Entdeckung, sei unerheblich.Fortsetzung folgt.