Zwischen Romantik und Konsumlogik: Wissenschaftler der Goethe-Universität erforschen die Partnersuche im Internet

 

Hubertus von Bramnitz

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Starker Auftritt der Universität! Wer sich im Internet auf Partnersuche begibt, ist meist nur auf flüchtige, vor allem sexuelle Kontakte aus: So lautet wohl die Einschätzung von vielen Beobachtern. Doch die Sozialwissenschaft kommt zu differenzierteren Urteilen: Auch im Internet suchen viele Akteure demnach ernsthafte Beziehungen.

 

Unsere Forschung zeigt: Diese Beziehungen finden sie häufig auch“, betont Dr. Oliver Voirol, Assoziierter Wissenschaftler am Institut für Sozialforschung (IFS). Zusammen mit seinem Kollegen Dr. Kai Dröge erforscht er im Rahmen des Projekts „Online Dating. Mediated Communication between Romantic Love and Economic Rationalization“ die Partnersuche im Internet.

 

Was glauben Sie, wie oft wir von Frauen im fortgeschrittenen Alter gefragt werden, was wir von einer Onlinesuche nach einem Mann halten. Nichts, natürlich. Damit liegen wir wohl falsch. Denn nicht nur die Wissenschaft erklärt uns für einen Ignoranten, das tun auch die drei Frauen, die das Internet erfolgreich für ihre Partnersuche nutzten. Die liegen also im Trend, diese Damen. Gibt es Unterschiede zwischen Männer und Frauen bei der Erfolgsrate?

 

Im Interview mit dem UniReport erklären die Forscher auf jeden Fall mit Verweis auf den klassischen Liebesbrief, dass Distanz und Schriftlichkeit die Kommunikation nicht unbedingt oberflächlicher machen, sondern im Gegenteil die Intensität der Gefühle sogar wesentlich steigern können. Dröge und Voirol sehen die Ursachen für ein verändertes Verhalten bei der Partnersuche nicht allein in der neuen digitalen Technologie, sondern in gesellschaftlichen Zäsuren: Bereits in den 60er Jahren sei die „Dominanz des bürgerlichen Ehe- und Familienmodells“ gebrochen worden. Seitdem müsse in einer Beziehung viel mehr ausgehandelt werden, welche Art von Partnerschaft man wolle. Diese Reflexivität im Hinblick auf die eigenen Wünsche und Gefühle sei besonders für die Kommunikation im Internet sehr wichtig.

 

Einen Widerspruch sehen Voirol und Dröge in dem Konzept der ‚Passung‘: Demnach finden beim Online Dating diejenigen Partnersuchenden am besten zueinander, deren Persönlichkeitseigenschaften in hohem Maße kompatibel sind. „Die so erzeugte ‚Passung‘ ruft aber eher Langeweile hervor als Neugier, Aufregung und Verliebtheit“, erklärt Kai Dröge. Die romantische Liebeserzählung hingegen gehe von der Liebe als Selbsttransformation aus: Indem sich der Suchende auf den neuen Partner einlasse, verwandele er sich selbst und entdecke neue Seiten an sich.

 

Das Interview mit Kai Dröge und Oliver Voirol findet man im aktuellen UniReport: http://www.uni-frankfurt.de/57329000/Unireport_4-15.pdf, (S. 7)