Serie: Das Skandälchen des Verfassungsschutzes, das Generalbundesanwalt Range erst zum echten Skandal macht, Teil 5
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die einen knipsen ein Selfie von sich mit berühmten Personen, die anderen fordern ihre Versetzung in den Ruhestand - deutlicher: Entlassung !! - durch Altersfrechheit auf einer Pressekonferenz heraus. Beide Male geht es um das eigene Ego, was bei älteren, sich bedeutend findenden Herren bei dessen Beschädigung besonders wehtut.
Wie wir von Anfang an vermuteten und mit unserem Serientitel andeuteten, ist Generalbundesanwalt Harald Range derjenige, der sich aufs falsche Pferd setzte und dann das Pferd auch noch in die falsche Richtung leitete, obwohl es bockte. Sprich: daß da etwas nicht mit rechten Dingen zuging, das kam in den letzten Tagen heraus. So wie es jetzt – nachdem Justizminister Heiko Maas auf den renitent gewordenen Generalbundesanwalt durch Versetzung in den Ruhestand reagierte – aussieht, kann man daraus ein Spielchen Jeder gegen jeden machen.
Wir finden überflüssig, noch einmal im Detail den Verlauf zu schildern, sondern wollen nur an einigen Stellen einhaken. Verfassungsschutzpräsident Maaßen hatte im Frühjahr 2015 mehrfach öffentlich von strafbaren Handlungen der Presse bei Veröffentlichung von Unterlagen des Verfassungsschutzes gesprochen und deren Ahndung angemahnt. Wir wiederholen gerne, daß nur Markus Decker von der Frankfurter Rundschau (FR) dies in seiner Relevanz bemerkt und veröffentlicht hat. Am 13. Mai leitete der Generalbundesanwalt aufgrund der Anzeige des Präsidenten des Verfassungsschutzes ein Verfahren wegen Landesverrat gegen Beckedahl und Meister wegen ihrer Veröffentlichungen in netzpolitik.org ein. Der zuständige Minister Maas erfährt davon am 27. Mai und berichtet, er habe abgeraten.
Erst als er letzte Woche darauf angesprochen wurde, distanzierte sich der SPD-Minister von dem Verfahren und zwar des Vorwurfs des Landesverrates wegen, den er nicht für gegeben hält; mit ihm distanzierten sich eigentlich alle, die sich zu Wort gemeldet haben. Diese, seine Meinung unterstützten am Wochenende das Bundeskanzleramt (Merkel: „Pressefreiheit ist ein hohes Gut“) und das Bundesinnenministerium. Die öffentliche Meinung hatte schon zuvor die Richtung angegeben: Landesverrat ist etwas anderes. Eigentlich standen dem FDP-Mitglied und von der FDP-Ministerin ins Amt gehievte Range nur einige Getreuen aus der CDU/CSU zur Seite und auch die Handvoll Journalisten, die bei solchen Vorfällen sich dann immer besonders 'differenziert' zeigen und liebdienerisch davon sprechen, die Pressefreiheit dürfe man aber auch nicht ausnutzen. Als ob es darum ginge. Um das Nutzen geht es. Und um die Grenzen staatlicher Gewalt.
Der Ex-Generalbundesanwalt stand nach dem Wochenende auf einmal alleine da und als er zur gestrigen Pressekonferenz lud, gingen die Gekommenen von der Einstellung des Verfahrens oder seinem Rücktritt aus. Stattdessen hat der politische Beamte – deshalb kann er auch jederzeit in den Ruhestand versetzt werden – seinem Dienstherren ans Bein gepinkelt. Inwieweit er dabei gelogen hat, sollen die unter sich ausmachen. Auf jeden Fall erläuterte er, daß das externe Gutachten, ob nun Landesverrat oder nicht, von ihm am 19. Juni in Auftrag gegeben wurde und just am Vortag, dem Montag, der Gutachter ihm mitgeteilt habe, daß er den Vorwurf des Verrats durch netzpolitik.org für gerechtfertigt halte. Das habe er dem Ministerium mitgeteilt, aber sogleich die Weisung erhalten „das Gutachten sofort zu stoppen und den Gutachtenauftrag zurückzuziehen“. Dem habe er entsprochen.
Damit sollte wohl dem Minister unterstellt werden, daß er wegen des ihm nicht passenden Inhalts des Gutachtens dieses Gutachtenverfahren beenden wolle. Das aber hatte Heiko Maas doch schon am Freitag öffentlicht erklärt, daß er Weisung gegeben habe, das Gutachten zu stoppen. Darum erwiderte der Minister flugs, vom Inhalt habe er gar keine Kenntnis erlangt. Er habe als Justizminister aufgrund der Sachlage entschieden, daß die Frage von Landesverrat bei den Dokumenten des Verfassungsschutzes keine Rolle spiele, wozu die rechtlichen Hintergründe der Pressefreiheit noch dazukämen, weshalb kein Gutachten nötig sei.
Das interessiert uns nicht mehr. Auch nicht, wenn der Deutsche Richterbund den nun Ruheständler unterstützt: „Hier soll ein umstrittenes Ermittlungsverfahren allem Anschein nach bereits im Anfangsstadium unterbunden werden, weil der Bundesjustizminister politischen Flurschaden in Berlin befürchtet.“, war dessen Vorsitzender Christoph Frank zu hören. Uns interessiert das nicht, weil der aufs Altenteil Beförderte eine wichtige Angelegenheit zur Posse macht. Denn ein politischer Beamter wie Harald Range hätte auch remonstrieren können, bzw. seinen durch seinen Auftritt zwangsläufigen Abtritt politisch legitimieren können, in dem er der Weisung des Ministers nicht nachgekommen wäre und besagtes Gutachten veröffentlicht hätte. Dann wäre der Rausschmiß wenigstens mit Schmackes gewesen und Range könnte erhobenen Hauptes den politischen Raum verlassen.Aber dann hätte er vielleicht nicht ohne Probleme seine hohe Pension erhalten.
So geht nun Range als begossener Pudel, der Unaufgeräumtes zurückläßt. Denn das Verfahren besteht ja weiter. Minister Maas hat eben das nicht getan, was ihm Richterschelte und Animositäten des Ex-Generalbundesanwalts unterstellen: politisch Einfluß genommen. Hätte er es nur getan! Denn jetzt muß man sich mit dem Mist, der nur aufhält, weiterbeschäftigen. Schon deshalb, weil Kollegen von den Ermittlungen in ihrer Arbeit eingeschränkt sind und durch das Verfahren nicht nur gefährdet, sondern einfach darauf konzentriert werden. Und wir mit ihnen, weshalb nun in Weltexpresso schon der fünfte Artikel in dieser Sache erscheint.
Wir finden unglaublich, daß Range den Gutachter nicht nennt, daß er nicht die Argumente nennt, daß sich ein politischer Beamter überhaupt so unpolitisch und nur als gekränkte Eitelkeit aufführen darf, der Scharmützel mit seinem Minister wie ein Ministrant ausficht. Peinlich das Ganze. Denn ein für alle Mal ist klar, daß natürlich der Justizminister Weisungsbefugnis gegenüber dem Generalstaatsanwalt hat. Schließlich ist der kein Richter und der Minister in Berlin muß gegenüber dem Parlament in Berlin jeden Schritt der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe notfalls verteidigen. Auch gegenüber der Regierung, weshalb ein Generalbundesanwalt sich „in fortdauernder Übereinstimmung mit den....kriminalpolitischen Ansichten und Zielsetzungen der Regierung befindet“.
Aber die Neubesetzung des Generalbundesanwalts mit Peter Frank aus München wirft nicht weniger Fragen auf. Wieso der SPD-Minister einen CSU-Sympathisanten, der erst im März 2015 Generalstaatsanwalt in München geworden ist, nach Berlin holt, kann man dann nicht verstehen, wenn man weiß, daß es auch SPD-Generalstaatsanwälte gibt, die seit Jahren gute Arbeit machen. Irgendwie sieht das nach Mauschelei aus, mit der sich der Minister die Koalition gewogen und die Opposition gegen sich innerhalb der Koalition befrieden will. Wir kennen den Mann nicht, aber es gefällt uns nicht, daß auf den 67jährigen Range nun ein 47Jähriger folgt, was für lange Jahre der Tätigkeit spricht, denn Versetzungen in den Ruhestand sind bei diesem Amt selten.
Der neue Generalbundesanwalt Frank hat nun zu entscheiden, wie es mit dem Ermittlungsverfahren weitergeht. Einstellen.